taehyungs geburtstag.

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TAEHYUNGS GEBURTSTAG war der dreißigste Dezember. Die Feier jedoch zwei Monate eher. Warum das so war, wusste Jimin nicht, doch im Moment war er auch einfach zu aufgeregt, um darüber nachzudenken.
Taehyung hatte ihm freigestellt, jemanden mitzubringen und so standen Hoseok und Wheein links und rechts neben ihm. Letztere hatte so eben am Tor geklingelt, das den Eingang zu einem kleinen, aber schön gestalteten Vorgarten bildete.

Taehyung schien nicht damit übertrieben zu haben, dass Namjoon und Seokjin dafür gesorgt hatten, dass er einen gehobenen Lebensstil hatte: das Haus, in das die drei nun eintraten sah ziemlich vornehm aus und darin wohnte offensichtlich nur eine Familie — beziehungsweise vermutlich nur drei Personen.

Trotzdem das Gebäude so groß war und die drei etwas zu spät, schien es nicht besonders voll auf der Feier zu sein — im Gegenteil, sie waren beinahe die einzigen Gäste. Das fand zumindest Jimin jedoch sehr angenehm, schließlich waren mit Fremden reden, ihnen in die Augen gucken oder am Ende sogar unabsichtlich Körperkontakt zu ihnen zu haben, nicht gerade seine Lieblingssituationen.

Namjoon, der ihnen die Tür geöffnet und die Jacken abgenommen hatte, führte sie in den Salon. Jimin fragte sich auf dem Weg dort hin noch, wie es sein konnte, dass er sich tatsächlich wie ein Butler verhielt, obwohl er zumindest Taehyungs Aussage zufolge doch der wohlhabendere der beiden war, doch als er in dem Zimmer am Ende des Ganges ankam, war er so beeindruckt davon, dass alle anderen Gedanken in den Hintergrund rückten.

Der Salon, wie Namjoon es genannt hatte, war ein ziemlich großer, jedoch nicht ungemütlich riesiger Raum, dessen eine Wand komplett aus Glas bestand. Dadurch konnte man jedoch nicht direkt in den Garten sehen, der sich hinter dem Haus anschließend musste, sondern blickte in eine Art Gewächshaus, das wie ein Wintergarten an das Zimmer angefügt war. Darin standen viele Pflanzen von denen Jimin die wenigsten identifizieren konnte, doch die Fülle an Farben erwärmte sein Herz. Es faszinierte ihn, wie unglaublich verschieden all diese Pflanzen untereinander, aber auch zu ihm waren, und sie dennoch alle auf diesem Planeten zusammen lebten.

In der Mitte des Raumes war eine Tafel aufgebaut - acht Stühle standen daran. In einer Ecke standen ein weißlackierter Flügel und ein rot gepolstertes Sofa, in einer anderen hingen Violinen neben einem Gemälde vom Meer. Die Wände waren hellgrünen tapeziert, auf dem Boden langen hier und da dicke Teppiche und auf kleinen Tischchen standen im Salon verteilt Vasen und Zimmerpflanzen, die es wirken ließen, als existiere die Scheibe zum Gewächshaus gar nicht.

„Jimin!“, Taehyung war ins Zimmer gekommen. Er trug einen vornehmen Anzug, er lächelte Jimin und dessen Freunde an und er sah deutlich gesünder und stabiler aus, als noch fünf Tage zuvor. „Es freut mich, dass Ihr gekommen seid.“

Trotz der Kurzfristigkeit hatten alle Gäste Geschenke mitgebracht und in Jimin bereitete sich ein gewisser Stolz auf seinen besten Freund und dessen unerschütterliche Herzlichkeit aus, als er sah, dass selbst dieser etwas für Taehyung mitgebracht hatte, obwohl sie sich bisher noch nie begegnet waren. So schenkte er ihm ein Brettspiel, dass sie beide sehr gerne spielten, Wheein hatte ihm sein Lieblingsgericht aus dem Mount Everest mitgebracht und Jimin legte zwei Tafeln der besten Supermarktschokolade auf den Geschenketisch.

Taehyung schien jedoch kaum darauf zu achten, was die Anwesenden ihm mitgebracht hatten; wichtiger war ihm wohl, dass sie gekommen waren.
Mit einer beinahe niedlichen Feierlichkeit setzten sich alle auf ihre Stühle an der Tafel, die ihnen durch Platzkarten zugeteilt worden waren. Noch waren die Teller vor ihnen leer, doch Jimin bemerkte mit einem Lächeln, dass an jedem Platz neben dem Besteck ein kleines Tütchen Zucker lag.

Eine kleine Glocke läutete, und Taehyung bat mit weiterer Vornehmheit darum, dass die Klingelnden eintreten mögen. Obwohl Jimin fast damit gerechnet hätte, dass in diesem Haus mehrere Bedienstete arbeiteten, waren es zu seiner Überraschung Namjoon und Seokjin, die durch die große, weiße Tür eintraten und einen langen Speisewagen über das Parkett rollten. Mehrere Hauben standen darauf, deren Inhalte den Gästen entzückte Reaktionen entlockten, als sie kurz darauf aufgedeckt wurden. Auch Jimin bewunderte die Speisen, wenn auch mehr die Anordnung und Dekoration als die Auswahl an sich — obwohl auch die ihn erfreute. Es war kein Fisch dabei.

Während des Essens entstanden leise Gespräche am Tisch, doch Jimin beteiligte sich an keinem von ihnen. Stattdessen schielte er immer wieder zu Seokjin hinüber, der Taehyung gegenüber an einer der Stirnseiten saß. Er unterhielt sich mit Wheein, und schien gut gelaunt zu sein, was sich auch auf Jimin auswirkte.
Er fühlte sich wohl in diesem Zimmer, in diesem Haus und in dieser Gesellschaft. Obwohl er statt einer vollständigen, zusammengehörenden oder jedenfalls irgendwie sinnvoll kombinierten Mahlzeit ein Sammelsurium aus einer roten Linsensuppe, Oliven, einem Schokopudding und etwas Kräutertee gewählt hatte, schien ihn niemand komisch dafür zu finden und Taehyung selbst hatte eine ähnlich fragwürdige Mischung auf seinem Teller angerichtet.

Nach dem Essen hatte der Gastgeber eine Art Grammophon aus einem Wandschrank hervorgeholt, sodass nun eine angenehm ruhige Melodie durch das Zimmer wehte. Wheein und Hoseok sprachen jetzt mit einer für Jimin unbekannten Person, während Namjoon und Taehyung in ein Gespräch vertieft zu sein schienen. Seokjin hatte mit der Hilfe der anderen fremden Person den Tisch abgeräumt und den Speisewagen aus dem Zimmer entfernt, doch war im Gegensatz zu seiner Begleitung nicht zurückgekommen.

Obwohl es Jimin ein wenig unangenehm war, Taehyung bei seinem Gespräch zu unterbrechen, fragte er ihn in einer kurzen Pause zwischen zwei seiner Sätze. „Entschuldigung, wo ist Kim Seokjin hingegangen?“

Tatsächlich antwortete Namjoon. „Er ist wahrscheinlich auf dem Dach. Willst du etwas von ihm?“

„A-Auf dem Dach?“ Schon wieder war Jimin verwirrt. „J-Ja, ich wollte ihm seine Jacke zurückgeben.“
Während dem er dies sagte, zeigte er auf die zur Sicherheit noch einmal gewaschene Anzugjacke, die er mittlerweile über seinem Arm hängen hatte.

Obwohl Namjoon vermutlich nicht wusste, was es damit auf sich hatte, antwortete er: „Achso. Nun, dann findest du ihn also auf dem Dach. Einfach immer die Treppen hoch, der Weg ist eigentlich eindeutig.“
Damit hatte sich die Sache für die beiden wohl geklärt, denn als wäre dies das normalste der Welt gewesen, nahmen sie ihre Unterhaltung wieder auf und ließen Jimin nichts anderes übrig, als zu überprüfen, wie eindeutig der Weg wirklich war.

Er fand sich tatsächlich zu Recht. Das bedeutete aber nicht, dass er nicht mit aggressivem Herzklopfen absichtlich vom eindeutigen Weg abwich, um sich in einer Mischung aus Neugier und Angst umzusehen.
Jimin drang nicht bis in die Zimmer an sich vor, schließlich wäre das sehr respektlos gewesen, aber er trat in den einzelnen Etagen in die Flure und blickte aus den Fenstern in den Garten. Dabei wuchs der Gefallen, den er am kleinen Gewächshaus fand, nur noch mehr, er entdeckte ein weiteres Klavier, das allerdings zwischen zwei alten Kirschbäumen stand und genoss den Blick über die Stadt, der vom Dach aus wohl noch atemberaubender sein musste. Von hier aus sah er auch die Hochhäuser, in denen seine Wohnung war — sie sahen näher aus, als es sich beim Laufen angefühlt hatte und Jimin fragte sich, ob er in einer klaren Nacht aus seinem Wohnzimmer das Anwesen sehen könnte.

Oben auf dem Dach war es ziemlich windig. Es herrschte ein ähnliches Klima, wie in der Nacht, in der Jimin auf seinem Balkon gesessen hatte und für einen Moment lang bildete er sich ein, erneut die traumhafte Klaviermelodie zu hören. Doch es war natürlich nicht Yoongi, auf den traf, sondern Seokjin.

﹙+﹚

i wanna live there omg.

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MOUNT EVEREST ― jinminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt