erledigt.

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SCHNEEFLOCKEN fielen vor den Autofenstern vom Himmel. Sie bildeten einen schönen Kontrast zur dunkelschwarzen Nacht, obwohl sie im warmen Licht der Straßenscheinwerfer fast orange-farben wirkten. Alle umliegenden Gebäude glänzten ihretwegen, aber auch so glitzerte es überall. Seokjins Nachbarn hatten ihre Häuser festlich dekoriert, Weihnachtsfiguren aufgestellt oder Lichterkettern um die blätterlosen Pflanzen in ihren Vorgärten geschlungen. Jimin war sich vorgekommen, als wäre er direkt in ein Kinderbuch gelaufen, als er bei Namjoon, Taehyung und Seokjin angekommen war.

Mittlerweile saßen sie im Auto und fuhren in Richtung des Kinderheims in dem Taehyung und Seokjin früher gelebt hatten.
Wie immer saß Namjoon am Steuer, blickte konzentriert auf die schneebedeckte Straße vor ihnen und ließ sich nicht einmal von Taehyung ablenken, der die ganze Fahrt über wie ein Wasserfall redete. Er war schon seit dem Nachmittag aufgeregt gewesen, aber je näher sie ihrem Ziel kamen, desto stärker wurde es. Deshalb wusste Jimin mittlerweile auch alles über die Kinder und die letzten Weihnachtsfeste und die Betreuer und die Zimmer und was es normalerweise zu essen gab und dass Taehyung an den Weihnachtsmann geglaubt hatte, bis er Seokjin getroffen hatte und von diesem schonungslos mit der Wahrheit konfrontiert worden war.
Auch Letzter schien in einer guten Stimmung zu sein, jedenfalls lachte er immer wieder und gab erklärende Ergänzungen zu Taehyungs Geschichten, wenn er merkte, dass Jimin nicht mitkam.

Die Stimmung im Wagen war durch und durch weihnachtlich (anfangs hatte Namjoon sogar Weihnachtslieder gesummt), auch wenn Jimin das gar nicht bemerkte, weil er sich so wenig mit dem Fest auskannte. Aber es ließ ihn erkennen, wie sehr er die drei Freunde (vor allem Seokjin) in den letzten Tagen vermisst hatte.
Einmal hatten sie sich im Mount Everest gesehen, aber er hatte nicht lange bleiben oder mit ihnen sprechen können, weil er mit Wheein dazu verabredet gewesen war, Geschenke für ihre Kollegen kaufen zu gehen. Ansonsten hatten sie wohl alle viel zu tun gehabt, und sich nicht gesehen; dabei hatten sie Jimin mehr gefehlt, als er erwartet hätte.

Es dauerte nicht lange, bis sie ankamen. Das Heim befand sich am Stadtrand, in einem Haus, das seine besten Tage schon hinter sich hatte, aber möglichst einladend gestaltet worden war. Auch hier gab es Weihnachtsdekoration, allerdings sah man deutlich, dass sie von Kindern selbstgemacht worden war (was sie Jimins Meinung nach nicht weniger schön machte).

Aber auch wenn Taehyung viel Gutes über diesen Ort erzählt hatte, hatte Jimin nicht vergessen, was auf Seokjins Geburtstags Feier passiert war und behielt im Hinterkopf, dass die beiden wohl auch schlechte Erinnerungen mit diesem Heim verknüpfen mussten.
Das hier war bestimmt einer der wichtigsten Bestandteile ihrer Vergangenheit und Jimin war zugegebenermaßen ziemlich neugierig, aber er wollte auch nicht respektlos wirken, also hielt er sich an Namjoon, während Seokjin und Taehyung vorgingen.

Sie klingelten und eine ältere Frau öffnete ihnen daraufhin. Die Tür knarzte bedrohlich, aber die Betreuerin lächelte sie einladend an. Scheinbar kannte sie die beiden Männer, die geklingelt hatten und hatte mit ihnen gerechnet. Als ihr Blick über Jimin glitt, wirkte sie für einen Moment überrascht, ließ sich dann aber nichts mehr anmerken.

„Das ist Mrs. Wilson“, erklärte Namjoon leise, während er und Jimin das Haus betraten und sich die Schuhe auszogen. Der Kleinere erinnerte sich daran, dass Taehyung von ihr erzählt hatte; sie war die Leiterin des Heims.

Sie folgten der Frau in die obere Etage, die sich direkt unter dem Dach befand und deren Zimmer deswegen etwas niedriger waren.
Jimin ließ seinen Blick durch die Räume gleiten. Während im unteren Geschoss die Badezimmer und einige Schlafzimmer der älteren Kinder gewesen zu sein schienen, sah es hier oben eher nach Kinderzimmern aus. In einem erblickte Jimin zwei Jungen, die auf einem Straßenteppich saßen und Halma spielten, aber die anderen Räume waren leer. Obwohl die Deckenlampen eher ein ungemütlich kaltes Licht verströmten, wirkte es ansonsten wie ein gewöhnliches Zuhause.

MOUNT EVEREST ― jinminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt