Kapitel 2 Mission: unflirtable ~ Teil 1
So simpel. So unspektakulär und doch fühlt es sich gewichtig an. Ein Kuss, wiederholt es sich in meinem Kopf und mein Blick richtet sich automatisch auf Kains Lippen, so als würde die passende Antwort direkt dort zu finden sein. Vielleicht ist sie es auch. Denn seine Lippen wirken weich und wohlig und ich weiß, dass sie nicht nur so aussehen, sondern sich genauso soft anfühlen. Ein Kuss ist die logische Konsequenz. Ich bin mir fast sicher. Kain lässt die letzten Zentimeter zwischen uns verweilen, während sein ruhiger Atem die Spannung und meine Sehnsucht schürt. Ein simpler Kuss und doch spüre ich, wie das schwerfällige Ding in meiner Brust die Vibration annimmt, die zwischen uns herrschen und sie noch schneller wiedergibt. Dann küsst er mich. Einfach nur seine Lippen auf meinem. Sanft und warm. Verweilend. Es ist unaufgeregt, zärtlich und schön. Haut auf Haut. Mein Herz versteht die Entspanntheit nicht, wummert und rast. Auch mein Verstand zieht nach. Der Kuss ist der Richtige für diesen Moment und doch giere ich schnell nach mehr. Wie so oft in letzter Zeit. Ich schmecke das Aroma vertrauter Zuneigung, als er zärtlich an meiner Oberlippe nippt, fühle die erregenden Explosionen in meinen Lenden, noch bevor er an meiner Unterlippe verweilt. Meine Finger greifen fester in den Stoff seiner Strickjacke, ziehen ihn unwillkürlich dichter an mich heran. Auch, wenn es nur die wenigen verbliebenen Zentimeter sind, die uns trennen.
Kains Augen sind geschlossen, als er den Kuss löst und ich dabei zusehe, wie seine Zunge, ihrer Wirkung bewusst, über die eben noch von mir geküsste Stelle leckt. Sie hinterlässt eine feuchte Spur und es fällt mir schwer, mich zurückzuhalten. Kain hat es genossen. Er hat darauf gewartet und wenn ich ehrlich bin, ich auch.
„Schon viel besser", summt er bestätigend und mein Bauch kribbelt vielsagend. Dieser elende Verräter. Ich rolle als Gegeneffekt mit den Augen und wende meinen Blick von ihm ab, fixiere einen Punkt im Nirgendwo, der hoffentlich den beginnenden Sturm in mir erstickt.
„Wenn du das meinst...", murmele ich, klinge fast trotzig und wünschte, Kain würde nicht mehr in mein Gesagtes hineininterpretieren, als meine obligatorische Standardreaktion. Ich wünschte es und bin mir doch sicher, dass er genau das nicht macht. Sein forschender Blick bestätigt es mir.
„Okay, Spatz, was beschäftigt dich?" Du! Wir! Meine Gedanken schreien abrupt. Doch mein Mund bleibt geschlossen und statt zu antworten, fliehe ich an ihm vorbei auf mein Bett zu. Was auch besser ist, denn dank des Stimmungsgewitters in meinem Inneren durchläuft mein Gesicht einen unpassend passenden Mimikparcour, den ich beim besten Willen nicht unterdrücken kann. Übermannt von meinen eigenen verräterischen Gedankenwellen fühle ich mich seltsam ausgepowert und verletzlich. Nichts, was ich dem Schwarzhaarigen ungefiltert aufbürden will. Ich greife nach den abgelegten Klamotten und ziehe mir das Langarmshirt über den Kopf, welches ich nach der Dusche übergeworfen habe und entblöße meinen tätowierten Rücken. Ich spüre noch immer ein tiefsitzendes Bedenken in Form eines flauen Kribbelns und das, obwohl ich weiß, dass es für Kain längst nicht mehr neu ist.
„Dich nervt doch nicht nur die Party, oder? Was noch?", versucht es Kain erneut und diesmal direkt. Er klingt trotzdem ruhig und besonnen. Besorgt und fürsorglich. Ich hasse es. Kain muss wirklich einen sechsten Sinn haben. Im Gegensatz zu mir. Ich seufze lautlos und streife mir den roten Pullover über. Danach setze ich mich aufs Bett, wechsele Hose und Socken ohne Kain zu antworten und stehe danach eine Weile unmotiviert vor meinem Nachtschrank rum, während ich darüber nachdenke, wie viel ich trinken muss, damit ich den Abend überstehe, ohne den Eindruck zu vermitteln, dass ich emotional bedürftig bin.
„Spatz, du..."
„Was?", frage ich übertrieben gereizt. Kain sieht mich an, erwidert aber nichts. Wieder hat er diesen Blick, den ich immer noch nicht wirklich deuten kann. Ist er jetzt sauer? Enttäuscht? Genervt? Hungrig? Also meine Mimik ist deutlicher. Überhaupt empfinde ich das Spektrum meiner negativen Gesichtsausdrücke allgemein als umfangreicher. Ich stelle mal dahin, ob das als positiv gewertet werden kann.
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Between the Lines Chapter 2 - It's more than just words
Romans[Fortsetzung von Between the Lines - The wonderful world of words} ~Liebe ist eine Herausforderung und das nicht nur in der Dramödie, die sich mein Leben nennt. Sie ist es vor allem dann, wenn einem lange die Überzeugung prägte, das sie nichts weite...