Kapitel 3 Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst... ~ Teil 2
Am Dienstagabend verspürt mein Mitbewohner das plötzliche Bedürfnis danach, Pizza selber machen zu wollen und trotz meiner berechtigten Hinweise, dass bestellte Pizza wesentlich schneller, einfacher und vermutlich auch schmackhafter sein würde, stehe ich kurz vor Ladenschluss mit Jeff vor der Käsetheke. Mozzarella und Emmentaler als Gegenspieler von Cheddar und Gouda. Alles Käse und Laktoseintoleranz ist etwas für Anfänger. Letztendlich gewinnt eine Packung mit der Aufschrift Pizzakäse, die sich weigert preiszugeben, was daran eigentlich die Pizzatauglichkeit ausmacht. Ich befürchte, dass nicht mal echter Käse drin ist, aber Jeff ignoriert mich und meine Meinung geflissentlich und sammelt pfeifend weiteren Belag ein. Schinken. Salami. Tomaten. Oliven. Kein Thunfisch, aber Zwiebeln. Ich frage schon lange nicht mehr nach dem Sinn dahinter. Als Nachtisch packt er Pudding ein und ich bin für den Heimweg brav und friedlich. Manchmal bin ich das Haustier, was er nie hatte.
In der Gemeinschaftsküche sind trotz der fortgeschrittenen Uhrzeit noch ein paar andere Studenten, die kochen oder sich mit belegten Broten verköstigen. Jeff krempelt seine Ärmel hoch und ich schiebe ihm den gekauften Fertigteig zu, zu dem ich ihn überreden konnte und stoße wiederholt auf taube Ohren als ich anmerke, dass wir nie im Leben ein ganzes Blech Pizza essen können. Der Teig ist schnell ausgebreitet und genauso fix mit dem Tomatensud und den restlichen Zutaten belegt. Jeff spart nicht am Käse und argumentiert damit, dass er Nervenfutter braucht. Er plappert munter weiter und ich lasse den Plaudersturm über mich ergehen, wie der brave Kumpel, der ich sonst nicht bin. Ich habe früh gemerkt, dass ich meinen Mitbewohner in diesem Quatschwahn sowieso nicht stoppen kann und er mit periodischem Nicken vollkommen zufrieden ist. Ich löffele den ersten Becher Pudding aus, während ich ihm mit halbem Ohre beim Update an der IT-Front zuhöre und er das Blech im Ofen verschwinden lässt. Es ist zu Jeffs Leidwesen noch immer nicht der Stellungskrieg, den er sich wünscht. Mein einziger Gedanke ist, wie ich ihn unauffällig darauf aufmerksam machen kann, dass er die nächsten Dates mit Jake so plant, dass ich eine Chance habe, mit Kain ins Bett zugehen. Sexlosigkeit war vorher nie so anstrengend. Ich hänge diesem Gedanken noch immer nach, als wir die fertige Pizza aus dem Ofen holen und uns ein erstes Stück genehmigen. Nach dem großen Knall mit Abel ist das Zimmer der beiden höheren Semester keine Ausweichmöglichkeit für uns und Jeff ist leider weniger fremdgesellig als ich dachte. Früher ist mir nicht aufgefallen, wie oft er eigentlich da ist, wie viel Zeit er in unserem Zimmer verbringt und wie blind ich gewesen sein muss, nicht zu merken, dass er mit jemanden zusammen gewesen war. Mehr als ein halbes Jahr lang. Unfassbar.
„Ach und stell dir vor, Jenny und Maik haben...", schwatzt Jeff gutgelaunt und ich brauche einen Moment, bis ich merke, dass er schon wieder das Thema gewechselt hat. Er streckt seine langen schlanken Finger nach einem weiteren Stück der fettigen Leckerei aus und befördert sie inmitten des Satzes in seinen Mund. Ich sehe von meinem Stück auf und warte geduldig ab, bis er fertig kaut. „...geheiratet." Der Gefühlsrausch bleibt wie erwartet aus.
„Aha.", entgegne ich mit dem Enthusiasmus eines Käsebrots. Ich erinnere mich nur dunkel an Personen mit diesen Namen. Jemand aus unserer Parallelklasse hieß Maik. In der anderen gab es einen Mike. Und eine Meike gab es auch. Für sie würde ich mich freuen. Jenny sagt mir im ersten Moment nichts mehr und Jeff hält es nicht für nötig, es zu detaillieren. Der witzige Namensdialog schreibt sich trotzdem von ganz allein in meinem Kopf.
„Er hat mir erzählt, dass sie sich durch Zufall Anfang des Jahres wieder gesehen haben und es war Liebe auf dem, nun ja, zweiten Blick", lacht er auf, „Aber letzte Woche haben sie geheiratet. Ist das nicht romantisch?" Jeff seufzt beflügelt.
„Das ist nicht romantisch, sondern fahrlässig."
„Du wieder...Wieso sagst du das?"
„Das sage ich zu jedem, der auf die Idee kommt, nach nur zehn Monaten zu heiraten."
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Between the Lines Chapter 2 - It's more than just words
Romance[Fortsetzung von Between the Lines - The wonderful world of words} ~Liebe ist eine Herausforderung und das nicht nur in der Dramödie, die sich mein Leben nennt. Sie ist es vor allem dann, wenn einem lange die Überzeugung prägte, das sie nichts weite...