Flamingo-Bingo zum Planters Punch -1-

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Kapitel 8 Flamingo-Bingo zum Planters Punch ~ Teil 1

Kain spielt die volle Bandbreite seiner natürlichen Charmeurhaftigkeit aus, obwohl ich mir sicher bin, dass es nicht nötig ist. Meine Mutter ist von Beginn an vollumfänglich verständnisvoll, kooperativ und schrecklich ergriffen. Warum auch immer. Es muss die Jahreszeit sein. Irgendwas sagt mir, dass sie mit zu viel Enthusiasmus ein paar Mitbringsel zusammenstellt, die ich Kains Eltern mit ihren besten Wünschen überreichen soll. Als Prävention gegen garantierte Ausfälle meiner dezent akzentuierten sozialen Fähigkeiten. Ihre kleinen Seitenhiebe mir gegenüber sind diskret und in anspruchsvolle Worte gepackt. Kain sehe ich mehrfach schmunzeln. Letztendlich drückt Mama es mit ‚zu sehr Robin' aus, was den Schwarzhaarigen lauthals und wissend zum Lachen bringt. Nach diesem verlorenen Wortgefecht fühle ich mich den Socken eines kauzigen Eremiten näher als dem Einsiedlerprädikat selbst. Doch was soll ich tun? Ich bin so. Niemand weiß das besser als meine Familie. Der Ulk ist hausgemacht, daher darf ich mich nicht darüber beschweren, dass die Menschen um mich herum darauf Bezug nehmen und sich ausspinnen. Allerdings trägt es ebenso wenig dazu bei, dass ich gewillt bin, etwas daran zu ändern. Starrsinn ist mein Lebenselixier und setzt damit eine Spirale der selbsterfüllenden Prophezeiungen in Gang.

Kain revanchiert sich für die Großzügigkeit und das Verständnis meiner Familie, indem er Hendrik beim Kochen zur Seite steht wie ein perfekter Sous Chef. Keiner von uns anderen war jemals so gefügig wie er, wenn es darum geht, Hendrik beim Kochprozess zu begleiten. Mein Stiefvater scheint es sehr zu genießen und Kain sich nicht daran zu stören, dass er gescheucht wird wie ein Tennisball in Wimbledon. Bisher kann ich Kains Kochfähigkeiten nur in die Form von Fischstäbchen pressen. Nicht, dass das zusammengewürfelte Mahl von damals schlecht gewesen ist. Im Gegenteil. Es war ausgesprochen lecker, wenn man Sina und ihre unliebsame Unterbrechung ausklammert. Ihre unheilsamen Flirtversuche verfolgen mich bis heute und wenn ich ehrlich bin, hinterlässt es stets einen bitteren Geschmack in meinem Mund. Eigentlich war das Essen damals fast wie ein Date, aber zu dem Zeitpunkt wollte ich nicht mal daran denken. Jetzt allerdings beginnt, während ich darüber nachdenke, etwas in mir zu flattern und ich versuche mich schnellstmöglich auf andere Dinge zu fokussieren.

Lena wird nach kurzer Diskussion zum Entremetier und greift sich das Gemüse. Meine Mutter sucht das gute Geschirr und ich fühle mich schlicht und einfach überflüssig. Demnach verschwinde ich nach oben, um ein paar Klamotten zusammenzupacken. Ich sehe auf, als meine Mutter gegen den Rahmen meiner Zimmertür klopft und beschwingt auf mich zukommt. In ihren Händen hält sie eine gefaltete, frischgewaschene Jeans.

„Hier. Ich dachte, die könntest du gebrauchen", erklärt sie neckend.

„Oh, danke sehr, das ist wahrhaftig die Einzige, die noch keine Löcher hat...", witzele ich heiter mit und trage meinen ramponierten Pullover mit Grazie. Ich ernte dafür einen ernsten Gesichtsausdruck.

„Das ist nicht mehr lustig, Schatz, brauchst du Geld für etwas Neues?", fragt sie und haut mir die Jeans sachte gegen den Kopf, ehe ich sie abfange.

„Näh, am Geld liegt's nicht. Nur an dem Fakt, dass Shopping nervig ist und dem Einzelhandel der Funktionalitätsgedanken von Bekleidung dank Statussucht abhandengekommen ist." Meine Mutter seufzt fast so perfekt, wie es Jeff macht. Vielleicht sollten sie einen Chor gründen. Jeff und die Mimimis.

„Robin, im Ernst, soll ich dir etwas überweisen?"

„Mama, im Ernst. Ich brauche kein Geld, okay? Mir geht's gut..." Atme. Esse. Verfall. Und so weiter und so fort. Es auszusprechen spare ich mir.

„Nichtdestotrotz musst du dich vernünftig anziehen. Auch bei der Arbeit", fährt sie mir mit ihrem klassischen Elternratschlag dazwischen.

„Ich garantiere dir, dass sich bei der Arbeit niemand für meine Klamotten interessiert", kommentiere ich amüsiert und stopfe die Jeans in meinen Rucksack. Ich könnte in Unterwäsche oder Badehose an meinem PC sitzen, es tangiert keinen. Wahrscheinlich würde es nicht mal Jeff bemerken, hätte ich nicht dieses auffällige Tattoo auf meinem Rücken, wonach er fragen würde. Als ich mit Verstauen der Hose fertig bin, drehe ich mich erneut zu ihr um und erstarre bei dem Blick, den sie mir entgegenbringt. Entsetzen. Es ist übel und ich begreife nicht, warum.

Between the Lines Chapter 2 - It's more than just wordsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt