Hexenmischung

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Camilja hielt für einen kurzen Moment inne, doch anstatt über Tergondirs Traum Spekulationen aufzustellen schenkte sie ihm bloß ein beruhigendes Lächeln und lotste ihn zurück in das weiche Kissen. „Mach dir keine Sorgen, es war doch bloß ein Traum." Obwohl sie ihre Aussage selbst anzweifelte versuchte sie dieses Mysterium ein wenig auszublenden. Zumindest war er nicht der einzige, der unter merkwürdigen Visionen litt, doch bei ihm gab es wenigstens einen Grund dafür. Sein Aufprall schien wohl schlimmer ausgefallen zu sein, als sie es zu Anfang noch gedacht hatte. „Anscheinend trägst du wohl noch eine ordentliche Gehirnerschütterung mit dir herum, was solche Albträume auslösen kann." Baradir rieb sich die Stirn und musste kurz auflachen. „Du hast wohl Recht. Der König hatte schließlich ordentlich Schwung!" Baradir wollte sie durch einen kleinen Scherz etwas aufheitern, aber zu seinem Pech, bewirkte er genau das Gegenteil und ließ die arme, hilflose Camilja damit auf seiner Matratze zusammensacken. „Ach Baradir, meine Bemühungen scheinen umsonst gewesen zu sein." Das Klirren des Kristallglases auf seinem Nachttisch, welches durch das leichte Beben in Bewegung gebracht wurde, erinnerte den verletzten Elb an seine vorgeschriebene tägliche Dosis, die er eigentlich zu sich nehmen sollte. Schwer atmend schnappte er nach dem Glas, welches auf seinem Nachtisch stand und nippte an seiner Medizin, doch als er die Königin so verzweifelt erblickte, hielt er für einen Moment inne. Sie schloss die Augen und stützte ihren schwergewordenen Kopf auf ihren Armen ab. W-was meint Ihr damit?" Seine sonst so sanfte und beschwichtigende Stimme klang rauchig und demoliert, während er sich vorsichtig zu ihr hinab beugte. Camilja seufzte, da sie einfach nicht mehr schweigen wollte. Sie brauchte jemanden zum Reden und wer sollte da nicht gerade vertrauenswürdiger sein, als der gebrechliche Soldat, der sie schon seit Anbeginn behütet hatte. „Weißt du mein Lieber, es ist viel Zeit vergangen seit ich das erste Mal den König des Düsterwaldes geheiratet hatte." Ein kleines Lächeln huschte ihr dabei über die Lippen, als sie sich an diesen wunderschönen Tag zurückerinnerte. Sie konnte immer noch die warmen Sonnenstrahlen auf ihrem Gesicht fühlen, wie sie mit Legolas an den geschmückten Pavillon herantrat. Sie spürte den Wind in ihren traumhaft halb gesteckten Haaren und sogar noch den Duft der kräftig blühenden Blumen in ihrer gespitzten Nase. Sie sah auch Thranduil vor sich, wie er sie dort auf dem Plateau mit seinen eisblauen Augen angehimmelt hatte. „Ich habe ihn noch nie so glücklich erlebt, aber diese unbeschreibliche Freude hielt nicht wirklich lange an." Ihre Mundwinkel fielen wieder nach unten. „Mir kam es so vor, als ob die Kraft unserer einst so starken Liebe von Tag zu Tag mehr und mehr verblassen würde. Thranduils ursprüngliche kalte Fassade brach erneut über ihn ein und ich konnte es mir einfach nicht erklären. Ich meine, selbst als ich ihm Meleth geschenkt hatte, dachte ich er würde sich ändern, um seiner Tochter Willen, doch..." Camilja musste ihren Satz beenden, aber Baradir fiel es nicht schwer ihn für sich selbst fertig zu stellen. Ihre müden leeren Augen verrieten ihm, wie sehr sie schon unter seinem herrischen und egoistischen Wesen litt. Sie war schließlich viel zu zahm und einfühlsam, um es zu verstehen, aber sie musste sich daran gewöhnen. Baradir leerte das Glas mit der süßlich schmeckenden Flüssigkeit und stellte es erneut auf dem Baumstumpf neben ihm ab. Seit er in die Fußstapfen seines Vaters getreten war und sein Leben selbst dem Schutz des Königs widmete, hatte er ihn nicht wirklich anders, oder gar verändert erlebt. Der Soldat schwebte ab und sah aus dem riesigen Glasfenster, welches das wunderschöne Panorama der Berge bot. Sein alter Herr meinte, dass der Tod seiner ersten Frau diesen Zorn und diese Einsamkeit in sich ausgelöst haben sollte und dass es wohl ein Wunder bräuchte, um die verlorene Liebe in ihm wieder zu wecken. Er schluckte und sein Blick fiel auf die fast schlafende Camilja an seinem Bett. Sie war doch das Licht und die Hoffnung, was sich das ganze Volk gewünscht hatte, warum wollte er das bloß nicht einsehen? Baradir zog seine Beine an, was die benommene Königin aus ihrem kurzfristigen Schlummer riss. „Ihr solltet euch vielleicht zurückziehen, denn Schlaf ist das, was ihr unbedingt benötigt." Sie hob den Kopf und schenkte ihm ein dankbares Lächeln. Er hatte Recht. Ihre wunden Knie schmerzten bereits von dem harten Boden auf dem sie ständig kauerte und grundlos die Stunden vergehen ließ. Sie zuckte mit den Schultern. Nun es war nicht grundlos, sie fürchtete sich bloß. Fürchtete sich davor mit Thranduil zu reden. Auch wenn Luthien es ihr geraten hatte, konnte sie nicht wirklich voraussagen, ob es ihr gelingen wird unversehrt aus diesem Konflikt herauszukommen. Sie wusste wozu er im Stande war, zumindest nach diesem schrecklichen Vorfall. Sie dachte ernsthaft darüber nach hierzubleiben, doch Baradirs Hand, welche ihr liebevoll durch die Haare strich, ermutigte sie schließlich dazu, in das gemeinsame Gemach zurückzukehren. „Kommst du auch zurecht?", hakte sie unsicher nach und der Soldat nickte. „Ich bin in guten Händen." Sie lachte auf und erhob sich aus ihrer Starre; was sämtliche Knochen in ihrem Körper zum Knacken brachten. Seufzend verzerrte sie das Gesicht und ärgerte sich über sich selbst, warum sie sich dieses Leid nur selbst antat. Mit einem letzter Blick zu dem grinsenden Soldaten erhaschte sie das leere Glas neben ihm und schnappte es sich, um es frisch aufzufüllen. „Ihr müsst das nicht machen.", wollte er sie abhalten, doch sie widersprach ihm sofort. „Wenn ich schon gehe, dann will ich dir wenigstens noch etwas Gutes tun." Langsam schritt sie auf ihren Arbeitstisch zu und sammelte sich sämtliche Kräuter zusammen, um mit einer kräftigen Mischung seine Schmerzen zu lindern. Mit einem Schuss von Zirbenholzsaft sollte sie der Mixtur den letzten Schliff geben, doch zu ihrem Bedauern fand sie bloß eine leere Flasche davon auf. Einerseits ärgerte sie sich darüber vergessen zu haben ihre Vorräte aufzufüllen und doch freute sie es sie irgendwie, da Luthien anscheinend brav übte. Zu ihrem Glück sorgte er in diesem Fall nur dafür, dass er den bitteren Geschmack abdeckte, doch Baradir bestätigte ihr, dass ihm dies nichts ausmachte. Etwas nervös trat sie nun an die geschwungene Tür des Krankenzimmers heran und verabschiedete sich bei dem Soldaten mit einen stummen „Danke", bevor sie in den Gang der großen Hallen hinaustrat. 

Hinter den Wäldern 2 **Thranduil ff**Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt