Apparieren

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Lucius war es gelungen die Verfolger, oder Gaffer, abzuschütteln. Jetzt saßen er und Harry in einem noblen aber dennoch geschmackvollen Restaurant. Wobei der Löwe aus dem Staunen nicht mehr rauskam.
„Wo sind wir?", wollte Harry wissen und blickte verwirrt auf die Skyline.
„Florenz", antwortete Lucius ohne mit der Wimper zu zucken.
„Du hast uns bis nach Italien appariert?", staunte der junge Mann.
„Ja, ich liebe dieses Restaurant, die Küche hier ist fantastisch. Keine Sorge, das lernst du auch noch, ist nur eine Frage des Trainings und der Konzentration."
„Bei meinem Glück würde ich mitten in einer Wand landen. Oder zwei Meter über dem Boden."
„Aber du hast deine Prüfung doch mit einem O abgeschlossen. So viel weiß ich von Severus. Warum machst du dir Sorgen?"
„Bei der Prüfung ging es doch nur darum sich quer durch einen Raum zu bewegen. Das ist nun wirklich nicht schwer. Man sieht ja alles. Und mit Gegenden die ich sehr gut kenne habe ich auch keine Probleme. Das hat Dad mit mir geübt. Aber in ein anderes Land zu reisen ist dann doch eine Nummer für sich. Vor allem wusste ich gar nicht dass man das darf. Gibt es da nicht irgendwelche Regeln und Gesetze?"
Lucius nickte.
„Allerdings, die gibt es. Reisen in ein anderes Land sind erst dann erlaubt wenn man über hundert Mal fehlerfrei, also ohne Zersplittern, im eigenen Land appariert ist. Darum übertreiben die Siebzehnjährigen nach ihrer Prüfung auch so. Sie wollen nicht zeigen dass sie es können sondern sie sammeln Erfahrung. Und selbst wenn man das geschafft hat darf man noch nicht einfach hin wo es einem gerade gefällt. Jedes Land hat seine eigenen Vorschriften, nicht überall ist es gern gesehen wenn die Hexen und Zauberer aus dem Ausland einfach so auftauchen."
„Italien gehört nicht dazu?", schlussfolgerte Harry.
„Doch, Italien hat sogar sehr hohe Sicherheitsvorschriften. Damals hat sich Grindelwald nämlich eine Zeitlang hier versteckt, und auch die Todesser sind nach dem ersten Krieg hier her geflohen. Daraus hat die italienische Regierung ihre Konsequenzen gezogen und eine Sperre über das Land verhängt. Für Italiener gilt die nicht, die können rein und raus wie sie wollen. Ausländer haben es da schwerer."

Kurz mussten sie ihr interessantes Gespräch unterbrechen da der Kellner ihre Bestellung aufnehmen wollte. Zwar war der Mann etwas enttäuscht weil sie keinen Wein wollten, aber er ließ sich damit besänftigen das die Herrschaften heute noch zurück nach England apparieren mussten und keinen Unfall riskieren wollten.
Und was Harry besonders erstaunte, nach dieser Aussage von Lucius wurde der Kellner sogar noch freundlicher.

„Muggel und Zauberer haben wirklich viel gemeinsam. Bei denen ist es verboten betrunken mit dem Auto zu fahren", lachte Harry.
„Vermutlich aus dem selben Grund aus dem das Apparieren in diesem Zustand nicht erlaubt ist. Man hat keine Konzentration mehr, Unfälle sind also vorprogrammiert", meinte Lucius nur.
„Stimmt. Also, warum darfst du einfach so in Italien einreisen? Und vor allem, warum darf ich es?"
„Um nicht an der Sperre abzuprallen braucht man einen einwandfreien Leumund oder gute Verbindungen."
„Das mit den Verbindungen gilt für jedes Land dieser Welt, das interessiert mich nicht. Wie bekommt man den Leumund?", fragte Harry neugierig nach.
„Der wird bereits bei der Apparier-Prüfung angelegt. Ab dem Moment ab dem du deine Erlaubnis erhältst erscheint auch eine Akte über dich."
„Was steht da drin? Ob ich ein Verbrechen begangen habe, oder ob bei mir Fluchtgefahr besteht?"
„Solche Dinge, ja. Auch deine Fähigkeiten werden dort angegeben. Oder was denkst du warum es Leute gibt um die man lieber einen Bogen macht? Weil jeder weiß wie stark ihre Magie ist."
„Innerhalb des Landes darf man also reisen. Denn woher sollen denn Menschen im Ausland wissen wer ich bin und ob man mir vertrauen kann?"
„Gut erkannt. Manche Länder pfeifen drauf, dort kannst du ebenfalls jederzeit einreisen. Die Sicherheitsvorschriften sind dort teilweise lachhaft. Und genau diese Länder werde ich in nächster Zeit meiden. Dorthin sind nämlich bestimmt einige Sympathisanten von Riddle hin geflohen."
„Ich dachte die wurden alle wieder eingefangen?"
Lucius schüttelte den Kopf.
„Die Todesser wurden eingefangen, also die Kämpfer. Aber es gab auch genug Menschen die den Mann auf andere Weise unterstützt haben."
„Mit Gold, Artefakten und Informationen", knurrte der junge Mann.
„Exakt."
„Gut, lassen wir das für den Moment. Wie kann man also in Länder wie Italien reisen? Braucht man ein Visum?"
„Was ist das?"
„Eine Einreiseerlaubnis der Muggel", schmunzelte Harry.
Lucius nickte verstehend und musste dann selber lachen.
„Wie du so schön sagst, so weit auseinander sind unsere beiden Welten gar nicht."
„Man braucht also eines?"
Wieder nickte Lucius.
„Erzähl", verlangte Harry aufgeregt.

„Man stellt im Ministerium einen Antrag um einen Urlaub oder eine Geschäftsreise in das gewünschte Land machen zu dürfen. Dann wird der Antrag von dem ausländischen Ministerium geprüft und die verlangen dann Einsicht in die Akte. Sollte alles in Ordnung sein bekommt man die Erlaubnis einzureisen. Meistens gilt diese Erlaubnis für ein oder zwei Monate. In dieser Zeit kann man dann apparieren so viel man will. Ist diese Zeit abgelaufen muss man einen neuen Antrag stellen oder wieder gehen."
„Aber, ich habe nie einen gestellt", erinnerte Harry den Mann.

„Stimmt, aber ich. Ich habe mich schon vor Jahren um ein Visum bemüht und mittlerweile habe ich es auf Dauer."
„Das geht?"
„Ja, allerdings ist dieses Privileg immer mit der Auflage verbunden dass das ausländische Ministerium eine Kopie deiner Akte hat. Die aktualisiert sich von selbst, sollte ich also ein Verbrechen begehen und will dann nach Italien fliehen, knall ich gegen die Sperre und das war es dann."
„Und was ist mit mir?", wollte Harry weiter wissen.
„Ich habe bereits vor einigen Tagen einen Antrag gestellt um mit Begleitung reisen zu dürfen", gestand Lucius.
„Ach, und die italienische Behörde hatte nichts dagegen das ich einreise?", grinste der junge Mann.
„Nicht als sie deinen Namen hörten. Dir mag deine Berühmtheit auf die Nerven gehen, was ich verstehe, aber sie öffnet dir auch sehr viele Türen. Der Name Harry Potter wird fast überall mit wohlwollen ausgesprochen."
„Hm, manchmal vielleicht gar nicht so schlecht. Ist unser Kellner deswegen so überaus nett zu uns?"
„Ganz genau, Ausländer, die so ein Visum, wie du es nennst, bekommen, bringen meistens viel Gold ins Land. Und das ist etwas auf das niemand verzichten möchte", erklärte Lucius.
„Braucht man wenn man durch den Kamin kommt auch ein Visum?"
„Nein, bei solchen Reisen landet man immer im jeweiligen Ministerium selbst wenn man den Namen eines privaten Kamins kennt. Ausnahmen sind, wie erwähnt, Leute mit Visum."
„Wenn man also Urlaub machen will reist man zuerst immer in ein Ministerium?"
„So ist es üblich. So haben es damals auch die Weasleys gemacht als sie nach Ägypten reisten. Nur sehr wenige apparieren, eben weil die Vorschriften meistens so streng sind."

Harry überlegte eine Weile, etwas störte ihn noch.
„Aber die Todesser sind doch auch ständig appariert und die wurden nie geschnappt. Ich erinnere nur an deine verrückte Schwägerin. Die hatte wohl kaum eine Erlaubnis."
„Hatte sie auch nicht und sie konnte auch nur im Inland apparieren."
„Gab es denn keine Sperre?"
„Das ist das Problem, du kannst einzelne Häuser sichern aber nicht ein ganzes Land. Zumindest nicht wenn du schon drin bist. Von außen ist es natürlich möglich."
„Als wäre das Land in einer Käseglocke", überlegte Harry.
„So kann man es sagen, ja. Ist sogar ein sehr guter Vergleich. Natürlich gibt es Zauberer die sich auf das Aufspüren solcher Verbrecher spezialisiert haben. Bei den Auroren werden sie Kopfgeldjäger genannt, bei Riddle waren es die Greifer."
„Warum Kopfgeldjäger? Das sind in der Muggelwelt Zivilisten mit einer Lizenz zum Verbrecher jagen. Gibt es aber auch nur in manchen Ländern", unterbrach Harry.
„Bei den Zauberern sind es immer ausgebildete Auroren. Da diese Arbeit allerdings sehr gefährlich ist, immerhin weiß man nie was einen erwartet wenn man blindlings appariert, bekommt man höheres Gehalt und einen Bonus für jeden aufgespürten Flüchtigen. Also ein Kopfgeld."
„Und wie erfolgreich waren diese Kopfgeldjäger im Krieg?"
Lucius lachte bitter auf.
„Überhaupt nicht, ihre Erfolge feiern sie erst jetzt. Im Krieg selber wagte es keiner einem Todesser hinterher zu jagen. Viel zu groß war die Angst auf ein ganzes Nest mit Riddles Anhängern zu stoßen. Oder noch schlimmer, auf den Irren selbst. So war es schon im ersten Krieg."

Harry schüttelte den Kopf und griff schließlich nach seinem Besteck.
„Kompliziert, auf jeden Fall freue ich mich das du mich hergebracht hast. Sag mal, wolltest du mich damit beeindrucken?"
„Du meinst, weil ich uneingeschränkt in ein Land mit so hohen Sicherheitsvorschriften reisen darf?"
Harry sah den Mann nur fragend an.
„Ja, ich gebe es zu, ich wollte angeben. Ist es mir denn gelungen?"
Der junge Held lachte auf.
„Du kannst so süß sein. Gerade hast du dich angehört wie ein kleiner Junge. Und ja, es ist dir gelungen. Ich bin sogar außerordentlich beeindruckt. Du warst Todesser und dennoch genießt du solche Privilegien."
„Ich wollte nie einer von denen sein und auch wenn ich lange unter dem Bann des Males war, so konnte ich immer meinen Ruf schützen. Morden wollte ich schon mal gar nicht, zum Glück kam es auch nie so weit. Ich habe meine Gegner immer betäubt aber nie getötet."
„Freut mich zu hören."

„Möchtest du noch Nachtisch?", kam es später von dem Blonden.
Harry grinste seinen Veela strahlend an.
„Auf jeden Fall, ich liebe Süßigkeiten."
„Dann solltest du die kleinen Törtchen mit Walderdbeeren probieren. Die sind köstlich. Mach aber einen Bogen um alles mit Schokolade, da ist leider überall Rum drin."
Ein Seufzen kam von dem jungen Helden.
„So wird es in Zukunft immer sein, nicht wahr? Ich werde ständig aufpassen müssen ob nicht doch Alkohol in einem Essen ist."
Lucius strich Harry über die Hand.
„Ich passe auf. Es gibt bestimmt auch einen Zauber der dir anzeigt was du zu dir nehmen darfst und was nicht."
„Danke Luc."

Nach dem Essen war es dann Zeit wieder zurück nach Schottland zu reisen.
Aber der Abend war noch lange nicht um.

Wenn Reinblüter experimentierenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt