𝔸𝕝𝕚𝕔𝕖 𝕊𝕟𝕒𝕡𝕖

~106~

Alice rannte so schnell, wie sie nur konnte, allerdings kam es ihr trotzdem zu langsam vor. Als sie die ersten Stufen zum Bootshaus hinunterlief, konnte sie bereits Stimmen aus dem Inneren der Hütte hören, was sie langsamer werden ließ. Ihr Vater lebte noch. Sie kniete sich hinter eines der vermoderten Boote und blickte durch die verschmutzten Gläser des Hauses. Sie konnte eindeutig einen dunklen Schatten erkennen und auch das Gesicht ihres Vaters konnte sie in dem Raum ausmachen. Der dunkle Lord stand in seiner schwarzen Robe in der Mitte des Raumes und drehte den Elderstab in seinen langen, blassen Fingern. Neben ihm schlängelte seine Schlange Nagini, die mit ihren Augen den Raum absuchte. Alice kroch auf allen vieren so weit nach vorne, bis sie einen guten Blick auf das ganze Zimmer hatte und trotzdem nicht gesehen wurde. Harry, Hermine und Ron hatten sich ebenfalls hinter den Booten versteckt und Harry kniete neben Alice. 

"Ihr habt mit diesem Zauberstab außergewöhnliche Magie vollbracht, Herr. Allein in den vergangenen Stunden", sagte Alice' Vater und stand starr etwas abseits des Raumes. Genau vor dem Glasbereich, vor dem Alice kniete und das Geschehen mit Argusaugen und einem mulmigen Gefühl beobachtete. Sie konnte die Angst in sich spüren, die ihr Vater in diesem Augenblick nicht preisgeben konnte. Seine Haltung war angespannt, allerdings ließ er sich von dem dunklen Lord nichts anmerken. Nur seine Tochter wusste, wie er sich gerade fühlte und er hasste sich dafür, dass sie sich wegen seiner Angst Sorgen machte. 

"Nein, Nein. Ich bin außergewöhnlich. Der Zauberstab jedoch, widersetzt sich mir", erklärte der dunkle Lord mit kratziger Stimme. Er trat durch den Raum und bleib wenige Meter vor ihrem Vater stehen. Seine Schlange schlängelte ihm nach und zischte immer wieder bedrohlich. 

"Es gibt keinen Zauberstab, der mächtiger ist, das hat Ollivander selbst gesagt. Heute Nacht, wenn der Junge kommt, wird er Euch den Dienst nicht versagen, dessen bin ich gewiss. Er dient Euch, nur Euch, allein", sagte Severus und versuchte überzeugt zu klingen, was allerdings nicht so recht gelang. Alice wurde auf ihrem Platz immer unruhiger und wäre am liebsten aufgesprungen und in das Bootshaus gerannt, um ihren Vater aus dieser heiklen Situation zu befreien, doch das durfte sie nicht. Ihr Vater verschränkte die Arme hinter den Rücken, während der dunkle Lord wieder zum Sprechen ansetzte. 

"Tatsächlich?", fragte er wenig überzeugt und auf Severus Lippen stahl sich ein gequältes Lächeln. 

Severus hatte schon lange nicht mehr solche Nervosität gespürt. Immer hatte er es geschafft, seine Maske aufrechtzuerhalten, jedoch bröckelte sie immer mehr. Voldemorts Gesichtszüge wirkten entspannt, jedoch begriff Severus schnell, dass der Dunkle Lord seinen Fehler in dem Plan gefunden hatte und sogleich aus dem Weg schaffen würde. 

"Herr?", fragte Snape und der dunkle Lord ging an Severus vorbei, was ihn veranlasste, sich ebenfalls umzudrehen. Severus versuchte einen fragenden Blick aufzusetzen, schließlich war es ihm lieber, dass er dem Schicksal ins Auge sehen musste, als sein Patensohn. Er sollte seine Tochter und nun auch seine Enkelin glücklich machen. Severus wäre nicht mehr da, um seine Tochter vor den Gefahren zu schützen. 

"Der Zauberstab, dient er wirklich mir? Du bist ein kluger Mann, Severus. Ich bin mir sicher, dass du es weißt. Wem gilt seine wahre Treue?", fragte Voldemort und schritt durch das Zimmer. Alice wurde mit einem Schock bewusst, dass ihre Vermutung stimmte und wollte in den Raum rennen, als sie von Harry zurückgehalten wurde, der stumm mit dem Kopf verneinte. Ihre Augen fingen an zu brennen und sie wollte schreien, doch nichts kam aus ihrem Mund. Kein Wort, kein Fluch. Zu schockiert war sie darüber, dass der dunkelste Zauberer der ganzen Welt in jedem Moment ihren Vater töten würde. 

"Mein Herr, sie dient selbstverständlich nur Euch", sagte Severus und kehrte Alice und dem goldenen Trio den Rücken zu. Er verschränkte seine Arme hinter dem Rücken und man konnte sehen, wie aufgeregt er war. Seine Finger zitterten, doch sein Gesicht strahlte die Ruhe selbst aus.