Der Zaubereiminister

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„Sie alle kehren spätestens um sechs Uhr abends zurück in die Gemeinschaftsräume. Danach verlässt keiner mehr den Schlafsaal. Ein Lehrer wird Sie zu jeder Unterrichtsstunde begleiten. Kein Schüler geht ohne Begleitung eines Lehrers auf die Toilette. Quidditch-Training und -Spiele sind bis auf weiteres gestrichen. Es gibt keine abendlichen Veranstaltungen mehr!"
Die Gryffindors, dicht an dicht gedrängt, hatten sich im Gemeinschaftsraum versammelt und lauschten mit gemischten Gefühlen den Worten unserer Hauslehrerin. Ich hatte mich mit den Zwillingen auf eines der Sofas zurück gezogen und hörte ebenfalls angespannt zu.
„Jetzt sind schon zwei Gryffindors außer Gefecht, einen Geist von uns nicht mitgezählt, eine Ravenclaw und ein Hufflepuff", murmelte George Fred und Lee zu welche nachdenklich nickten.
„Ich muss wohl kaum hinzufügen, dass ich in größter Sorge bin. Wahrscheinlich wird die Schule geschlossen, wenn der Schurke, der hinter diesen Angriffen steckt, nicht gefasst wird. Ich ermahne eindringlich jeden, der glaubt, etwas darüber zu wissen, mit der Sprache herauszurücken", sprach McGonagall weiter ehe sie einen letzten Blick auf die Schüler richtete und dann den Raum verließ.
„Sie können die Schule nicht schließen", hauchte ich und ließ mich verzweifelt gegen George fallen welcher sofort seine Arme um mich schlang. Ich war mir sicher, ich war nicht die einzige die so dachte und die sich Sorgen um die Zukunft der Schule machte. Ich ließ meinen Blick durch den Raum gleiten und traf auf Frustration, Unglauben und Angst.
„Percy steht auch unter Schock", hauchte Fred und sah besorgt zu seinem älteren Bruder hinüber. Ich folgte seinen Blick und sah den Vertrauensschüler blass und starr an einem der Tische sitzen.
„Harry gehts nicht anders", hauchte ich zurück und sah zu meinem Bruder hinüber der nicht wirklich besser aussah. Schweigen breitete sich zwischen uns auch. Wir alle waren in düstere Gedanken versunken.
Je später es wurde desto mehr Schüler verzogen sich in ihre Schlafsäle. Auch die Zwillinge verabschiedeten sich ungewöhnlich früh als ich ihnen sagte, dass ich mit Harry reden wollte. Ich hoffte inständig, dass sie sich um Percy kümmern würden.
„Was machen wir jetzt", hörte ich Ron zu Harry sagen als ich zu beiden trat. Kurz sah ich mich im Gemeinschaftsraum um. Wir waren die letzten die hier geblieben waren.
„Wir müssen mit Hagrid reden", seufzte ich und ließ mich neben die beiden auf den Sessel fallen. „Er ist unser einziger Anhaltspunkt."
Harry nickte doch Ron sah unsicher aus.
„Wir sollen doch im Turm bleiben wenn wir nicht im Unterricht sind", warf er besorgt ein. Ich zuckte mit den Schultern. Wenn man mit den Zwillingen unterwegs war brach man mehr als einmal ein duzend Schulregeln. Auch Harry sah entschlossen aus.
„Wir nehmen den Umhang unseres Vaters."
Und damit war die Sache beschlossen.

Obwohl wir alle mehr als einmal schon nachts die Betten verlassen hatten und im Schloss umher gestreift waren war der Streifzug diesmal weniger angenehm. Vertrauensschüler, Geister und Lehrer zogen durch die Gänge auf der Suche nach verdächtigen Vorkommnissen und so wanderten wir langsam und angespannt - darauf bedacht ja keine Geräusche zu machen - durch das Schloss und wagten erst aufzuatmen als wir das Tor durchquert hatten.
Schnell rannten wir über die Wiesen zu Hagrids Hütte und nahmen den Umhang erst ab nachdem wir geklopft hatten. Hagrid öffnete mit einer Armbrust gezückt die Tür.
„Wir sind's nur", sagte ich schnell und hob die Hände. Überrascht sah der Halbriese zu uns hinab und senkte die Armbrust.
„Hab jemand anders erwartet", nuschelte er und lies uns hinein. Wir setzten uns zu Fang in eine freie Ecke und sahen Hagrid zu wie er anfing Tee zu kochen.
„Hagrid alles okay?", fragte ich nachdem er vor lauter Nervosität die dritte Teetasse hatte fallen lassen. Er zuckte zusammen und nickte langsam. Glatte Lüge. Hagrid war mehr als aufgewühlt und ich konnte mir nur zugut vorstellen warum. Doch bevor ich etwas weiteres sagen konnte klopfte es an der Tür. Diesmal zuckten wir alle zusammen. Hagrid reagierte schnell, warf uns den Umhang über unter den wir uns zusammen kauerten, griff nach seiner Armbrust und öffnete erneut die Tür.
„Guten Abend Hagrid."
Zu meiner Überraschung betrat Dumbledore die Hütte des Waldhüters. Ihm folgte ein zweiter Mann. Er war klein und korpulent, hatte zerwühltes graues Haar und machte einen verschreckten Eindruck. Er trug einen Nadelstreifenanzug, eine scharlachrote Krawatte, einen langen schwarzen Umhang und spitze purpurne Stiefel. Unter dem Arm trug er einen limonengrünen Hut. Ich erkannte ihn als Zaubereiminister Cornelius Fudge. Sev hatte mir mal von ihm erzählt und ein paar Wochen später hatte ich einen Artikel über ihn im Tagespropheten gelesen. Auch Ron schien ihm zu erkennen denn seine Augen weiteten sich für einen Moment. Er wollte grade was sagen als ich ihm meinen Ellbogen in die Seite stieß und ihm bedeutete still zu sein.
Schwer ließ Hagrid sich in seinen großen Stuhl zurück sinken. Er war blass und schwitze stark. Mir schwankte übles. Wenn Fudge hier war musste das bedeuten, dass Hagrid erneut unter Verdacht stand die Kammer geöffnet zu haben. Ganz schlecht.
„Schrecklich... vier Angriffe auf Muggelstämmige... wirklich schrecklich", murmelte Fudge und sah zu dem Wildhüter hinüber der daraufhin noch ängstlicher wirkte.
„Ich habe nie...", begann der Halbriese und wandte sich hilfesuchend an den Schulleiter. „Ich könnte doch niemals..."
„Ich möchte einmal klarstellen, dass Hagrid mein volles Vertrauen genießt", sagte Dumbledore ruhig und sah missmutig zu Fudge.
„Sehen Sie das doch mal von meinem Standpunkt aus", sagte Fudge gequält. „Ich stehe ziemlich unter Druck und Hagrids Akte spricht gegen ihn. Sollte sich - sollte sich rausstellen, dass er unschuldig ist kommt er zurück... aber... Sehen Sie, es ist meine Pflicht."
Dem Zaubereiminister schien die Sache mehr als unangenehm zu sein. Warum konnte ich mir nicht erklären doch ich bekam auch nicht die Zeit wirklich darüber nachzudenken als es kurze Zeit später erneut an der Tür klopfte.
Dumbledore schritt zur Tür und öffnete.
Lucius Malfoy betrat die Hütte, gehüllt in einen langen schwarzen Reiseumhang. Ich musste mich zurück halten nicht zu knurren als ich das kalte - mehr als zufriedene - Lächeln auf seinen Lippen sah. Gott sei Dank übernahm Fang das Knurren für mich.
„Was haben Sie hier zu suchen?", polterte Hagrid und schlug mit seiner Faust auf den Tisch. „Raus aus meinem Haus!"
Ich konnte seine Reaktion mehr als nachvollziehen doch ob es hilfreich war die Nerven zu verlieren bezweifelte ich.
„Seien Sie versichert, es bereitet mir absolut kein Vergnügen in Ihrem... Haus... zu sein", sagte Lucius verächtlich und sah sich angewidert in der kleinen Hütte um. „Ich war auf der Suche nach dem Schulleiter."
Ich hob eine Augenbraue und biss mir auf die Lippe. Die Ereignisse schienen sich grade zu überschlagen und das Auftauchen von Dracos Vater war mit Sicherheit ein genauso schlimmer Vorbote wie das von Fudge.
„Und was genau wollen Sie von mir Lucius?", fragte Dumbledore höflich doch sein Blick zeigte klar war er von dem Mann vor sich hielt.
„Schreckliche Angelegenheit, Dumbledore", antwortete Lucius lässig - fast schon glücklich über die Situation - und zog eine lange Pergamentrolle hervor. „Die Schulräte sind der Auffassung, es sei an der Zeit, dass Sie einem andern Platz machen. Laut dieser Anordnung hier werden Sie vorläufig beurlaubt. Sie finden alle zwölf Unterschriften unter diesem Dokument. Ich fürchte, wir sind der Meinung, dass Sie die Sache nicht mehr im Griff haben. Wie viele Angriffe gab es bisher? Wenn es so weitergeht, gibt es bald keine Muggelstämmigen mehr in Hogwarts, und wir alle wissen, welch schlimmer Verlust das für die Schule wäre."
Ja klar, dachte ich bei mir. Insgeheim hoffte er doch darauf. Ohne Dumbledore wären wir verloren!
„Nun aber immer mit der Ruhe, Lucius", sagte Fudge nervös. „Dumbledore beurlauben wäre wirklich das letzte was wir jetzt wollen."
Hoffnungsvoll sah ich zu dem nervösen Mann hinüber - froh, dass er wenigstens auf Dumbledores Seite war wenn er Hagrid schon nicht glaubte.
„Die Ernennung oder Entlassung eines Schulleiters ist Aufgabe der Schulräte, Fudge", sagte Mr Malfoy beiläufig. „Und da es Dumbledore nicht gelungen ist, diese Angriffe zu stoppen.."
„Hören Sie mal, Lucius, wenn Dumbledore nichts dagegen ausrichten kann...", murmelte Fudge mit schweißnasser Oberlippe, „...wer soll es dann schaffen?"
„Das werden wir sehen", sagte Lucius gehässig. Ich biss die Zähne zusammen. Mir wurde langsam klar woher Draco sein Benehmen hatte. „Doch da wir alle zwölf abgestimmt haben..."
Lucius kam jedoch nicht weiter weil Hagrid, zitternd vor Wut aufgesprungen war.
„Und wie viele der zwölf mussten Sie dafür bedrohen?!", polterte er so laut, dass ich dachte mein Trommelfell müsste platzen.
„Beruhige dich Hagrid", sagte Dumbledore sanft und sah zu Lucius. „Wenn die Schulräte mich aus dem Weg haben wollen werde ich natürlich zurück treten."
Ich musste ein entsetztes Luft schnappen unterdrücken als ich diese Aussage hörte. Ich warf Harry und Ron einen Blick zu die nicht minder schockiert wirkten.
„Allerdings", sagte Dumbledore, sehr langsam und deutlich sprechend, so dass keinem ein Wort entging. „Allerdings werden Sie feststellen, dass ich diese Schule erst dann endgültig verlasse, wenn mir hier keiner mehr die Treue hält. Und wer immer in Hogwarts um Hilfe bittet, wird sie auch bekommen."
Er blickte zu uns in die Ecke und für eine qualvolle Sekunde lang war ich mir sicher, er wusste genau, dass wir da waren, ehe sein Blick zurück auf Lucius fiel.
„Bewundernswerte Gefühle", sagte Lucius kalt und neigte leicht den Kopf. „Hoffen wir, dass Ihr Nachfolger es schaffen wird Morde zu verhindern."
Mit diesen Worten verließ er die Hütte, Dumbledore im Schlepptau. Fudge, der darauf wartete, dass Hagrid vorging, sah abwartend zu dem Wildhüter der sich keinen Millimeter bewegte.
„Wenn jemand etwas herausfinden will, muss er nur den Spinnen folgen. Das ist alles, was ich noch zu sagen habe", sagte der Halbriese und setzte sich, Fudge auf den Fersen, in Bewegung.
Noch Minuten nach dem die Tür zugeknallt wurde wagten wir nicht aus unserem Versteck herauszukommen. Ron war der erste der sich traute auszusprechen was jeder von uns dachte: „Wir haben ein Problem. Wenn Dumbledore auch nur ein Tag weg ist... wird es einen neuen Angriff geben."

Licht oder Dunkelheit - Die Geschichte der Potter Zwillinge #2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt