Ein etwas anderes Quidditchtraining

234 9 0
                                    

Der nächste Morgen begann früh und regnerisch. Nachdem Oliver das Quidditch Team aus dem Schlaf gerissen hatte fanden wir uns alle, mehr oder weniger wach und schlecht gelaunt, in den Kabinen außerhalb des Feldes ein.
"Ist das wirklich nötig?", murrte ich gähnend und erntete einen genervten Blick von Oliver.
"Wie ich deinem Bruder schon erklärt habe", er warf Harry einen finsteren Blick zu, "sind wir dieses Jahr die ersten. Keine andere Mannschaft hat schon angefangen zu trainieren. Das wird uns einen ordentlichen Vorteil geben."
"Deswegen schmeißt du und um fünf Uhr morgens aus unseren Betten?", knurrte George und starrte ebenso finster in die Gegend wie Harry.
Wood antwortete nicht, nahm nur eine große Tafel mit dem Plan des Quidditch-Feldes und hielt sie in die Höhe. Mit Tinten in verschiedenen Farben waren Linien, Pfeile und Kreuze darauf eingezeichnet. Wood zückte seinen Zauberstab, tippte auf die Tafel, und die Pfeile begannen über den Plan zu krabbeln wie Raupen. Während er seinen Vortrag über die neue Spieltaktik hielt, sank Fred Kopf auf Alicia Spinnets Schulter und er begann zu schnarchen. Ich tippte George an, zeigte auf die beiden und kicherte leise. Das war wirklich zu süß.
Wood brauchte zwanzig Minuten, um die Tafel zu erklären. Ich lehnte mich an George und döste ebenfalls ein, während Wood unablässig weiterplapperte.
"So", sagte Wood endlich und riss mich aus einem wohligen Dämmerschlaf. "Ist alles klar? Noch Fragen?"
"Ich hab eine Frage, Oliver", sagte George der ebenfalls weggedriftet war. "Warum hast du uns das nicht gestern erzählt, als wir wach waren?"
Oliver schien nicht wirklich begeistert über diese Aussage zu sein und ließ seinen Blick über das müde Team wandern.
"Nun hört mal zu, ihr Schlafmützen", sagte er und sah uns alle finster an. "Wir hätten letztes Jahr den Quidditch-Pokal gewinnen müssen. Wir sind bei weitem das beste Team. Doch unglücklicherweise, aufgrund von Ereignissen, die wir nicht vorhersehen konnten..."
Harry rutschte unruhig auf seinem Platz umher während ich zu Boden sah. Beim Endspiel letztes Jahr hatte wir bewusstlos im Krankenflügel gelegen, Gryffindor hatte einen regulären Spieler weniger gehabt und ich war nicht da um ihn zu ersetzen. Dadurch hatten wir die schlimmste Niederlage seit dreihundert Jahren einstecken müssen...
Wood brauchte einen Moment, um sich wieder zu fassen. Die letzte Niederlage quälte ihn offenbar immer noch.
"Deshalb strengen wir uns dieses Jahr noch mehr an als sonst … Also los, gehen wir und setzen unsere neuen Theorien in die Praxis um!", rief Wood, packte seinen Besen und marschierte hinaus.
"Hat auch nur einer von euch zuhört?", fragte ich in die Runde doch niemand antwortete. Missmutig folgten wir Oliver aufs Feld.
Wir waren so lange in der Kabine gewesen, dass die Sonne inzwischen ganz aufgegangen war, wenn auch noch Reste des Morgennebels über dem Stadionrasen hingen. Harry hob seinen Blick. Ich folgte ihm und sah Ron und Hermine auf der Tribüne sitzen.
"Seid ihr noch nicht fertig?", rief Ron ungläubig.
"Haben noch nicht mal angefangen", entgegnete Harry und schielte neidisch auf die Toasts mit Marmelade, die Ron und Hermine aus der Großen Halle mitgebracht hatten. Ich fühlte mit ihm. "Wood hat uns neue Spielzüge erläutert", rief ich ihnen zu.
Wir bestieg unsere Besen, stießen uns vom Boden ab und sausten hoch in die Lüfte. Die kühle Morgenluft peitschte mir ins Gesicht und weckte meine Lebensgeister gründlicher als Woods langatmiger Vortrag. Ein wunderbares Gefühl, wieder auf dem Quidditch-Feld zu sein. Ich sah Harry vollem Karacho um das Stadion fliegen, Fred und George hinterher. Er sah ebenfalls viel wacher und glücklicher aus als vorher. Fred flog eine Kurve und hielt neben mir.
"Was ist das für ein komisches Klicken?", rief er.
Ich blickte hinunter auf die Ränge. Colin saß auf einem der höchsten Plätze, hielt eine Kamera vor die Augen und schoss ein Foto nach dem andern. In dem fast menschenleeren Stadion klang das Klicken merkwürdig laut.
"Schau hierher, Harry, hierher!", rief er schrill.
Ich verdrehte die Augen. Wie nervig ein Erstklässler doch sein konnte.
"Wer ist denn das?", sagte Fred Harry der nun ebenfalls neben uns zum stehen gekommen war.
"Keine Ahnung" , log Harry und legte einen Spurt ein, um möglichst weit von Colin wegzukommen. Warum er log wusste ich nicht genau doch es war nicht meine Angelegenheit also zuckte ich bloß mit den Schultern.
"Was geht da vor?" , sagte Wood stirnrunzelnd und kam zu ihnen herübergeglitten. "Warum macht dieser Erstklässler Fotos? Ich mag das nicht. Womöglich ist er ein Spion der Slytherins, der unser neues Trainingsprogramm auskundschaften will."
"Er ist ein Gryffindor", sagte Harry rasch.
"Und die Slytherins brauchen keinen Spion, Oliver", sagte George der nun ebenfalls zu uns stieß. Verwirrt sah ich erst zu ihm, dann nach unten aufs Feld. Das konnte ja was werden..
"Wieso?" , fragte Wood gereizt.
"Weil sie selbst hier sind", antwortete George und deutete auf die Erde. Mehrere Gestalten in grünen Umhängen und mit Besen in den Händen schritten auf das Feld zu.
"Ist doch nicht zu fassen!", zischte Oliver empört. "Ich hab das Feld für heute gebucht! Das werden wir ja sehen!"
Er schoss zur Erde und schlug in seinem Zorn doch etwas härter auf als beabsichtigt. Mit zitternden Knien stieg er vom Besen. Harry, Fred, George und ich folgten ihm.
"Flint!", bellte Wood den Kapitän der Slytherins an, "das ist unsere Trainingszeit! Wir sind extra früh aufgestanden! Ihr könnt gleich wieder Leine ziehen!"
Marcus Flint war sogar noch größer als Wood. Ich konnte ihn nicht leiden. Mit trollhaft durchtriebener Miene antwortete er: "Ist doch Platz genug für uns alle da, Wood."
Auch Angelina, Alicia und Katie kamen nun herüber. Mädchen gab es keine im Team der Slytherins; allesamt grinsend standen sie jetzt Schulter an Schulter vor den Gryffindors.
"Aber ich hab das Feld gebucht", sagte Wood, jetzt buchstäblich spuckend vor Wut. "Ich hab’s gebucht!"
"Aah", sagte Flint. "Ich habe hier allerdings eine von Professor Snape persönlich unterzeichnete Erklärung: ›Ich, Professor S. Snape, erteile dem Slytherin-Team die Erlaubnis, am heutigen Tage auf dem Quidditch-Feld zu trainieren aufgrund der Notwendigkeit, ihren neuen Sucher auszubilden.<"
"Ihr habt einen neuen Sucher?", fragte Oliver verwirrt." Wen?"
Und hinter den sechs stämmigen Gestalten vor uns kam ein siebter, kleinerer Junge zum Vorschein, über das ganze bleiche, spitze Gesicht feixend. Es war Draco Malfoy.
Ich biss die Zähne zusammen und ballte die Fäuste. Dieses kleine schleimige Frettchen!
" Bist du nicht der Sohn von Lucius Malfoy?" , fragte Oliver und musterte Malfoy geringschätzig.
"Komisch, dass du Dracos Vater erwähnst", sagte Flint und die Slytherin-Mannschaft setzte ein noch breiteres Grinsen auf. "Seht mal her, was für ein großzügiges Geschenk er dem Slytherin-Team gemacht hat."
Alle sieben hielten ihre Besen in die Höhe. Sieben auf Hochglanz polierte, brandneue Besenstiele und siebenmal die Aufschrift in gediegenen Goldlettern, die unter den Nasen der Gryffindors in der frühen Morgensonne schimmerten: >Nimbus Zweitausendeins<.
"Das allerneueste Modell. Kam erst letzten Monat raus", sagte Flint lässig und blies ein Staubkorn von der Spitze seines Besenstiels. "Ich glaube, er schlägt den alten Zweitausender um Längen. Und was die alten Sauberwischs angeht", gehässig lächelte er Fred und George an, die ihre Sauberwischs Fünf in Händen hielten, "damit könnt ihr die Tafel wischen."
Die Gryffindors waren für den Moment vollkommen sprachlos während mein Zorn immer mehr zunahm. Malfoy feixte so breit, dass seine Augen sich zu Schlitzen verengten.
Ron und Hermine kamen über den Rasen, um nachzusehen, was hier passierte.
" Was ist los?", fragte Ron Harry. "Warum spielt ihr nicht? Und was macht eigentlich der hier?"
Das galt Malfoy, der sich gerade den Quidditch-Umhang der Slytherins überwarf.
"Ich bin der neue Sucher der Slytherins, Weasley", sagte Malfoy mit blasierter Miene. "Wir sind gerade dabei, die Besen zu bewundern, die mein Vater unserer Mannschaft geschenkt hat."
Ron starrte mit offenem Mund auf die sieben Superbesen vor ihm.
"Gut, nicht wahr?", sagte Malfoy mit gleichmütiger Stimme. "Aber vielleicht schaffen es die Gryffindors ja, ein wenig Gold aufzutreiben und sich ebenfalls neue Besen zuzulegen. Ihr könntet eure Sauberwischs Fünf verscheuern, vielleicht hat ein Museum Interesse dran."
Die Slytherins brachen in johlendes Gelächter aus.
"Zumindest musste sich keiner von uns in das Team einkaufen", zischte Hermine.
"Keiner hat dich nach deiner Meinung gefragt, du dreckiges kleines Schlammblut", blaffte er sie an.
"Was hast du gesagt?"
Meine Stimme war leise aber jedes einzelne Wort tropfte vor unterdrückter Wut. Zum ersten Mal an diesem Morgen fiel Malfoys Blick auf mich und für einen Moment schien es mir als würde er noch ein wenig blasser werden als er ohnehin schon war.
"Sag es nochmal", zischte ich und ging einen Schritt auf den Blonden zu. Malfoy schwieg und wisch einen Schritt zurück. Selbst das Slytherin Team war still.
"Na los du Feigling!", schrie ich und sah in seine blaue, vor schreck geweiteten Augen. "Sag es nochmal!"
Meine Hand, die immer noch von Verband umwickelt war, schmerzte doch es war mir egal.
Ich ging noch einen Schritt auf Malfoy zu, noch einen und noch einen, bis ich genau vor ihm stand.
Ich zitterte vor Wut. Ich holte aus doch noch bevor ich Malfoy treffen konnte riss mich etwas zu Boden und Schmerz explodierte in meinem Kopf. Ab dann passierte alles erstaunlich schnell. Ich sah zu Flint auf, der vor Malfoy stand und mit zusammen gekniffenen Augen zu mir hinunter sah, und hielt meine schmerzende Wange an der er mich getroffen hatte. Im selben Moment stürzte sich George auf Flint, Oliver und Fred hinterher um ihn aufzuhalten. Ein lauter Knall ertönte und ein grüner Lichtblitz erhellte das Stadion. Ron flog im hohen Bogen durch die Luft und landete stöhnend ein paar Meter weiter im Gras.
Das Gryffindor Team lief auf Ron zu während die Slytherins sich lachend auf ihre Besen stützten. Mein Blick fixierte Malfoy, der vor Lachen schon am Boden lag und sich grade wieder auf die Füße kämpfte.
Ich sah nicht was mit Ron passiert war doch er machte würgende Geräusche. Das reichte mir.
Ich lief erneut auf Malfoy zu und meine Faust landete zielsicher in seinem Magen. Er stolperte ein paar Schritte zurück doch ich gab ihm keine Zeit. Immer und immer wieder schlug ich auf ihn ein bis mich Hände von hinten packten und von ihm runter zerrten.
"Lasst mich los!", schrie ich und versuchte mich gegen die Hände zu wehren die mich festhielten. Es gelang mir doch bevor ich erneut auf Malfoy zulaufen konnte traf mich erneut die Faust von Flint. Erneut flog ich zu Boden.
"Verdammt!", zischte ich und spürte wie mir Blut das Gesicht hinunter lief. Flint war stark.
"MR. FLINT!"
Ich zuckte zusammen. Snape trat schnellen Schrittes auf uns zu.
"Ich habe Ihnen das Feld nicht gegeben um sich zu schlagen!", schnauzte er den Käpten der Slytherinmannchaft an.
"Sie hat angefangen!", sagte Flint und deutete auf den ebenfalls immer noch am Boden liegenden Malfoy. Seine Nase blutete. Wenn ich Glück hatte war sie gebrochen. "Sie hat unseren Sucher geschlagen! Ich hab nur versucht sie von ihm wegzubekommen nachdem ihre Mannschaft in dem Punkt versagt hat!"
Snape sah zu mir. Für einen Moment sah ich Enttäuschung in seinem Blick ehe er seine Miene wieder verschloss. Schuld bewusst zuckte ich erneut zusammen und sah zu Boden.
"Wäre Malfoy nicht so ein Arsch gewesen hätte Luce ihn auch nicht geschlagen!", rief George empört.
"Weasley, Potter, Flint und Malfoy! Sie folgen mir in mein Büro! Sofort!"

Licht oder Dunkelheit - Die Geschichte der Potter Zwillinge #2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt