Heilungsprozess und Abschied

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Irgendwann musste ich eingeschlafen sein denn als ich die Augen wieder öffnete fiel das Licht der roten Abendsonne durch die großen Fenster des Krankenflügels in den Raum. Die Dämmerung hatte eingesetzt.
„Wie geht es dir?"
Snape saß an der rechten Seite meines Bettes und in seinen Augen lag der Anflug von Besorgnis. Ich horchte in mich hinein. Obwohl der Schmerz etwas nachgelassen hatte spürte ich die Verletzung meines Rückens immer noch viel zu deutlich und auch sonst schien ich immer noch erschöpfter zu sein als ich erst angenommen hatte.
„Es ging schon besser", antwortete ich und lächelte schwach. Auch Snapes Lippen kräuselten sich beim Anflug eines Lächelns.
„Kommt mir irgendwie bekannt vor diese Situation", sagte er sanft aber sarkastisch. Ich lachte leise.
„Nun ich für meinen Teil könnte nächstes Jahr auf eine Wiederholung verzichten", scherzte ich. Schnell wurde ich jedoch wieder ernst.
„Wie ernst ist es?", fragte ich leise. „Madam Pomfrey hat dir als Vormund doch bestimmt etwas erzählt."
Snape seufzte und sah hinaus zum Fenster.
„Du hast Glück, dass du überlebt hast", antwortete er ebenso leise. „Phönixtränen können vieles heilen aber auch ihre Macht ist nicht grenzenlos. Fawkes konnte das Gift in deinem Körper neutralisieren aber bei deinem Rücken waren Knochen betroffen. Deine Wirbelsäule ist stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Wenn sowas passiert, in einem Stadium wie deinem, darf die Person eigentlich nicht bewegt werden denn eine falsche Bewegung kann leicht zum Tod führen."
Ich schluckte. Auf der anderen Seite war das aber genau der Grund warum ich mir diese Frage für Snape aufgespart hatte. Ich wusste, dass er ehrlich zu mir egal wie grauenvoll die Wahrheit erschien. Für einige mochte das vielleicht grausam erklingen aber Sev wusste was er mir zumuten konnte und was nicht. Er vertraute auf mich und meine geistige Stärke.
„Poppy hat deine Wirbel wieder richten können und somit ist das schlimmste erstmal vorbei aber es wird ein langer Heilungsprozess werden", sprach Snape weiter und sah mich ernst an. „Zu deinen Glück", nun lächelte er tatsächlich, „fallen die Prüfungen angesichts der Ereignisse dieses Jahr aus."
Lächelnd blickte ich aus dem Fenster und beobachtete wie die Sonne immer tiefer glitt.
„Ich kenne zumindest eine Person die sich darüber aufregen wird", grinste ich und hatte kurz Hermine vor Augen wie sich sich ziemlich entrüstet darüber aufregen würde ehe ich zurück zu Snape sah. „Wie lange werde ich hier bleiben müssen?"
„Auf jeden Fall die nächsten sechs Wochen", antwortete er. „Wir werden sehen wie gut die Reha läuft und wie schnell du dich erholst aber fürs erste", er stand auf und warf einen letzten Blick aus dem Fenster wo die Sonne nun gänzlich hinter den Hügeln verschwunden war, „ruh dich aus. Die nächsten Wochen werden nicht einfach für dich werden. Ich werde die Tage wieder nach dir sehen."
Ich nickte und obwohl ich noch gar nicht so lange wach war spürte ich wie die Müdigkeit wieder an mir nagte.
„Danke, dass du vorbei gekommen bist", sagte ich und lächelte zum Abschied. Snape nickte, drehte sich rum und verließ mit schnellen Schritten den Raum. Ich schloss die Augen und sank kurze Zeit später in einen traumlosen Schlaf...

Wie recht Snape mit seinen Worten haben sollte wurde mir in den kommenden Wochen bewusst. Ich hätte mir nie vorstellen können wie anstrengend es sein konnte sich aus eigener Kraft aufzusetzen oder auch nur wenige Schritte eigenständig zu laufen. Fred und George kamen so oft wie möglich vorbei und Madam Pomfrey erlaubte es nur aus dem Grund, dass die beiden mir bei den Übungen halfen. Ich war nie der Mensch gewesen der daran dachte aufzugeben doch ich musste mir irgendwann eingestehen, dass ich ohne die Zwillinge an meiner Seite schon nach der ersten Woche aufgegeben hätte. Doch die beiden dachten gar nicht daran und ermutigten mich. Seit dem hatte Madam Pomfrey es auch erlaubt, dass sie mich bei meiner Reha begleiteten.
Obwohl ich nur sehr langsam Fortschritte machte so klammerte ich mich an jedes kleine bisschen. Nach der ersten Woche hatte ich es immerhin geschafft mich aus eigener Kraft - und halbwegs schmerzfrei - aufzusetzen. Doch hatte ich zu dem Zeitpunkt noch gedacht, dass ich das Schlimmste überstanden hatte so war es doch nur ein geringer Sieg für das was danach kam. Letztes Jahr hatte ich das Glück gehabt, dass meine Verletzung nicht so schwerwiegend gewesen war und so hatte ich mich bereits nach zwei Wochen wieder gänzlich selbstständig bewegen können. Doch jetzt konnte ich zwei Wochen später grade mal von meinem Bett aus die andere Seite des Raumes erreichen ehe ich vollkommen erschöpft in Georges Armen zusammenbrach. Fast jeden Tag kamen Ron, Harry und Hermine nach dem Unterricht vorbei und zumindest Hermine ging mit mir durch was ich verpasste. Abends fiel ich dadurch meistens ziemlich  früh und völlig erledigt in einen traumlosen Schlaf.
Und so zogen die Tage dahin ohne, dass ich es wirklich mitbekam.

Zwölf Wochen nach den Ereignissen in der Kammer des Schreckens konnte Madam Pomfrey mich guten Gewissens entlassen. Lange Strecken ermüdeten mich zwar immer noch aber immerhin schaffte ich es wieder sie alleine zu bewältigen und der Rest würde mit der Zeit kommen.
Fred und George erwarteten mich grinsend am Tag meiner Entlassung am Krankenflügel und begleiteten mich hinauf in den Gemeinschaftsraum. Doch was mich dort erwartete hätte ich niemals erwartet.
Kaum, dass wir das Portraitloch durchquert und den Raum betreten hatten ging ein tosender Applaus los. Einige der Gryffindorschüler pfiffen und jubelten und ausnahmslos jeder schien meine Rückkehr zu feiern. Verwirrt blieb ich stehen und sah misstrauisch zu den Jungs an meiner Seite.
„Da habt ihr doch eure Finger im Spiel oder?", flüsterte ich Fred und George zu deren Grinsen sich vertiefte.
„Wir haben ihnen nur gesagt, dass du heute entlassen wirst", sagte Fred und zwinkerte mir zu.
„Erneut ist es natürlich ein großes Schulgeheimnis wer in der Kammer des Schreckens den Basilisk getötet und Ginny gerettet hat", meinte George ebenfalls zwinkernd.
„Folglich weiß es die ganze Schule", fügte Fred hinzu.
„Außerdem haben wir durch eure sechshundert Punkte des Hauspokal haushoch gewonnen", meinte Percy der zu uns getreten war und zum ersten Mal nichts gegen diese Party einzuwenden hatte. „Ich möchte dir danken dafür, dass du meine Schwester gerettet hast", sagte er und schenkte mir eines seiner seltenen Lächelns.
Und so kam es, dass wir den ganzen Tag zusammen im Gemeinschaftsraum saßen und feierten. Es schien fast so als würde jetzt, wo die Gefahr tatsächlich bezwungen war, ein dunkler Schatten vom Schloss abfallen und die Sonne strahlte in den nächsten Wochen heller als jemals zuvor.
Dadurch, dass ich ganze drei Monate im Krankenflügel verbracht hatte schienen die letzten Wochen wie im Flug zu vergehen und so kam es, dass wir, schneller als gedacht, unsere Koffer wieder gepackt hatten und alle zusammen im Hogwarts Express saßen.
Harry, Ron, Hermine, Fred, George und ich hatten ein Abteil für uns erwischt während Ginny bei ihren Klassenkameraden sitzen wollte. Ich hatte mich an George gekuschelt welcher die ganze Fahrt über seine Arme um mich geschlungen hatte. Obwohl das Abteil voll war genossen George und ich diese kleine Zweisamkeit denn es würde für eine Weile die letzte sein. Die Sommerferien würde ich bei Snape verbringen da die Weasleys wohl verreisen würden. Genaueres wussten sie auch nichts aber Molly würde es ihnen schon erzählen wenn sie im Fuchsbau angekommen waren.
Irgendwann rollte die glänzende Lock in den Bahnhof ein und für uns war die Zeit des Abschieds gekommen. Ich verabschiede mich von Harry, Ron und Hermine, nahm sie fest in den Arm und erinnerte sie daran, dass sie mir unbedingt schreiben mussten. Dann drehte ich mich zu den Zwillingen um und warf mich fast schon in ihre Arme. Lachend fingen sie mich auf und so artete das ganze in einem Gruppenkuscheln aus. Auch die beiden nahm ich zum Abschied in den Arm, hab George einen letzten Kuss ehe ich mich auch von Ginny und Percy verabschiedete.
Während sie durch das Portal gingen blieb ich auf dem Gleis zurück und sah ihnen glücklich nach. Es würde seltsam sein den Sommer ohne meine Familie zu verbringen aber ich wusste, dass ich mir keine Sorgen um sie machen musste. Außerdem würde ich sie in wenigen Wochen wiedersehen.
Als der letzte Schüler das Gleis verlassen hatte tauchte Snape neben mir auf und legte mir lächelnd eine Hand auf die Schulter.
„Auf gehts nach Hause", sagte ich und sah ebenfalls lächelnd zu ihm hinauf.
„Ja, auf gehts nach Hause."

Licht oder Dunkelheit - Die Geschichte der Potter Zwillinge #2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt