Kapitel 2.

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Ich wusste nicht, wie viel Zeit bereits vergangen war, als ich mich aufrichtete, um den Keller in Augenschein zu nehmen. Ich hatte lange überlegt, was ich tun konnte, um Logan davon zu überzeugen, mich freizulassen, doch ein richtiger Plan hatte mir beim besten Willen nicht einfallen wollen. Irgendwann war mir der Schrank aufgefallen, der in eine der Wände eingelassen war und dessen Tür einfach nicht ins Gesamtbild passen wollte. Langsam humpelte ich darauf zu und öffnete die Tür. Mir stockte der Atem.

„Du kranker Bastard.“, entfuhr es mir, als ich die Hand nach der hübschen Seidenbluse ausstreckte, die ich früher so gerne getragen hatte. Und die ich nicht gefunden hatte, als ich meine Sachen gepackt hatte um ihn zu verlassen. Ebenso ging es mir mit den restlichen Kleidungsstücken, die jetzt säuberlich aufgereiht auf den Bügeln hingen und mich zu verhöhnen schienen. „Wie ich sehe, hast du deine Sachen gefunden.“, ertönte plötzlich Logans Stimme hinter mir und ich wirbelte herum. Wie um alles in der Welt hatte ich nicht mitkriegen können, wie er die Tür geöffnet hatte. Er hielt zwei prallgefüllte Einkaufstaschen in der Hand und grinste breit. Er war ganz Herr der Lage.

„Allerdings. Würdest du so freundlich sein mir zu erklären…WAS ZUR HÖLLE MEINE KLEIDUNGSSTÜCKE IN EINEM SCHRANK IN EINEM KALTEN, NASSEN KELLER ZU SUCHEN HABEN?!“ Meine Selbstbeherrschung war dahin. Wutentbrannt ballte ich die Hände neben meinem Körper und musste mich stark zusammenreißen, um ihm nicht an die Kehle zu gehen. Doch ich hatte anscheinend noch genug Verstand um mir klar zu machen, dass ich gegen ihn keine Chance gehabt hätte. Logan seufzte, vollkommen unbeeindruckt von meinem Ausbruch und ließ die Einkaufstaschen auf das Bett fallen. Sein Blick blieb an dem unberührten Essen hängen, dann wandte er sich mir wieder zu.

„Achte auf deinen Tonfall, Liebling. Ich mag es nicht, wenn man mich anschreit.“, sagte er, eine Augenbraue missbilligend in die Höhe gezogen. Ich schnaubte. „Achte auf deinen Tonfall? Ist das dein verdammter Ernst? Du sperrst mich in einem Keller ein und nimmst dir heraus mir vorzuschreiben, dass ich gefälligst anders zu reagieren habe? Du bist krank, Logan! Absolut krank! Lass mich endlich gehen, das hier führt doch zu nichts. Ich werde dich nie zurücknehmen, eher lasse ich mich bei lebendigem Leib häuten!“, zischte ich und machte drohend einen humpelnden Schritt auf ihn zu.

Bevor ich auch nur reagieren konnte wurde mein Kopf zur Seite gerissen. Ich taumelte, verlor das Gleichgewicht und stürzte in den Kleiderschrank. Meine Wange brannte wie Feuer und ich betastete geschockt meinen Mund, den er ebenfalls getroffen hatte. Als ich die Hand zurückzog klebte Blut an meiner Fingerspitze. Mein Blick flog zu Logan, der zuerst mich schockiert ansah, dann seine Hand. Sofort kam er zu mir und ließ sich auf die Knie sinken. „Mein Gott, Lauren. Liebling, es tut mir leid.“, stammelte er und wollte mich tröstend in seine Arme ziehen. Ich schubste ihn von mir, kauerte mich zusammen. „Fass mich nicht an!“, stieß ich aus und versuchte mich von diesem Schock zu erholen.

Logan O’Bannion hatte schon viel Mist in seinem Leben gemacht, aber er hatte mich bis dato noch nie geschlagen. „Was ist nur aus dir geworden?“, fragte ich ihn leise und seine Augen zogen sich zusammen. „Daran bist nur du Schuld. Wenn du mich nicht verlassen hättest und zu diesem Idioten von einem Anwalt gerannt wärst, dann hätte ich nicht solche Saiten aufziehen müssen.“, grollte er und ich schüttelte den Kopf. „Du hast mich betrogen, Logan! Du bist mir fremdgegangen und hast mich immer wieder belogen! Sag mir, wie hätte ich dich nicht verlassen sollen?!“ Er war tatsächlich vollkommen übergeschnappt.

„Du hättest mir verzeihen können! Du hättest bei mir bleiben müssen! Wir wollten heiraten! Aber du musstest ja gleich die Flucht ergreifen.“, schnappte er und ich wusste nicht mehr, was ich sagen sollte. Wir waren seit zwei Jahren getrennt und jetzt plötzlich kam er an, gab mir die Schuld an allem und wollte mich zurück? „Wie lange hast du das schon geplant?“, fragte ich ihn und ein gruseliges Grinsen breitete sich auf seinen Zügen aus. „Seit du aus der Tür unserer Wohnung gegangen bist. Ich habe nur auf den richtigen Moment gewartet.“, erklärte er und mir stellten sich die Nackenhaare auf. „Warum hast du dir nicht eine neue Frau gesucht? Warum muss es unbedingt ich sein?“ Ich hörte, dass meine Stimme verzweifelt klang. Logan schnaubte.

„Ich bitte dich, Lauren. Als hätte ich das nicht versucht. Aber die anderen waren dumm, naiv, lächerlich peinlich. Sie waren nicht wie du. Und ich will nur dich. Verstehst du das nicht?“ Logan redete mit mir wie mit einem begriffsstutzigen Kind und ich musste zugeben, dass ich es tatsächlich nicht verstand. „Hättest du dich nach dem Unfall nicht an mich erinnert, dann hättest du jetzt nicht hier sein müssen. Dann hätten wir unser Leben so weitergeführt, wie es aufgehört hatte. Es wäre perfekt gewesen. Wir wären perfekt gewesen. Eine Bilderbuchfamilie.“

Meine Gänsehaut verstärkte sich und ich erbebte. „Du hast den Unfall ausgenutzt.“, warf ich ihm vor und er nickte. „Aber natürlich. Du hast mir dich auf dem Silbertablett serviert, wie hätte ich nicht zugreifen können?“ „Logan, du musst eine Therapie machen. Du bist krank! Du hast mich gekidnappt.“ Meine Stimme zitterte. Ich zuckte zusammen, als er einen Laut der Qual ausstieß und sich die Haare raufte. „ICH BRAUCHE KEINE THERAPIE! ICH BRAUCHE DICH!“, schrie er und richtete seinen wilden Blick auf mich.

Er ließ von seinen Haaren ab und streckte stattdessen seine Hände nach meinem Gesicht aus. Ich versuchte zurückzuweichen, doch ich war bereits in die hinterste Ecke gedrückt. Ich konnte nicht fliehen. Seine Hände berührten mein Gesicht, ganz sanft erst, doch dann wurde sein Griff beinahe schmerzhaft stark. Er zog meinen Kopf näher zu sich, sein Mund war wieder zu diesem furchtbaren Lächeln verzogen und dann legte er seine Lippen auf meine. Ekel wallte in mir auf und ich kniff den Mund zusammen. „Hör auf, dich gegen mich zu wehren!“, knurrte Logan und er presste seinen Mund wieder auf meinen. Sein Bart kratzte über mein Kinn und die Stelle, an der ich mich geschlagen hatte, pochte.

„Du willst mich. Du musst mich wollen.“ Immer wieder murmelte er diese Worte, wenn er kurz von mir abließ. Es hörte sich an, als würde er ein Mantra vor sich hersagen. Mir war schlecht. Dieser Mann war psychisch krank und er küsste mich. Und er hörte nicht auf. Und wahrscheinlich würde er nicht aufhören, bis ich mich ihm ergab. Als seine Hand plötzlich über meinen Hals nach unten glitt, keimte etwas in mir auf. Selbstschutz. Als er seinen Mund wieder auf meinen drückte, nutzte ich die Gelegenheit und biss ihm in stark in die Unterlippe. Ich schmeckte Blut. Fluchend löste sich Logan von mir und betastete seine malträtierte Lippe.

„Du Miststück!“, fluchte er und holte aus. Im letzten Moment duckte ich mich unter seinem Schlag hinweg, sodass seine Faust mit dem Kleiderschrank kollidierte. Es knirschte und Logan stieß einen markerschütternden Schmerzensschrei aus. Wimmernd hielt er sich seine Hand und ich nutzte diese Gelegenheit, um an ihm vorbei zu krabbeln. So schnell ich konnte, kam ich auf die Beine und realisierte, dass sich mein eingegipstes Bein alles andere als gut anfühlte, doch daran konnte ich jetzt nicht denken. Ich humpelte auf die Tür zu und riss daran. Sie war abgeschlossen. Fluchend drehte ich mich um und sah zu Logan, der noch immer seine Hand umklammert hielt.

„Wo ist der Schüssel?“, schrie ich, doch er schaute mich nicht einmal an. Somit humpelte ich zurück zu ihm und er griff ihn grob am Kragen seines Pullovers. Ich drückte sein Gesicht gegen den Schrank. „Wo ist der Schlüssel?“, wiederholte ich meine Worte von vorher und jetzt sah er mich an. In seinem Blick lag Schmerz. „In meiner Hosentasche.“, murmelte er und ich zischte. Natürlich musste der Schlüssel in seiner Hosentasche sein. Ich drückte mit der linken Hand seinen Kopf stärker gegen das massive Holz und fuhr mit der anderen Hand seinen Körper hinab bis zu seiner Hose. „Oh Liebling, das fühlt sich gut an.“, murmelte Logan und ich musste mich zusammenreißen, um ihm nicht direkt ins Gesicht zu kotzen. Dieser Mann war widerlich.

„Halt die Klappe!“, knurrte ich und griff in seine Hosentasche. Ich ertastete kühles Metall und zog es hervor. „Du wirst nicht gehen! Du bleibst bei mir! Ich bin der Richtige, Liebling! Ich bin der Richtige!“ Er machte Anstalten mit seiner gesunden Hand nach mir zu greifen und da verlor ich erneut meine Selbstbeherrschung. Ich griff in seine Hand und zog seinen Kopf ein Stück vom Schrank weg. „Du wirst nie der Richtige sein, Liebling.“, äffte ich ihn nach, dann donnerte ich ihn mit dem Gesicht zuerst gegen die Schranktür. Logan gab ein Ächzen von sich und sackte in sich zusammen. Er rührte sich nicht mehr, doch seine Brust hob und senkte sich stark. Er war nur für einige Zeit ausgeknockt.

Mit den Schlüsseln in der Hand humpelte ich zur Tür. Es war befreiend, den Schlüssel ins Schloss zu stecken und als sie schließlich aufschwang, seufzte ich erleichtert. Ich hatte es geschafft, ich war frei.

Lustful - Tiefes VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt