Kapitel 20.

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Zum wiederholten Male flog mein Blick zum Wecker, der neben Matthews Bett stand und in der Dunkelheit schummrig leuchtete. Es war kurz vor drei Uhr nachts und ich hatte noch immer nichts von ihm gehört. Ich hatte lange Zeit im Wohnzimmer auf ihn gewartet, mir einen Tee gemacht und schließlich etwas beim Chinesen bestellt, weil ich Angst hatte, ihn zu verpassen, sollte ich die Wohnung verlassen. Doch meine Angst war unbegründet geblieben. Matthew war nicht aufgetaucht. Gegen Mitternacht hatte ich mich ins Schlafzimmer verzogen, wo ich mir eine Jogginghose und einen Pullover von ihm angezogen und mich schließlich ins Bett gelegt hatte.

Jetzt lag ich im Dunkeln, umklammerte sein Kissen mit beiden Armen und schaute dabei zu, wie die Zeit verging. In meinem Magen hatten sich Ungeduld und Angst eingenistet und ich wusste nicht, was ich tun sollte. Sollte ich die Polizei rufen und ihn als vermisst melden? Andererseits war er erst wenige Stunden fort und ich war mir sicher, dass die Polizei seinen Fall nicht ernstnehmen würde. Sollte ich ihn noch einmal anrufen? Nein. Er hatte die duzenden Anrufe von mir davor schon nicht entgegengenommen. Es hatte geklingelt und geklingelt und geklingelt, bis ich schließlich auf der Mailbox gelandet war. Ich hatte keine Ahnung, wie viele Nachrichten ich ihm hinterlassen hatte. Er hatte auf keine geantwortet.

In meinen Augen sammelten sich Tränen. Ich hatte mich noch nie zuvor so hilflos gefühlt. Eine weitere halbe Stunde starrte ich in die Dunkelheit hinein und ließ meinen Tränen freien Lauf, dann hielt ich es nicht mehr aus, stand auf und humpelte zurück ins Wohnzimmer, wo ich lediglich eine kleine Stehlampe anknipste. Ich ließ mich in einen Sessel sinken, griff nach meinem Handy, dass ich auf den Couchtisch gelegt hatte und checkte, ob ich eine neue Nachricht bekommen hatte. Hatte ich nicht. Seufzend legte ich es zur Seite und nahm stattdessen das Buch in die Hand, dass ich mir vor lauter Langerweile aus Matthews Bücherregal geholt hatte. Es handelte sich dabei um irgendeinen Psychothriller, von dem ich noch nie zuvor gehört hatte. Zwar beruhigte dieser nicht gerade meine Nerven aber er lenkte mich so weit ab, dass ich zusammenschreckte als mein Handy plötzlich klingelte. Es war Matthew.

"Matthew? Um Gottes Willen, wo steckst du? Geht es dir gut?", fragte ich atemlos und auf der anderen Seite der Leitung war es für einen Moment still. Dann hörte ich ihn tief einatmen.

"Lauren. Ich...es tut mir leid", begann er leise und ich musste mich konzentrieren, um ihn richtig zu verstehen.

Mein Herz sank mir in die Hose.

"Was? Was tut dir leid, was ist passiert?" Es machte mich wahnsinnig, dass er nicht hier war und ich ihn nicht sehen konnte. War er verletzt?

Ich hörte, wie er unterdrückt hustete und als es vorbei war, stöhnte er leise. Gänsehaut überzog meine Arme und wieder sammelten sich Tränen in meinen Augen.

"Matthew, verdammt! Rede mit mir, wo bist du? Soll ich die Polizei rufen?"

"Nein, nein. Keine Polizei. Es geht mir...gut. Ich wollte dich nicht erschrecken. Ich weiß nur nicht, wie ich es dir sagen soll..." Seine Stimme klang furchtbar. Sie war rau und immerzu musste er sich räuspern so als wäre er in den letzten Stunden plötzlich krank geworden.

"Was willst du mir sagen? Ich werde hier gleich wahnsinnig. Soll ich dich irgendwo abholen? Soll ich zu dir kommen? Sag mir doch, wo du bist. Ich mache mir solche Sorgen!" Meine Stimme überschlug sich beinahe und ich nahm das Handy für eine Sekunde vom Ohr, um die Uhrzeit zu checken. Es war kurz vor halb Fünf.

Matthew holte rasselnd Luft.

"Es ist vorbei", sagte er schließlich und ich zog verwirrt die Augenbrauen zusammen.

"Vorbei? Was ist vorbei?" Wovon zum Teufel redete er da? Ich hörte ihn seufzen.

"Das mit...uns. Es ist vorbei. Ich trenne mich von dir."

Lustful - Tiefes VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt