Kapitel 22.

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Schockiert starrte ich die Kanzlei an und wusste nicht, welchem Gefühl ich die Macht geben sollte, mich zu übermannen. Wut? Verzweiflung? Enttäuschung? Ich konnte es nicht sagen. In meinem Körper tobten die Emotionen und ich wollte am liebsten hineinstürmen und die beiden Männer zur Rede stellen, die mir das Herz gebrochen hatten. Die mich dazu brachten, mich selbst in Frage zu stellen. Aber ich wusste, dass das die falsche Entscheidung wäre. Also ignorierte ich den Drang hineinzugehen und zog mich stattdessen langsam zurück. In meinem Hals hatte sich ein Kloß breitgemacht und meine Augen brannten vor Tränen, die ich nicht vergießen wollte. Ich hatte genug geweint. Keiner von ihnen war nicht auch nur eine einzelne weitere Träne wert.

Ich lief zurück zur belebten Hauptstraße und suchte den Lieblingscoffeeshop meiner Chefin auf, um ihr ihren Latte Macchiato zu holen. Beim ersten Mal vergaß ich, dass sie extra Kakaopulver wollte, beim zweiten Mal vergaß der Barista, dass die Milch fettfrei sein sollte. Als ich den Laden schließlich endlich verließ, hielt ich drei Kaffeebecher in den Händen, die ich mühsam vor mir her balancierte.

Ich war in Gedanken noch immer bei Logan und Matthew als ich im Büro ankam. Als sich die Fahrstuhltüren öffneten trat ich eilig heraus, da ich wusste, dass ich bereits viel zu spät dran war. Genau im gleichen Augenblick wollte jemand mit langen blonden Haaren den Fahrstuhl betreten und zum zweiten Mal an diesem Tag kollidierte ich unsanft mit der anderen Person.

Als mir zwei der Kaffeebecher aus der Hand fielen, schien es, als würde plötzlich alles in Zeitlupe passieren. Einer der Deckel war nicht richtig befestigt gewesen, löste sich nun endgültig und der gesamte Inhalt schwappte mir entgegen und ergoss sich über meinen Unterleib und meine Beine. Zischend zog ich die Luft ein als ich die Hitze spürte und trat einen Schritt zurück. Ich merkte, wie mein Bein bei dieser plötzlichen Bewegung unter mir nachgab und ich taumelte. Eine Hand schoss hervor und ich wollte mich schon an ihr festhalten, doch da schnappte sie sich lediglich den Kaffeebecher, den ich noch immer umklammert hielt und riss ihn mir aus der Hand. Ich stürzte zu Boden, der zweite Kaffeebecher zerschellte vor mir auf dem Boden und ich bekam eine zweite Kaffeedusche.

Vollkommen perplex starrte ich auf meine durchnässten Kleidungsstücke hinunter, dann auf die Sauerei auf dem Boden und schließlich in das amüsierte Gesicht von Cassady Rolins. Ihre Augen blitzten und ich sah, dass sie sich ein Lachen verkneifen musste. Sie hatte rein gar nichts abbekommen und sah immer noch aus wie frisch aus dem Ei gepellt. Sie strich sich eine lange blonde Haarsträhne hinter die Ohren und nahm einen Schluck von ihrem Latte Macchiato. Dann verzog sie den Mund.

„Meine Güte, ist der heiß!", stieß sie aus und mein rechtes Auge begann zu zucken. Verdammt, ich würde die Beherrschung verlieren. Aber das durfte nicht passieren. Ich brauchte diesen Job, verflucht noch mal.

„Vielen Dank für die Hilfe!", zischte ich als ich mich vorsichtig aufrappelte und sie zuckte nur die Schultern.

„Es reicht doch, wenn sich eine von uns beiden einsaut, oder?", fragte sie zuckersüß und ich war kurz davor, ihr meine Faust auf das strahlende Zahnpastalächeln zu dreschen.

„Ihnen ist Ihr Kaffee also wichtiger als das Wohlbefinden Ihrer Angestellten?", knurrte ich und sie bedachte mich mit einem Blick, der so viel wie natürlich bedeutete.

„Sie sind wirklich das Allerletzte!"

So, jetzt war es raus. Und ich konnte verdammt noch mal nichts mehr daran ändern. Ich sah, wie ihr Zahnpastalächeln für einen Augenblick ins Wanken geriet und an seine Stelle ein Zähnefletschen trat, doch dann hatte sie ihre Gesichtszüge wieder unter Kontrolle.

„Ich tue jetzt mal so als hätte ich das überhört. Aber ich warne Sie, Lauren: verscherzen Sie es sich nicht mit mir."

Wir lieferten uns ein Blickduell, dann zog sie eine Augenbraue hoch und deutete auf die Kaffeepfützen auf dem Boden.

Lustful - Tiefes VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt