Kapitel 17.

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Wie erwartet konnte ich den letzten Tag weder genießen noch meine Gedanken von Matthew ablenken. Auf Kylies Fragen hatte ich nur einsilbige Antworten und immer häufiger musste sie sich wiederholen, weil ich nicht aufgepasst hatte. Ich wusste, dass ich in diesen Momenten eine schlechte Freundin war, aber ich konnte nichts dagegen tun. Matthews Reaktion auf den Anruf steckte mir noch immer in den Knochen und ich musste einfach darüber nachgrübeln. Jetzt gerade saßen wir in einem der hochklassigen Restaurants und blickten über die schneebedeckte Landschaft. Ich wünschte, ich hätte die Aussicht genießen können. Ich hatte das Kinn in die Handfläche gebettet und stocherte mit der Gabel in der anderen auf meinem Teller herum. Normalerweise gehörte Steak zu meinen Lieblingsgerichten, vor allem, wenn es so zart war wie dieses, doch heute konnte ich es nicht genießen. Ich seufzte.

Plötzlich knallte etwas mit Wucht auf den Tisch und ich zuckte zusammen, sodass mir die Gabel klappernd aus der Hand auf den Teller fiel. Erschrocken blickte ich auf und sah in Kylies vor Wut verengte Augen. Anscheinend hatte sie mit der flachen Hand auf den Tisch geschlagen.

„Es reicht mir!", sagte sie laut und die Leute um uns herum blickten interessiert zu uns rüber.

Wahrscheinlich wäre ich ebenfalls eine dieser Personen gewesen, die eine sich anbahnende Szene mit großem Interesse verfolgt hätte, aber jetzt gerade war es mir mehr als unangenehm.


„Ky...", sagte ich warnend, doch sie schüttelte nur den Kopf.

„Nein, sag mir bloß nicht, dass ich mich beruhigen soll! Ich habe die Schnauze voll. Du benimmst dich lächerlich. Matthew ist ein erwachsener Mann und er wird dieses kleine Problem ganz sicher alleine lösen können. Die Welt dreht sich nicht immer nur um dich, und er ist auch nicht dazu verpflichtet, dich über alles und jeden aufzuklären. Wahrscheinlich unterliegt er in diesem Fall sogar der Schweigepflicht!", zischte sie und ich warf den anderen Leuten, die immer noch ungeniert zu uns gafften, böse Blicke zu.

Ich fühlte mich wie ein kleines Kind, das von seiner Mutter gemaßregelt wurde. Einerseits konnte ich Kylie zwar verstehen, schließlich wäre ich vermutlich genauso genervt, wenn mein Gegenüber mir dauernd mit den Gedanken woanders wäre andererseits hatte ich ja wohl auch meine Gründe so zu reagieren. Matthew war nun mal speziell und ich kannte ihn mittlerweile gut genug, um sagen zu können, wenn etwas nicht stimmte. Ich schnaubte und kniff ebenfalls die Augen zusammen.


„Ich werde mich nicht mit dir in diesem Restaurant streiten", sagte ich so ruhig wie möglich und sie lachte freudlos.


„Und warum nicht? Weil du Angst hast, dass die anderen Leute schlecht über dich denken könnten? Die interessieren sich doch eh nur für ihren schweineteuren Champagner, der ehrlich gesagt nicht besser schmeckt als sprudelndes Spülmittel, und wenn sie sich doch für dieses Gespräch interessieren, dann haben sie ein unheimlich langweiliges Leben!"

Kylies Stimme wurde immer lauter und bei ihrem letzten Satz fühlten sich die Anwesenden anscheinend ertappt, denn sie drehten sich schnell wieder auf ihrem Stuhl um und fixierten die Tischplatte mit ihren Blicken.

„Du bist unmöglich!", sagte ich, immer noch um Contenance bemüht, doch damit hatte ich anscheinend genau ins Schwarze getroffen. Denn Kylie ging ab wie eine Rakete.

Ich bin unmöglich?! Du wagst es, mich unmöglich zu nennen? Wer ist denn so abhängig von seinem Partner, dass sie bei seiner Abwesenheit keinen klaren Gedanken mehr fassen kann und es nicht für wichtig empfindet, den letzten Tag mit ihrer besten Freundin in vollen Zügen zu genießen?"

Ich starrte sie mit offenem Mund an. Diese Zicke! Wie konnte sie so etwas sagen? Und dann auch noch in aller Öffentlichkeit! Ich baute mich in meinem Stuhl auf und knallte meine Unterarme auf die Tischplatte. Dann funkelte ich sie an.

Lustful - Tiefes VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt