12|𝘼𝘼𝙍𝙊𝙉

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„𝐋𝐚𝐬𝐬 𝐦𝐢𝐜𝐡 𝐦𝐢𝐭 𝐦𝐞𝐢𝐧𝐞𝐫 𝐩𝐞𝐫𝐬𝗼̈𝐧𝐥𝐢𝐜𝐡𝐞𝐧 𝐊𝐚𝐭𝐚𝐬𝐭𝐫𝐨𝐩𝐡𝐞 𝐢𝐧 𝐑𝐮𝐡𝐞."

.~•♕︎•~.

Ein Klirren ertönt, als mein Schlüssel auf dem Boden aufkommt.

Meine halbgeöffnete Hand hat ihn einfach fallen gelassen.
Und will sich nicht dazu bewegen lassen, ihn wieder aufzuheben.

Denn er steht vor mir, ganz anders, als ich ihn in Erinnerung habe, und dennoch so vertraut, dass es schmerzt und mir die Luft entzieht, meine Lungen mit Wasser und meinen Kopf mit Gedanken füllt, die ich nicht haben möchte.

„Was machst du hier", sage ich tonlos, habe nicht die Kraft, es wie eine Frage klingen zu lassen, obwohl ich doch so viele Fragen haben sollte.

All die Fragen der letzten Monate, die Fragen, die in all der Zeit durch mein Leben spukten.

Wo bist du?

Warum meldest du dich nicht?

Warum hast du mich im Stich gelassen?

Warum hast du mich verlassen, obwohl du mein verdammter Bruder bist, mir nur deine beschissene Jacke gelassen und dich verpisst, ohne dich um die Folgen zu kümmern?

Ohne dich um mich zu kümmern.

„Aaron."
Beim Klang seiner Stimme zucke ich zusammen, sie ist rauer als früher.

Er hebt die Arme, beinahe, als wolle er mich umarmen.
Ich weiche zurück, möchte nichts mit ihm zu tun haben.

„Es tut mir leid.", sagt er, nutzlose Worte, die mir nicht helfen können.

„Ja.", antworte ich. „Allen tut es immer entsetzlich leid, so haben sie das ja gar nicht gemeint, ich verstehe das falsch, sie wollten mich nicht allein lassen. Weißt du was? Es interessiert mich nicht. Ich bin ohne dich klargekommen, und so wird es bleiben. Verschwinde und lass mich mit meiner persönlichen Katastrophe in Ruhe. Daran hat dich das letzte Mal schließlich auch Nichts gehindert."

„Bitte. Ich kann es erklären."

„Da bin ich mir ganz sicher.", gebe ich höhnisch zurück.

Seine Haare sind etwas länger als meine, doch ansonsten ähneln wir uns extrem.
Das weiß ich genau, obwohl ich alle Spiegel schon seit Längerem aus dieser Wohnung verbannt habe.

„Gib mir nur eine Chance, Aaron. Nur eine, ich schwöre dir, dass ich sie nutzen und es in Ordnung bringen werde."

Ich hasse es, wie er meinen Namen ausspricht.
Als hätte er ein Anrecht darauf, als würde er es häufig tun.

Dabei weiß ich, dass er ihn zum ersten Mal seit Langem wieder in den Mund nimmt.

„Das kannst du nicht. Wenn du mir etwas Gutes tun möchtest, dann hau ab und lass dich nie mehr blicken."

Meine Stimme ist hart, und in meinem Blick keine Emotion zu finden, die eine andere Sprache spricht.
Man merkt mir nicht mehr an, was ich fühle.

Dafür müsste man mich schon sehr gut kennen, und das ist bei dem Kerl vor mir sicher nicht der Fall.

„Hör zu: ich lasse dir meine Nummer hier. Du kannst dich immer bei mir melden, egal ob bei Tag oder bei Nacht. Aber melde dich. Bitte.", sagt er eindringlich.

Ich frage mich, ob in meiner Stimme auch so viele Gefühle mitschwingen würden, falls all das anders gekommen wäre.

Dann wäre Debbie wohl noch bei uns.
Sollte ich mich unter diesen Umständen je mit ihr, Louis und Liz angefreundet haben, versteht sich.

Vielleicht wäre in diesem Fall ich es gewesen, der Louis auf den Gängen herumschubst.

Beim Gedanken daran kommt es mir beinahe hoch.

„Mach doch, was du willst.", flüstere ich, urplötzlich von der Stärke verlassen, die ich kurz zuvor noch innehatte.
Ich verschwinde und lasse ihn in der Wohnung allein.

Doch nicht, ohne mir eine Spraydose genommen zu haben.
Seit wir die Spinde besprüht haben, habe ich sie nicht mehr angerührt. Das wird sich heute ändern.

Was Debbie wohl von einer kleinen Dekoration an ihrer Hauswand hält?

𝐋𝐨𝐬𝐞𝐫𝐤𝐫𝐨𝐧𝐞Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt