20|𝘼𝘼𝙍𝙊𝙉

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„𝐖𝐢𝐫 𝐯𝐞𝐫𝐬𝐜𝐡𝐰𝐢𝐧𝐝𝐞𝐧.“

.~•♕︎•~.

Louis Stimme schallt lauter durch den Raum, als ich sie jemals zu hören erwartet hätte.

Seine Hände zittern wie Espenlaub, und dennoch schafft er es, ruhig zu klingen.
Seine Worte bewirken etwas, was schon lange nicht mehr geschehen ist: ich kann nicht teilnahmslos wirken.

Ich bin erstarrt, mit weit geöffneten Augen.
Paralysiert.

„Ich wollte nie viel, glaube ich. Für eine lange Zeit wollte ich immer dazugehören, mit dabei sein, nicht mehr alleine, sondern mit Freunden.

Jetzt habe ich dieses Beisammensein; soweit wie es geht, zumindest, und einen neuen Wunsch, der mich stärker anspannt als ein Buch es je vermochte, mich länger wachhält, als eine gute Geschichte es je konnte.

Ich möchte weg.
Ich habe mir das geholt, was es zu holen gibt, und das sind die besten Freunde, die ich mir wünschen könnte.
Ich gehöre dazu.
Und weil auch sie dazugehören, möchte ich sie mitnehmen, wenn ich gehe.

Wenn ich in eine neue Geschichte gehe, in der wir unsere Rollen selbst schreiben, und nicht länger in ein vorgefertigtes Bild passen müssen, das uns ohnehin immer wieder aufgedrängt wird, egal, wie sehr wir versuchen, den Rahmen zu sprengen und zu entkommen.“

Mit jedem Wort, dass er sagt, trifft er mich ins Herz, entblößt einen Traum, den ich so fest verschlossen habe, dass ich glaubte, ihn vergessen zu können.

Ich möchte nicht der Mistkerl der Geschichte sein.

Und ich möchte mit den Losern zusammenbleiben, die sich weigern, den Rahmen, der sie eingrenzt, zu akzeptieren.

„Ich möchte, dass wir gemeinsam verschwinden, eine Lücke hinterlassen, die sich so schnell schließt, als hätte es uns nie gegeben.
Die Spuren der Tinte auf dem Papier, die unsere Geschichte erzählen, werden genauso verblassen wie wir in euren Gedächtnissen.“

Louis hat fertig gelesen.

Er schaut auf, scheint in der Realität angekommen zu sein.

Für eine Sekunde glaube ich, dass er seine Worte zurücknehmen, ungeschehen machen möchte, doch so weit kommt es nicht.

Nach wie vor kann ich mich nicht rühren, tue nichts weiter, als zuzusehen, wie Debbie von der Bühne hinabsteigt, ihre Krone absetzt und sie Liz sanft auf den Kopf legt, wo sie im Scheinwerferlicht glänzt.

„Ich hätte euch nie fallen lassen dürfen“, sagt sie, ist im unheimlich stillen Raum gut zu hören.

„Ich hätte dich auch nicht fallen lassen dürfen.“, antwortet Liz.

Dann nimmt sie Debbies Hand, dreht sich zu Louis, und streckt ihm ihre andere auffordernd entgegen.

Dieser sucht mich mit seinem Blick, winkt mich zu sich.
Und plötzlich kann ich mich wieder bewegen, dränge ich durch die Menge, egal wie, ich muss zu meinen Freunden.

Ich komme an.
Spüre, wie ich lächele.

„Ich habe mir meine Loserkrone geholt, und sie dahin gebracht, wo sie hingehört.“, flüstert Debbie uns zu, und es ist, als wäre sie nie weggewesen. „Auf den Kopf einer Loserin.“

Die Idiotin hat uns alle ausgetrickst.
Und irgendwie bringt mich das noch mehr zum Lächeln.

Wir wenden den Gästen den Rücken zu, schenken niemandem mehr Beachtung.

Louis hat die Spielregeln geändert, wir haben sie gemeinsam geändert.

Wir verschwinden.

𝐋𝐨𝐬𝐞𝐫𝐤𝐫𝐨𝐧𝐞Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt