𝙶𝚎𝚜𝚌𝚑𝚠𝚘𝚛𝚎𝚗

327 13 3
                                    

Ich schlug die Augen auf. Alles war hell, doch ich konnte nichts erkennen. War es nur ein Traum? Wo lag ich hier überhaubt? Langsam setzte ich mich auf und schaute mich um. Das Zimmer kenne ich, es war Bills. Verschlafen rieb ich mir die Augen und gähnte. Dann schaute ich an mir runter und bekam den Schock meines Lebens. Ich war blutüberströmt, das ganze Kleid hatte dunkelrote Blutflecken.

"Hab dich nicht so, ist doch nur Blut.", sagte Bill der gerade aus dem Badezimmer kam.

Er trug kein Oberteil, sondern nur eine Hose und er hatte kein MakeUp drauf. Seine sonst so aufwendig aufgestylten Haare hingen nass nach unten. Hat er geduscht, fragte ich mich und bereute es sofort. Er kann ja anscheinend meine Gedanken lesen. Jetzt dachte ich ja schon wieder nach.

"Gut erkannt.", lachte er und kam auf mich zu.

Reflexartig wich ich ein paar Schritte zurück. Der soll mir bloß nicht zu nahe kommen! Hätten die mich gestern nicht umbringen können, dann müsste ich diesen Scheiß hier nicht ertragen. Außerdem bringt mich seine Gelassenheit vollkommen aus dem Konzept. Warte mal, bin ich jetzt auch ein Vampir? Ich eilte zum Spiegel. Mein ganzer Hals war voller Blut und es lief an meinem Arm herunter, wo es getrocknet war. Ein paar Dinge weiß ich ja schon über Vampire, aber war ich jetzt nun einer oder nicht.

"Nein bist du nicht, ich oder Tom hätten dich beißen müssen, aber wir haben nur getrunken.", meinte Bill, der jetzt hinter mir stand.

"Komm mir bloß nicht zu nahe!", fauchte ich und trat wieder einen Schritt von ihm weg.

"Wie wäre es ein bisschen freundlicher? Immerhin habe ich dir gestern dein Leben gerettet, sonst hätte Tom dich ausgesaugt, so gut wie du schmeckst."

"Wie bitte, hör auf mir zu erzählen wie "gut" ich schmecke, das ist wiederlich. Und außerdem hättest du mich auch sterben lassen können, dann müsste ich das alles nicht mehr ertragen. Ich meine, ihr würdet mich so wie so nie mehr gehen lassen, das habe ich verstanden. Aber bring mich doch einfach um, wenn du mir schon nicht sagen willst, wieso ihr mich hier einsperrt!" So, jetzt habe ich meine Gedanken auch mal ausgesprochen.

Er machte gerade den Mund auf, um etwas zu erwidern, aber ich war noch nicht fertig.

"Und eigentlich geht es mir am Arsch vorbei, ob du mich nun gerettet hast oder nicht. Du hättest mich wahrscheinlich genau so ausgesaugt, wie dein Bruder es vor hatte. Eins kannst du dir merken, ich werde nie wieder irgendetwas tun was du mir sagt. Dann brauchst du mir auch zu drohen, dass du mich umbringen willst. Bitte, dann tu es doch!"

Ich verschränkte die Arme vor der Brust, drehte mich zum Fenster und sah nach draußen. Heute war kein schönes Wetter, dunkele Wolken bedeckten den Himmel, als ob es gleich regnen würde. Bei dem Gedanken, nie mehr wieder hier raus zu kommen, lief mir eine Träne über die Wange. Wieso konnten Papa und ich nicht einfach in Berlin wohnen bleiben.

"Du würdest es nicht verstehen. Außerdem haben wir geschworen es dir nicht zu erzählen, warum das alles passiert.", sagte Bill mit leiser Stimme.

Verwundert drehte ich mich um. Er stand da, nun angezogen mit einem Hoodie, und sah mich an. Irgendetwas schien ihn zu beschäftigen, denn er sah nun wieder auf seine Hände, die gerade an dem Saumen von seinem Ärmel spielten. So etwas kannte ich von mir selbst. Immer wenn mich etwas beschäftigt oder ich über etwas nachdenke, mache ich das selbe. Wie kann mir so etwas noch nicht aufgefallen sein. Seine Fingernägle waren schwarz lackiert. Als wäre nichts gewesen, huschte sein Blick wieder zu mir und er schaute mich an.

"Willst du dir was anderes anziehen?", fragte er.

Sein Ernst, wie...ach egal. Genervt verdrehte ich die Augen und drehte mich wieder zum Fenster.

"Geh duschen und nehm dir was aus meinem Schrank, wenn du willst. Wenn nicht, kannst du ja den ganzen Tag blutverschmiert rumlaufen."

Er verließ das Zimmer und schloss diesmal die Tür nicht ab. Was ein Wunder. Okay Tony, du hast zwar überhaupt nicht vor Klamotten von diesem Typen anzuziehen, aber du willst auch nicht blutverschmiert rumlaufen. Ich stieß Luft aus und schlurfte dann zum Kleiderschrank. Anscheinend hatte ich ja keine andere Wahl. Also sah ich den großen Schrank, zum Glück hatte er viele dicke Pullover, sonst wäre ich heute glaube ich erfroren. Irgendwie komme ich mir so dumm vor, jetzt SEINE Sachen zu tragen.Ich griff nach einem der Pullover und einer Hose.

Jetzt dürfte er nur nicht reinkommen, dachte ich bevor ich in die Dusche stieg und das heiße Wasser über meinen Körper floss. Es tat so gut, am liebsten würde ich nie mehr wieder rausgehen. So gut es ging rubbelte ich mein eigenes Blut vom Körper und ließ das warme Wasser dann noch für einige Sekunden auf meine Haut prasseln. Ich trocknete mich ab und zog dann die Klamotten an. Sie waren mir um einiges zu groß, aber sie waren warm und der REst war mir egal. Auf einmal wurde ich total müde und erschöpft. Als hätte schon so viel an einem tag gemacht. Ich stützte mich am Waschbecken ab und sah mich durch den Spiegel an. Ich sah unfassbar balss aus in diesen schwarzen Klamotten. Normalerweise trage ich höchstens schwarze Hosen oder Schuhe, weil ich eher der bunte Mensch bin.

Langsam schlufte ich zu dem Bett, ohne zu überlegen ließ ich mich darauf fallen. Ich zog die Beine an und schloss die Augen. Plötzlich hörte ich meinen Magen grummel. Ich hatte seit vielen Stunden nichts mehr gegessen und hatte schrecklichen hunger. Gibt es in diesem Haus überhaupt etwas "normales" zu Essen? Der Gedanken, ich würde an hunger sterben, traf mich mehr als die Tatsache überhaupt sterben zu müssen. Plötzlich ging die Tür auf und Tom kam rein, gefolgt von Bill.

"Hier", meinte Tom und reichte mir eine Tüte, die aussah wie eine Brötchentüte.

"Bill und ich sind kurz weg, wehe du haust ab. Ach stimmt ja, kannst du gar nicht.", lachte er und verließ wieder das Zimmer.

Bill ging kurz zu seinem Kleiderschrank, wechselte seinen Hoodie gegen ein T-Shirt und folgte dann seinem Bruder. Verwirrt saß ich auf dem Bett und starrte den beiden hinterher. Sie müssen weg und ich kann nicht abhauen. Sehr interessant. Ich schaute in die Tüte und tatsächlich, es war etwas zum Essen drinne. Die sind ja sehr fürsorglich. Zwar war es nur ein Schokobrötchen, aber der hunger treibt es rein. Und so aß ich das Brötchen und dachte dabei nach, was ich gleich machen soll.

Schwarzer EngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt