Kapitel 9

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»Hallo Shannon.«, begrüßt er mich. Er, oder sie, sitzt auf einem kleinen Hocker vor einem großen Schminkspiegel. Auf der kleinen Ablage davor türmen sich die verschiedensten Make up Artikel.

Langsam gehe ich zu ihm rüber und setze mich ebenfalls auf einen der kleinen Hocker.

»Wie hast du es herausgefunden?«, will er von mir wissen. Aus seiner Stimme höre ich eine Spur Vorsicht heraus.

»Es war absoluter Zufall. Ich bin heute hier, um mich von euch inspirieren zu lassen. Ich wusste nicht, dass du Ruby Star bist, Justine oder Max haben nie etwas in die Richtung erzählt. Als du auf der Bühne standest, kamst du mir irgendwie bekannt vor. Ich wusste aber nicht so richtig woher. Aber irgendwann hat es dann Klick gemacht.«

»Justine und Max konnten dir nichts sagen. Denn sie wissen hiervon...« Er macht eine ausladende Bewegung mit den Armen »...nichts. Du bist die erste Person, die ich kenne, die mich so sieht. Die anderen Drag Queens kennen nur meinen Namen, aber nichts weiter. Ich wäre dir sehr zum Dank verpflichtet, wenn du niemandem etwas hiervon erzählen könntest.«

»Schämst du dich?« Die Frage platzt aus mir heraus, bevor ich es verhindern kann.

»Nein. Würde ich mich hierfür schämen, dürfte ich nicht auf die Bühne. Aber...«, er seufzt leise.

»Aber?«

»Ich möchte dennoch nicht, dass jemand weiß, was ich in meiner Freizeit mache.«

»Aber du trittst ins New York und Los Angeles auf!«

»Na und? Auf der Bühne erkennt mich ja niemand. Na gut, außer du. Meine Eltern sind sehr konservativ. Sie sind schon aus allen Wolken gefallen, als Justine ihnen gestanden hat, dass sie lesbisch ist. Meine Mutter hat einen Nervenzusammenbruch bekommen und mein Dad hat sie mehr oder weniger der Familie verwiesen. Was glaubst du, wie sie reagieren, wenn sie erfahren, dass ihr Vorzeigesohn als Hobby gern glitzernde Frauenkleider und auffälliges Make up trägt?«

»Okay, das verstehe ich. Aber warum hast du es nicht Justine erzählt. Ich bin mir sicher, dass sie vollkommen hinter dir stehen würde.«

»Natürlich würde sie das. Aber ich möchte ihr nicht dieses Geheimnis aufbürden. Sie hat schon genug daran zu knabbern, dass unsere Eltern sie wie eine Aussätzige behandeln.«

»Dennoch denke ich, dass du es ihr sagen solltest. Aber keine Angst, dein Geheimnis ist bei mir sicher. Hier.« Ich halte ihm mein Design des weißen Rüstungsbodys hin.

»Was ist das?«

»Ein Entwurf, den ich gemacht habe, als du gesungen hast. Du hast übrigens eine tolle Stimme.«

»Danke. Das sieht echt toll aus.« Er nimmt mir den Block aus den Händen.

»Ich habe das für dich gezeichnet.«

»Wirklich?« Überrascht sieht er mich an.

»Ja. Ihr ward alle sehr inspirierend. Wenn das heute weiter so geht, kann ich Emely bald die neuen Entwürfe zeigen.«

»Es tut echt gut das zu hören. Eigentlich wollte ich noch etwas warten, bis ich den richtigen Vorwand gefunden habe, aber da du ja jetzt hier bist, würde ich dir gern sagen, was ich als Gegenleistung möchte.«

»Schieß los.«

»Designe für mich.«

»Wa...was?« Ich sehe ihn aus großen Augen an.

»Wie gesagt, eigentlich wollte ich noch damit warten. Bis mir die perfekte Ausrede eingefallen ist, warum ich von dir Frauenkleider brauche. Aber du hast mir die Sache abgenommen. Was sagst du?«

Best Friend, or more?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt