Kapitel 10

30 3 0
                                    

Das Geräusch von brechenden Knochen ist schrecklich. Mit vor Schreck geweiteten Augen, wild pochendem Herzen und völlig außerstande einzugreifen, beobachte ich, wie Matt Zach die Nase bricht. Zach jault vor Schmerz auf und hält sich sofort die Nase, während Matt mit bebenden Schultern vor ihm steht. Es ist, als würde die Zeit still stehen. Nicht nur ich bin total geschockt. Auch die anderen Jungs sind wie erstarrt.

Blut quillt zwischen Zachs Fingern hervor.

»Oh Gott«, stöhne ich und renne zu ihm. Dabei stoße ich Matt zur Seite. »Gebt mir Taschentücher! Schnell!«, brülle ich die anderen an. Jaleel ist der erste, der sich aus seiner Starre löst. Schade, dass die Freshmen nicht mehr da sind. Die hatte Eric weggeschickt, als wir angefangen haben an der Playstation zu zocken.

»Hier.« Er hält mir mehrere Blätter einer Küchenrolle entgegen.

»Ich hole Eis.« Austin springt über die Lehne der Couch und sprintet Richtung Küche. Für die Sportler unter ihnen gibt es immer Icepacks im Gefrierschrank.

»Lass mal sehen.« Vorsichtig nehme ich Zachs Hand von seiner Nase. Bei all dem Blut, das kontinuierlich aus seiner Nase läuft, kann ich sehen, das diese schief ist. Jupp, eindeutig. Matt hat ihm die Nase gebrochen.

»Halt dir das drunter.« Ich reiche ihm die Küchenrolle. Austin schiebt mich sanft zur Seite, um Zach vorsichtig einen Kühlakku auf die Nase und einen in den Nacken zu legen.

»Lass den Kopf unten. Ich hole meine Schlüssel und dann bring ich dich in die Notaufnahme.« Ich bin erleichtert, das Austin nichts getrunken hat. Außerdem weiß er als Medizinstudent am besten, was jetzt zu machen ist.

Ich wende mich Matt zu, dem der Schock deutlich ins Gesicht geschrieben steht. Unsere Blicke treffen sich. Doch bevor ich etwas sagen kann, dreht er sich weg und geht nach oben. Während ich ihm nachsehe, spüre ich, wie die Wut in mir aufsteigt. Sie ist so stark, dass sie alles andere verdrängt – selbst den Schmerz, den sein Anblick immer wieder in mir aufflammen lässt.

Ich folge ihm nach oben. Bevor ich seinen Namen rufen kann, höre ich, wie sich seine Zimmertür schließt. Ohne weiter nachzudenken gehe ich darauf zu. Ich stürme in sein Zimmer und schleudere die Tür hinter mir ins Schloss.

Matt steht an seinem Schreibtisch. Darauf steht das Modell eines Hauses. Er hat die Hände auf der Tischplatte abgestützt und lässt den Kopf hängen. Er macht einen so niedergeschlagenen Eindruck, dass meine Wut verraucht.

»Warum hast du das getan?«, frage ich ihn leise. Ich bleibe an der Zimmertür stehen und wage es nicht, einen Schritt auf ihn zuzugehen. Seine Schultern heben und senken sich unter seinen angestrengten Atemzügen. Er umklammert die Kante des Schreibtisches so fest, dass seine Knöchel weiß hervortreten. Es scheint, als wäre jeder einzelne Muskel in seinem Körper angespannt.

»Warum, Matthew?«, frage ich ihn erneut. Ich spreche seinen Vornamen ganz bewusst komplett aus. Ich will ihm klar machen, wie wichtig es mir ist.

»Geh!«, antwortet er nur rüde. Dabei sieht er mich noch nicht einmal an.

»Nein. Erst wenn ich Antworten habe.« Dass ich jetzt so einfach verschwinde, nur weil er es verlangt, kann er vergessen.

»Shannon, geh bitte.« Ich schüttle den Kopf und mache ein paar Schritte auf ihn zu.

»Nein. Wenn ich verschwinden soll, dann sagst du mir besser, warum du das da eben getan hast. Solltest du lieber weiter schweigen, musst du damit leben, dass ich hier bleibe.«

Ich beobachte ihn ganz genau. Matt schließt die Augen, atmet tief durch und trifft seine Entscheidung. Ich kann es daran erkennen, wie seine Anspannung nachlässt und er quasi in sich zusammensackt.

Best Friend, or more?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt