Kapitel 17

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Ich gehe erneut vor und klettere die Strickleiter nach unten, während Will mir unsicher folgt. Ich beeile mich. Es ist unangenehm eine Strickleiter hochzuklettern, wenn man es nicht gewohnt ist, aber noch unangenehmer ist es, wenn dabei ein zweites Gewicht die Stabilität des Ganzen weiter stört.
Als ich unten ankomme sehe ich nach oben um abzuschätzen, wie lange es noch dauern wird, bis wir wieder zurück zu den anderen gehen können. Mit leichtem Entsetzen, aber auch mit einem Schmunzeln auf den Lippen muss ich feststellen, dass der Werwolfsjunge noch nicht einmal die Hälfte hinter sich gebracht hat. Er setzt zwar fleißig einen Fuß nach dem anderern auf die Holzsprossen, tut dies aber so langsam, dass ich mich ernsthaft Frage, ob sich die Welt um mich herum in Zeitlupe abspielt.
Immer wieder erinnere ich mich selbst daran, dass er einfach nicht die Übung hat die ich habe und auch daran, dass es unheimlicher ist hoch zu klettern als hinunter. So warte ich weiter, die Arme verschränkt und ihn dabei beobachtend wie er einen Schritt nach dem anderen tut.

"Du hast es fast geschafft!", rufe ich ihm zu, denn vielleicht sind es aufmunternte Worte die ihm helfen. Tja, falsch gedacht. Ich habe wohl seine Konzentration gestört, denn plötzlich fängt er an zu zittern. Zittern auf einer Strickleiter ist so ein Ding...die Leiter zittert nämlich mit, was das Ganze nicht gerade einfacher macht.
Ich gehe einen Schritt nach vorne, um die Lage besser einschätzen zu können.
Er ist schon ein ganzen Stück weiter unten als vorhin. Zumindest würde er sich vermutlich nichts mehr brechen, wenn er jetzt fallen würde, unangenehm würde es allerdings schon werden und das möchte ich natürlich verhindern.

"Hey, ganz ruhig", versuche ich es weiter, "setz vorsichtig einen Fuß nach unten, ich sag dir, wo die Sprosse ist.", schlage ich ihm vor und er folgt meinen Worten. Er zittert noch immer extrem, aber schließlich steht sein Fuß auf der Sprosse.
"Super, jetzt der andere", er folgt erneut meinen Anweisungen und steht schließlich wieder sicher. Mit diesem kleinen Erfolg lässt dann auch das Zittern wieder nach und seine Unsicherheit beruhigt sich ein wenig. Auch ich entspanne mich wieder.
Den nächsten Schritt tut er ohne meine Zurufe und ich sehe ihm entspannt zu. Doch dann passiert es. Er stellt seinen Fuß auf das Holzbrett unter ihm, verlagert das Gewicht und rutscht ab. Seine Hände klammern sich an das Tau, das Zittern setzt wieder ein und irgendwie verliert er darunter den Halt. Er fällt. Und ich stehe da und mache einen Satz nach vorne, strecke meine Hände aus, als könnte ich damit irgendetwas bewirken.
"Nein!", rufe ich, während ich sehe wie er fällt und mich selbst verfluche, dass ich nicht einfach schnell zu ihm fliegen und ihn retten kann.
Dann ist es still. Will fällt nicht mehr, Will ist aber auch nicht auf dem Boden aufgeschlagen. Stattdessen hängt er in der Luft, er ebenso verwirrt wie ich.
"Was zum...", flüstere ich und starre abwechselnd auf meine Hände, die ich noch immer ausgestreckt vor mir halte und Will.
Ich mache das. Wird mir langsam bewusst. Ich habe Will aufgefangen, mit meiner Windmagie. Mit. Meiner. Windmagie.
Fassungslos stehe ich da, überrascht von meinen eigenen Kräften. Doch je mehr mir bewusst wird, was ich da gerade in diesem Moment tue, desto schwieriger wird das auch, was ich da tue. Mein Instinkt zieht sich wieder zurück und mein Bewusstsein übernimmt.
Ich merke wie meine Arme schwer werden und senke sie langsam ab, in der Hoffnung, dass der Wind, der Will in der Luft hält ihnen folgen wird. Und tatsächlich. Langsam schwebt Will zu Boden. Ich setze ihn ab und da bleibt er erst einmal sitzen. Sieht mich an.
"Nicht schlecht.", presst er schließlich die Worte hervor, die unbeschwert klingen und doch so vor Verwunderung trotzen.
"Ich hab keine Ahnung wie ich das gemacht habe.", gebe ich zu und gehe zu dem Werwolf, um ihm aufzuhelfen.
Er nimmt meine Hand dankend an und lässt sich hochziehen.
"Wie, du hast keine Ahnung. Ich dachte du würdest sowas öfter machen.", entgegenet Will und beginnt seine Hose abzuklopfen, an der etwas Erde klebte.
"Jungen in der Luft auffangen? Ne, das gehört jetzt nicht so zu meinen täglichen Programm. Windmagie ist normal nicht so stark. Ich kann Erde herumwirbeln und wenn ich fliegen könnte, könnte ich meine Flugbahn leichter lenken...aber das ist weit weg von allem was ich je gesehen oder gelesen habe."
"Das ist doch gut! Also, ich meine du hast keine Flügel, aber vielleicht, vielleicht kannst du ja durch deine Magie fliegen!"
Kurz denke ich selbst über die Möglichkeit nach, doch dann schüttele ich den Kopf. "Eher nicht.", murmele ich. Ich kann nicht sagen wieso, aber ich weiß mit einer Sicherheit, dass ich mit meiner Magie niemals würde fliegen können. Es war ein Instinkt, genauso ein Instinkt wie der, der mich dazu gebracht hatte Will aufzufangen. "Ich sollte mit Mr. Shalby reden", überlege ich weiter, "vielleicht weiß er ja, was das zu bedeuten hat."
"Ja, ich denke das ist ne gute Idee.", stimmt mir Will zu und krame sein Handy aus seiner Hosentasche, "Puh, Gott sei Dank. Ich hatte schon Angst ich hätte es mit meinem Hintern zerstört. Hey man, danke, ohne dich wär das Teil warhscheinlich Geschichte.", er bleibt kurz ruhig und tippe auf dem Display herum, "hm...vielleicht sollten wir erstmal zu den anderen gehen. Wir haben eh bald Freizeit und dann können wir zu Mr. Shalby."
Überrascht sehe ich Will an, "wie, du willst mitkommen?", frage ich ihn.
"Klar. Also...wenn du willst."
"Ja...ähm, wieso nicht.", ich lächele ihm leicht zu, wobei ich überzeugt bin, das es sicherlich ein komisches Lächeln ist, das ich ihm da gerade schenke. Aber es ist mir schon fast egal. Die Aufregung über die Neuigkeiten und meine Freude über sein Angebot überlagert alles unangenehme. Vieleicht werde ich heute Nacht wach legen und diese eine Sekunde, dieses eine Lächeln immer wieder im Kopf überdenken bis ich wahnsinnig werde, aber jetzt ihm moment ist es mir egal.

Zusammen gehen wir schließlich wieder zurück zu dem kleinen "Trainingslager", wo wir auch gleich auf die anderen treffen, die mit einander sprechen und unsere Abwesenheit wohl nicht groß bemerkt zu haben scheinen.


Jaa...nun...long time no see.
Ich lebe, ich schreibe und...bin wahrscheinlich schon wieder weg (hoffentlich nicht aber naja...leider kenne ich mich ganz gut)
Aber, ich habe die Geschichte nicht vergessen!


Also denne, haltet die Ohren steif

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 21, 2021 ⏰

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