Kapitel 14

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"Komm schon Luther, lass uns reden", ertönte seine Stimme wieder, doch ich blieb sitzen. Ich konnte die Tür nicht aufmachen. Nicht in diesem Zustand.
"Hör mal, Sue hätte dich nicht so drängen sollen und das hat sie auch eingesehen", fing Will schließlich nach einer kurzen Pause auf der anderen Seite der Tür an, "das ganze ist ein privates Thema und du hattest das Recht dich nicht gegenüber uns zu öffnen was das angeht"
Öffnen...das war nicht das Problem. Ich wäre bereit gewesen ihnen zu erhählen welche Sexualität ich hatte...wenn ich es gewusst hätte. Doch ich erwiderte nichts und ließ ihn einfach weiter reden.
"Wir hätten es sein lassen sollen, es tut uns leid, wirklich!"
Ich blieb weiterhin sitzen. Ich glaube ihm. Ich glaube ihm, dass es ihm leid tat und auch, dass es Sue leid tat. Aber das würde die kleine Panikattacke in die ich gerutscht war nicht einfach verschwinden lassen. Ich hatte das Gefühl als wüsste ich nicht wohin ich gehörte...dieses Gefühl war mir unangenehm vertraut.
"Ich...würde wirklich gerne mit dir direkt reden...möchtest du nicht vielleicht die Tür aufmachen? Bitte?", versuchte es Will erneut, aber ich rührte mich erneut nicht. Ich war noch komplett verheult und konnte nicht sprechen ohne direkt wieder anzufangen. So wollte ich ihm nicht gegenübertreten. Es war einfach viel zu peinlich. Ich fühlte mich so schwach. Ich heulte hier wie ein kleines Kind. Nein. Ich wollte nicht, dass Will mich so sah. Also blieb ich sitzen und hörte weiter zu was Will sagte. Er redete ruhig und and seiner Stimme konnte ich mich festhalten und mich aus dem Dunkel herausziehen, in das ich hineingerutscht war. Ich schloss die Augen und versuchte alles andere auszublenden, was mir überraschend leicht fiel.
Er entschuldigte sich noch eine Weile und betonte immer wieder, dass es nicht in Ordung gewesen war mich zu drängen. Er erzählte auch immer mal wieder, wie leid es Sue tat. Vielleicht tat er es, weil es Sue schwer fiel sich zu entschuldigen und ich deshalb auf keine vollständige Entschuldigung von ihr hoffen konnte.
Will fragte nicht noch einmal ob er rein könnte. Er schien sich jedoch irgendwann hinzusetzen, so dass wir quasi Rücken an Rücken saßen, wenn diese Tür nicht gewesen wäre.
Er begann schließlich von banalem Zeugs zu reden. Wie das Training für ihn gelaufen war, was er von dem Essen hielt, wie er die anderen fand. Er redete einfach und ich hörte zu. Meine Tränen trocknete, meine Nase hörte auf zu laufen, meine Brust war nicht länger zugeschnürt. Schließlich atmete ich tief durch und stand auf. Ich öffnete langsam die Tür, damit er genug Zeit hatte um aufzustehen und nicht von der Tür getroffen zu werden.
Schließlich war die Tür offen und wir standen voreinander. Ohne etwas zu sagen trat ich einen Schritt zur Seite und ließ ihn ein. Wir gingen also in das innere des Containers und setzten uns auf Wills Bett.
"Geht's dir besser?", fragte Will vorsichtig.
Ich nickte bloß. Ich konnte noch nicht einordnen was meine Stimme tun würde, wenn ich versuchen würde zu sprechen und ich wollte es nicht riskieren.
"Willst du...darüber reden?", fragte er weiter.
Ich hielt kurz inne. Wollte ich darüber reden? Ja. Irgendwie schon, aber irgendwie hatte ich auch angst davor.
"Ja", flüsterte ich schließlich. Vorsichtig, um meine Stimme zunächst zu testen. Sie war noch etwas brüchig, aber es schien zu gehen, also fuhr ich fort: "ich..ich weiß noch nicht was mit meiner Sexualität ist. Das macht mir angst", gestand ich schließlich, selbst darüber überrascht, dass ich mich Will so einfach öffnete.
"Kann ich verstehen, ich wusste selbst lange nicht was mit mir los ist."
Überrascht sah ich Will an, "echt?", fragte ich, hörbar verwundert, "ich dachte... du hast so selbstsicher gewirkt als du vorhin am Tisch darüber geredet hast", warf ich ein.
"Naja...mittlerweile bin ich mir da auch sehr sicher, aber glaub mir, bis dahin war ein langer weg."
Neugierig sah ich ihn an und er sprach tatsächlich weiter.
"Ich hab schon ein paar Beziehungen mit Frauen hinter mir, weil ich einfach nicht gesehen habe, dass ich nie wirklich auf sie stand. Die Beziehungen waren nicht schlecht, das waren alles sehr nette Menschen mit denen ich mich super verstand aber...irgendwas hat einfach gefehlt. Spätestens wenn das Gespräch auf Sex kam, habe ich die Beziehung quasi sabotiert. Ich hatte irgendwelche Gründe vorgeschoben um keine Zeit mehr zu haben, hab mich distanziert und so ging die Beziehung schließlich jedes Mal zu Bruch. Ich hab mir eingeredet, dass sie einfach nicht die richtige war oder, dass ich nich nicht bereit wäre für Sex und hab einfach nicht gesehen, was das eigentliche Problem war.
Nach der dritten Beziehung die ich so zerstört hatte, musste ich mir schließlich eingestehen, dass ich das Problem war. Tja...und dann traf ich auf einer Party einen Jungen. Wir quatschten und tranken und machten irgendwann plötzlich rum und ähm", er räusperte sich kurz, "naja, auf jeden Fall weiß ich seit dem was mein Problem war. Ich hab seit dem nicht mehr mit dem Jungen von der Party gesprochen, aber er hat mir die Augen geöffnet und ich bin ihm dankbar dafür.", schloss er seine Erzählung.
Ich sagte zunächst nichts. Schließlich öffnete ich aber doch den Mund: "ich hatte noch nie eine Beziehung", gab ich zu, "oder einen Kuss oder irgendetwas", es sollte mir eigentlich unangenehm sein, dass ich Will so etwas persönliches erzählte...aber das war es mir nicht, "ich hab mir noch nie so richtig Gedanken darüber gemacht auf was ich stehe...die Chancen, dass ich je eine Beziehung haben werde...die sind einfach so gering, weißt du? Es hatte nie einen Zweck sich darüber Sorgen zu machen."
"Hör mal, ich glaube nicht, dass deine Hoffnungen auf eine Beziehung komplett aussichtslos sind...aber du solltest du bewusst sein, dass du dich zu nichts drängen musst. Es ist okay nicht zu wissen auf was man steht, versuch dich nicht selbst unter Druck zu setzen, okay?"
Ich nickte und lächelte ihm zu, "danke", sagte ich.
"Kein Thema...wollen wir zurück zu Sue? Sie wartet sicher schon auf uns."
Ich nickte und so standen wir auf und gingen nach draußen.

Little reminder: Weinen ist kein Zeichen von Schwäche. Gefühle zu zeigen kann eher als ein Zeichen der Stärke verstanden werden.

Die Idee stammt dieses Mal von MintgreenRosegold

Die Idee stammt dieses Mal von MintgreenRosegold

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Und wie immer seid jetzt ihr dran. Was passiert als nächstes? Schreibt es bis zum 18.10. 23:59 in die Kommentare.
Also denne, haltet die Ohren steif

Wingless-let us tell a storyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt