Kapitel 8 - Ashwood

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Um mich von dem Wolf in der Grotte abzulenken, hatte Noore mich an diesem Wochenende zu einem Trip nach Ashwood eingeladen. Ich bezweifelte zwar, dass der Ausflug den erhofften Effekt haben würde, trotzdem hatte ich eingewilligt, denn zu meiner Überraschung hatte Corran spontan entschieden mitzukommen. So verließen wir Punkt 10 Uhr zu dritt Ashwood Minor und schlenderten die asphaltierte Verbindungsstraße entlang zu einer kleinen Ausbuchtung am Rande der Straße. Mit einem Ruck zog Corran die Schiebetür des in die Jahre gekommenen Vans auf und ließ mich und Noore hinein, bevor er die Tür hinter sich zuzog. Auf ein Geheißen von Noore ließen wir uns auf der letzten Bank nieder.

„Der Typ ist merkwürdig", raunte sie mir ins Ohr, kaum dass wir Platz genommen hatten. Sie hatte sich ans Fenster gesetzt, während ich in der Mitte Platz nahm. Corran nickte bestätigend.

„Ein alter Kauz eben. Seine Familie gehört zu den Alteingesessenen des Dorfes. Er ist mit Vorsicht zu genießen."

„Seine Ansichten sind recht fragwürdig", ergänzte Noore und tauschte einen vielsagenden Blick mit Corran. Ich verzichtete auf weitere Nachfragen, denn just als sich mein Mund öffnen wollte, hatten mich die kalten Augen des Mannes im Rückspiegel fixiert. Unmerklich zuckte ich zusammen und mied den Blick zum Spiegel für die restliche Fahrt.

Zwanzig Minuten und einen Höllenritt später erreichten wir schließlich das Dorf am Fluss. Der Reihe nach richteten wir uns auf und liefen gebückt zur Tür. Ich wollte gerade zu Corran heraus klettern, da schnellte eine Hand über die Ablage und krallte sich um mein Handgelenk. Erschrocken blickte ich den Fahrer an.

„Wer bist du Junge? Ich kenne dich nicht", knurrte der alte Mann, welcher stark an ein Skelett mit krausem Haar erinnerte. „Eure Sorte macht nur Probleme, das spüre ich."

Vollkommen überfordert mit der Situation, konnte ich ihn nur mit offenem Mund angaffen. Seine Aufmerksamkeit war auf Corran gefallen. Augenblicklich verengten sich seine Augenbrauen und mit verächtlich angehobener Lippe fuhr er fort: „Der Adams Bengel ist auch dabei. Glaubt wohl ihr seid erhaben aufgrund eurer Abstammung, du und das Gesindel. Von euch kam noch nie Gutes. Aber ich weiß was ihr wirklich seid. Pack!"

Seelenruhig erwiderte Corran den Blick des Mannes.

„Vielen Dank fürs Mitnehmen. Machen Sie's gut, Mr. Combs."

Ich nutzte den günstigen Moment um mich aus dem Griff des Alten zu befreien und stürzte hastig zu Corran hinaus, welcher den Mann noch immer gleichgültig ansah. Eingeschüchtert stellte ich mich hinter ihn, wobei ich mir unauffällig das schmerzende Handgelenk rieb. Noore hingegen ignorierte Mr. Combs gänzlich und folgte uns, den finsteren Blick des Mannes im Rücken spürend, hinaus. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, schlug Corran die Tür zu. Ein verächtliches Schnauben ertönte aus der Fahrerkabine, dann sprang der Motor wieder an und der Wagen brauste mit quietschenden Reifen davon.

„Alles in Ordnung?", sorgenvoll betrachtete Corran mein Handgelenk, welches ich noch immer umklammert hielt.

„Äh, ja." Ich nahm die Hand weg und entdeckte vier kleine Einschnitte, genau dort, wo mich seine knorrigen Finger gepackt hatten. Eilig versenkte ich die Hände in den Jackentaschen. „War ziemlich merkwürdig."

Corran entfuhr ein verächtliches Lachen. „Willkommen in Ashwood, dem Dorf der Zwietracht und Verachtung."

„Ernsthaft?", ich ließ meinen Blick über die Uferpromenade schweifen. Sah hier eigentlich ganz friedlich aus.

„Was?", fragend blickte Corran mich an. Wir hatten die Straßenseite gewechselt und schlenderten gemütlich entlang der Backsteinbalustrade, die den Bürgersteigläufer von dem Fall in die Emes trennte.

Ashwood MinorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt