Kapitel 47 - Unschöne Überraschungen

3 0 0
                                    

Direkt am nächsten Morgen hatte ich mir mein Handy geschnappt und meinen Vater angerufen.

„Hallo Dad, ich bin's", sagte ich, das Handy fest ans Ohr gedrückt. Ich lag auf meinem Bett und stierte an die Decke. „Wir müssen reden."

„Okay?", er klang überrascht.

„Ich wollte mit dir über meinen Besuch sprechen."

„In Ordnung?"

Warum war es nur immer so schwer, den richtigen Einstieg zu finden? Ich schämte mich, weil ich nichts gesagt hatte und hatte Angst vor seiner Reaktion.

„Wie du bereits vermutet hast, bin ich nicht ohne Grund nach Hause gekommen. Um ehrlich zu sein, sind hier ein paar Dinge passiert und ich hatte Angst, dass der Werwolf, der mich gebissen hat, hinter dir her sein könnte. Deswegen bin ich nach Hause gekommen, als du nicht an dein Handy gegangen bist."

Kurzes Schweigen.

„Was meinst du mit ‚Dinge passiert'? Wie schlimm ist es?"

„Nicht so schlimm, mir geht's gut. Ich hatte nur Angst. Worauf ich eigentlich hinaus will –"

„Sag mir bitte die Wahrheit, Colin. Was genau ist passiert?", unterbrach mein Vater mich streng.

Ich strich mir die Haare aus der Stirn. Im nächsten Moment hatte ich mich aufgerichtet und in den Schneidersitz gesetzt, um meiner wachsenden Nervosität Einhalt zu gebieten. Doch auch diese Position erwies sich als wenig bequem, sodass ich aufstand und auf und ab tigerte.

„Wie du weißt, ist mein Erschaffer vor einiger Zeit hier aufgetaucht und hat angefangen mir nachzustellen. Zuerst war es nicht so schlimm, doch dann hat er Corran angegriffen und ihn ... ihn fast getötet." Bei diesen Worten musste ich schwer schlucken. Noch immer fühlte ich mich schuldig. „Und kurz darauf ist dieser Zettel aufgetaucht. Er kann alles oder nichts bedeuten, vielleicht hat sich nur jemand einen geschmacklosen Scherz erlaubt, auf jeden Fall möchte ich nicht riskieren, dass dir etwas passiert."

Ich wartete kurz, um zu schauen, wie mein Vater die neuen Informationen aufnehmen würde. Seine Reaktion ließ nicht lange auf sich warten.

„Ein Zettel? Was soll das bedeuten?", rief er aufgebracht. „Was geht an dieser Schule bitte vor? Weiß Eleanor davon?" Ich konnte ihm anhören, dass er drauf und dran war Eleanor selbst anzurufen.

„Ja! Ja, ich habe es ihr gestern bei unserem Gespräch gesagt. Sie passt auf mich auf", versuchte ich ihn zu beschwichtigen.

„Tut sie das?", hörte ich ihn zum ersten Mal Eleanor in Frage stellen. „Colin, soll ich dich zurück holen? Wenn ja, kann ich sofort mit Eleanor sprechen, dann hole ich dich noch heute Abend ab!"

„Nein! Nein!", widersprach ich. „Ich weiß wie das klingt, aber ich bin hier sicherer als daheim. Würdest du mich zurückholen, würde der Werwolf mitkommen. Nein! Ich bin hier wirklich sicherer. Ich verspreche es dir!"

Mein Vater schien skeptisch. „Ich rede trotzdem mit Eleanor!"

Mir entfuhr ein verzweifeltes Lachen.

„Mach das. Aber -", ich wollte weitersprechen, doch mein Vater unterbrach mich abermals.

„Warum hast du nichts gesagt als du hier warst?"

Er bemühte sich ruhig zu sprechen, doch ich konnte den Vorwurf in seiner Stimme hören.

„Ich..." Ich schluckte schwer, als das Bild meines verletzten Vaters, welches ich mir damals ausgemalt hatte, wieder vor meinem inneren Auge erschien. „Ich verstehe, dass du sauer bist. Ich hätte es dir sagen und dich warnen müssen, es tut mir leid. Ich habe einen großen Fehler gemacht. Aber ich wollte dir keine Sorgen bereiten."

Ashwood MinorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt