Kapitel 20 - Asher

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Im Wintergarten wurden wir von einem Oberschüler in Empfang genommen. Sam Andrews war sein Name. Ein hochgewachsener blonder Junge mit der Figur eines Leistungssportlers. Neben mir hatte sich noch ein anderer Schüler auf den Job beworben. Ein schmächtiger Knabe mit rundem Gesicht, Segelohren und dunklem Haar. Einzig und alleine die Kombination der dunklen Haarpracht, seiner Ohrform und der hervorstechenden leuchtend grünen Augen schien seinen Charakter zu bestimmen. Er wirkte schläfrig, dennoch keck und sehr jung. Er war einen Kopf kleiner als ich und zwei als unser Betreuer Adams, was diese Wirkung noch verstärkte. Jackson O'Neal war sein Name, wie ich in der Vorstellungsrunde erfuhr.

„Aber alle nennen mich Jackie", hatte er mit hoher Piepsestimme und abfälligem Seitenblick auf mich verkündet.

Kaum hatten wir die Formalitäten erledigt, führte uns Andrews zuerst in die Küche, wo sich die Waschanlagen und das benötigte Geschirr befand, bevor er uns die Bar zeigte. Neben sämtlichen benötigten Materialien erklärte er uns grundlegende Informationen und wo diese notfalls zu finden waren. Als keine weiteren Nachfragen bestanden, teilte er die Arbeit ein und ließ uns alleine zurück.

„Kein Mann der vielen Worte", sprach ich meine Gedanken aus, nachdem Andrews sicher außer Hörweite war und kassierte sogleich einen vernichtenden Blick von meinem Partner. Okay, das war wohl falsch rübergekommen. Beschämt wandte ich mich ab und stellte mich hinter die Bar. Ich hatte den Job des Barkeepers zugeteilt bekommen, während Jackie den Küchendienst übernehmen musste. Meine erste Amtshandlung bestand darin sämtliche Regale und Fächer zu öffnen, um sicherzugehen, dass ich wusste wo alles stand. Danach kramte ich die Rezepte aus einer Schublade unter den Hängeschränken und breitete sie außer Sichtweite der Kunden unter der Theke aus. Die Vollendung stellte schließlich das Zurechtstellen der Getränke sowie Gläser dar, die Jackie frisch gewaschen aus der Küche lieferte.

Es dauerte nicht lange und ich hatte mich in die Aufgaben eingearbeitet. Die Verwendung eines Cocktailshakers und der Kaffeemaschine hatte ich schnell raus und selbst das Kopfrechnen funktionierte ausgesprochen gut. Alles in allem eine gelungene Schicht, wie ich fand.

Mit einem Blick auf die Uhr begann ich die Sachen wieder zurück zu räumen. Dabei gab ich mir größte Mühe die Utensilien an ihren ursprünglichen Ort zu stellen. Meine Schicht war in fünf Minuten zu Ende und wie ich das Personal von Ashwood Minor einschätze, würde später jemand kontrollieren, ob alles an seinem Platz war. Ich wollte gerade die letzte Flasche einräumen, da geriet ein Barhocker unter dem Gewicht einer Person geräuschvoll in Schwingung. Überrascht hob ich den Kopf.

„Hey Barkeeper, einen 'Berry Dream' bitte und einen 'Tropic Thunder' für meinen arbeitenden Freund hier", flötete eine Mädchenstimme.

„Kommt sofort", erwiderte ich mit einem breiten Grinsen. Noore hatte ihre Arme auf die Theke gelegt und lächelte mich an.

„Steht dir gut der Job und das Hemd natürlich auch", meinte sie und beobachtete mich gedankenverloren dabei, wie ich die tiefgekühlten Beeren in den Mixer gab.

„Füg einen 'Creamy Coconut' hinzu. Geht auf mich."

Verblüfft sah ich den Jungen an, der sich neben Noore niedergelassen hatte. Er hatte seine graue Cap lässig nach hinten gedreht und sah neutral drein, doch sein ebenfalls ungewöhnlich breites Grinsen verriet seinen wahren Gemütszustand.

„Immer doch gerne."

Mit einem kurzen Blick auf die Karte kramte ich auch seine Zutaten aus dem kleinen Kühlschrank.

„Wusste gar nicht, dass du so ein Süßer bist", feixte Noore und brachte mich dazu, mich an meiner eigenen Spucke zu verschlucken. Klammheimlich versuchte ich mich abzuhusten, während ich den Beeren beim Zerkleinertwerden zuschaute.

Ashwood MinorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt