Kapitel 40 - Einbruch

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„Also, wie sollen wir das Ganze angehen?", ich hatte mich vor Mishas Bett niedergelassen und sah ihm dabei zu, wie er ein weißes Blatt Papier von seinem Regal zog und mir vorlegte. Darauf befand sich ein nicht maßstabsgetreuer Grundriss der Rezeption und des anliegenden Raums.

„Gut", er deutete auf die erste Tür, die zur Rezeption führte und sich im Schulflur befand. „Ich habe nachgeschaut, die Tür besitzt ein normales Schloss. Das bedeutet, wenn wir Glück haben, bekommen wir es auf."

Er fuhr weiter zur zweiten Tür. „Auch diese Tür hat ein normales Schloss. Es gilt also das gleiche wie für die erste Tür. Allerdings, und hier kommt der Knackpunkt, bin ich mir nicht mehr sicher, wie gut unsere Chancen stehen dort eine Schlüsselkarte zu finden. Ich habe war gestern nochmal bei der Rezeption und habe so getan als hätte ich meine Schlüsselkarte im Zimmer vergessen. Die Dame gab mir zwar eine Schlüsselkarte, doch diese war keine richtige Schlüsselkarte wie wir sie besitzen, sondern wurde kurz für mein Zimmer freigeschaltet und die Informationen danach wieder gelöscht. So wird es aus in manchen Hotels gemacht, die Schlüsselkarten verwenden. Eventuell finden wir also gar keine Universalkarten, außerdem stecken wir in der Klemme, wenn uns einer der Nachtwache entdeckt. Es gibt keine Versteck-, beziehungsweise Fluchtmöglichkeit, außer durch das Fenster, welches sich von innen mit einem Hebel öffnen lässt. Allerdings kommen wir um diese Uhrzeit vermutlich nicht mehr unbemerkt zurück ins Gebäude. Falls wir es überhaupt ins Gebäude schaffen und nicht schon davor von den Night Schülern oder der Nachtwache erwischt werden. Das bedeutet weiterhin, dass wir keine Taschenlampen verwenden können. Die Gefahr ist zu groß, dass wir gesehen werden. Willst du es dennoch probieren?"

„Ja, ich muss es versuchen."

„Bist du sicher, dass es das wert ist?", ernst sah Misha mich an. Ich konnte die Zweifel in seinen Augen sehen, doch er schien bereit mir zu folgen, aller Konsequenzen zum Trotz.

„Hör zu, du musst das nicht machen. Diese Geschichte hat nichts mit dir zu tun. Es ist in Ordnung, wenn du nicht mitkommen möchtest", versuchte ich ihm einen Ausweg anzubieten.

Er lachte.

„Ernsthaft? Das überlegst du dir jetzt? Ist es dafür nicht ein bisschen spät?"

Ich biss mir auf die Lippe und sah weg. Ich war wirklich ein Mistkerl.

„Hey, Colin", Misha legte mir eine Hand auf die Schulter. Überrascht hob ich den Kopf. Sanft erwiderten seine Augen meinen Blick. „Es ist in Ordnung. Wir schaffen das, okay? Alles wird wieder gut."

Ich nickte stumm und stand auf.

„Dann heute Abend um 23:30 Uhr an der Treppe?"

Misha nickte. „Um 23:30 Uhr an der Treppe. Bis dann."

„Bis dann", leise schloss ich die Tür hinter mir und ging hinunter zum Frühstück. Jetzt konnte ich nur noch hoffen, dass alles gut ging.



Kurz nach 18 Uhr verließ ich mein Zimmer, um etwas essen zu gehen. Heute Abend durften mir keine Fehler unterlaufen, nur weil ich mich nicht konzentrieren konnte. Doch das Schicksal hatte andere Pläne. In Gedanken vertieft, trottete ich zur Treppe, wodurch ich den Jungen, der unscheinbar im Treppenhaus lehnte, nicht bemerkte.

Mit einem „Hallo, Colin" löste er sich aus seiner Starre und erschreckte mich zu Tode.

„Woah, ganz ruhig." Er lachte.

„Marijan?", fragte ich ungläubig, als ich den Rotschopf erkannt hatte

„Ganz recht."

„Tut mir leid, ich habe keine Zeit, ich muss zum Abendessen", versuchte ich ihn abzuwimmeln. Unsere Begegnung gestern hatte mir gereicht.

Ashwood MinorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt