Kapitel 4

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„Was machen wir hier?"
„Das weißt du doch."
Jen murmelte etwas Unverständliches vor sich hin.
Medusa rückte etwas näher zu ihr auf. „Wie war das bitte?"
„Ich frage mich wo du anfangen willst nach diesem Alexander zu suchen. Ich glaube nicht, dass der Verkäufer, der ihn verkauft hat, uns freiwillig erzählt an wen er Alexander verkauft hat."
Medusa grinste. „Das erwarte, und ganz ehrlich, das hoffe ich auch nicht. Ich brauche Action! Und das schnell. Ich kann schon spüren wie meine Gelenke anfangen zu rosten. Und das ist ein wirklich schreckliches Gefühl."
„Nun übertreib mal nicht."
„Ich übertreibe nicht. Du magst es vielleicht nicht so empfinden, weil du an deinen Bürostuhl gewöhnt bist, aber ich sage dir, es ist einfach nur schrecklich."
Sie streckte ihren Arm aus. „Hörst du wie meine Gelenke knacken?"
„Du bist Jahrhunderte alt. Da passiert das schonmal."
„Ja, aber es war noch nie so laut."
„Das nennt sich alt werden."
„Weißt du was dagegen hilft? Action. Vielen Dank für dieses Gespräch. Das hat uns jetzt viel weitergebracht."
„Und mit weiter meinst du gar nicht?"
„Man Jen, du verdirbst mir wirklich den Spaß am herumspinnen."

In diesem Moment klingelte Jens Handy. Sie griff in ihre Hosentasche und holte es heraus, sichtlich froh über diese Unterbrechung.
Nach einem kurzen Gespräch, dem Medusa nicht wirklich viel Beachtung geschenkt hatte, steckte Jen ihr Handy wieder in ihre Hosentasche.
„Das war Fynn.", meinte sie, „Anscheinend hat Claas unsere Serienmorde gelöst, oder zumindest uns einen riesigen Tipp gegeben."
„Wieso das denn? Was hat er herausgefunden?"
„Er denkt, dass den Wesen etwas verabreicht wurde, eine Droge oder Ähnliches, das sie hat durchdrehen lassen. Die abgetrennten Körperteile könnten seiner Meinung nach hier auf dem Schwarzmarkt verkauft werden."
Medusa schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. „Da hätten wir aber auch wirklich selbst draufkommen können. Warum trennt man sonst Teile von übernatürlichen Wesen ab. Siehst du? Das passiert, wenn man sich vorschriftsmäßig benimmt. Man übersieht Sachen."
„Netter Versuch, aber ich glaube nicht, dass es an den Vorschriften lag, dass wir es übersehen haben. Wir waren zu sehr darauf fokussiert. Manchmal braucht man einfach einen anderen Blickwinkel."
„Sehr poetisch. Können wir jetzt trotzdem etwas Action haben? Bitte?"
Jen seufzte. „Übertreib es aber nicht."

Nur wenige Minuten später stieß Medusa den Mann, der Cassandra am Vortag mit einem Messer bedroht hatte, gegen eine Wand des Tunnels und presste ihm sein eigenes Messer an die Kehle, welches er als Verteidigung gezogen hatte. Diese Aktion war jedoch ganz offensichtlich nicht von Erfolg gekrönt gewesen.
Jen stand nur etwas von Medusa entfernt und verschränkte die Arme. „Meine Freundin ist heute streitlustig, also sagen Sie uns lieber gleich was wir wissen wollen. Das macht es für uns alle einfacher."
Der Mann spuckte Jen vor die Füße. „Was wollt ihr Weiber denn bitte ausrichten?"
Medusa presste ihm das Messer fester an die Kehle. „Mir fallen gleich hunderte Möglichkeiten wie ich Sie allein mit diesem Messer langsam und qualvoll töten kann."
„Sag ich ja, sie hatte seit langem nichts Aufregendes geschweige denn Blutiges zu tun. Glauben Sie mir, das war wirklich anstrengend."
Medusa lächelte. „Also, an wen haben Sie das Einhorn verkauft?"
„Ich hätte sie auf der Stelle rausschmeißen sollen.", zischte der Mann wütend, „Sie und ihre kleine Freundin. Wo ist sie? Ich habe mit ihr noch ein Hühnchen zu rupfen. Sie hat meinen Formwandler freigelassen!"
„Sie hätten das Schloss überprüfen sollen.", warf Jen kühl ein.
„Außerdem war er wohl kein wirklicher Verkaufsschlager. Sein Sie mal lieber froh, dass sie ihn los sind.", fügte Medusa hinzu und fuhr mit dem Messer langsam an der Kehle des Mannes entlang, an der sich ein kleines Blutrinnsal bildete.
„Die Zeit läuft. Tick Tack. An wen haben Sie das Einhorn verkauft? Ich werde mich noch einmal wiederholen."
Der Mann lachte auf. Es war ein kratziges und kehliges Lachen. „Ich verrate meine Kunden nicht. Das ist Teil des Kaufvertrages. Aus mir bekommen Sie nichts raus."
Medusa legte den Kopf schief. „Das ist jetzt aber wirklich schade.", meinte sie und schlitzte dem Mann die Kehle auf. Blut sprudelte aus der klaffenden Wunde. Medusa ließ ihn los. Der Mann sank an der Wand herab, keuchend und nach Luft ringend. Er hustete und spuckte Blut auf den Boden. Medusa schaute an sich herunter und betrachtete missmutig ihren Trenchcoat. „Jetzt ist er voller Blut."
Jen schaute zu dem Mann, der immer mehr Blut spuckte und sie aus schreckgeweiteten Augen anstarrte. „Darum machst du dir Sorgen?"
„Weißt du wie schwer Blut rausgeht?"
Jen deutete auf den Mann, der sich zuckend auf dem Boden krümmte. „Wie willst du das dem Rat erklären?"
Medusa schob sich an ihr vorbei und richtete den Kragen ihres Mantels. „Lass das mal meine Sorge sein."
Jen folgte ihr wieder in den belebten Teil des verlassenen U-Bahn-Tunnels. „Ich mache mir keine Sorgen um die Leiche. Du hast nur gerade unseren einzigen Hinweis getötet und außerdem denjenigen, den wir für den Kreaturen Handel zur Verantwortung gezogen hätten."
„Der Rat kann mir danken. Ich habe ihm eine ganze Menge Verhandlungen und so erspart. Wenn es keinen Boss gibt, ist es einfacher den Handel aufzulösen. Außerdem glaube ich nicht, dass er noch viele Mitarbeiter hat, die die ganze Zeit mit ihm herumreisen. Das sind bestimmt immer Aushilfskräfte."
„Meinetwegen. Das erspart uns Arbeit, aber trotzdem hast du gerade unsere Informationsquelle getötet!", versuchte Jen Medusa den Ernst der Lage klar zu machen. Diese zuckte nur mit den Schultern. „Der hat nur unsere Zeit verschwendet.", entgegnete sie und betrat das Zelt, in dem sich diesmal erstaunlicherweise keine Menschen aufhielten. Medusa sah sich um und entdeckte die leeren Käfige. „Ich glaube dieses Unternehmen wäre sowieso in nächster Zeit eingegangen. Anscheinend wurde der Phönix auch verkauft."
Sie griff nach Jens Arm und zog sie weiter durch das Zelt. In der Mitte blieb sie stehen.
Jen sah sie verständnislos an. „Du musst schon mit mir reden. Ich kann nicht sehen was in deinem Gehirn abgeht."
„Ach echt? Ich dachte da schwirrt so eine riesige Wolke mit Gedanken um mich herum. Dann erkläre ich dir einfach nochmal meinen Gedankengang. Der Mann hat etwas von einem Vertrag gelabert. Dieser Vertrag muss hier doch noch irgendwo herumliegen, oder etwa nicht?"
Jen seufzte. „Das könnte er auch metaphorisch gemeint haben.", meinte sie.
Medusa verzog das Gesicht. „Metawas? Ist doch egal. Wenn er nicht wirklich einen Vertrag aus Papier gemeint hat, haben wir ein Problem und dann gebe ich auch wirklich zu, dass ich einen Fehler gemacht habe. Aber das gebe ich erst zu, wenn ich dieses Zelt eigenhändig auseinandergenommen habe."

Medusa 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt