Kapitel 16

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„Medusa, wissen Sie wie man eine Videokonferenz startet?", fragte Mr. Harley und schaute Medusa vorwurfsvoll an. Medusa wippte unruhig auf der Stelle auf und ab und schaute dann wieder auf dem Bildschirm, auf den der Ratsvorsitzende groß abgebildet war. „Ja Sir, aber ich habe keine Zeit dafür gefunden und, wenn ich ehrlich sein soll, habe ich auch jetzt eigentlich keine Zeit mich mit Ihnen zu unterhalten." Mr. Harley räusperte sich vernehmlich. „Medusa, Sie haben also nicht die Zeit dafür gefunden mir zu erzählen, dass wir es mit mehr als nur einigen Wesenmorden zu tun haben?"
Medusa verschränkte die Arme hinter dem Rücken. „Es ist kompliziert Mr. Harley. Jemand sammelt Teile von Wesen, um sie zu verkaufen, oder etwas anderes mit ihnen anzustellen. Wir wissen noch nicht wer es ist oder was er genau damit macht. Ich dachte, dass der Rat sich nur auf Beweise stützt und die haben wir noch nicht. Wir haben ja noch nicht einmal einen Verdächtigen. Was wir jedoch haben ist eine Entführung, um die ich mich dringend kümmern muss."
Mr. Harley zog eine Augenbraue hoch. „Eine Entführung? Davon haben Sie nichts erwähnt."
„Weil wir alles unter Kontrolle haben.", erwiderte Medusa.
Mr. Harley lehnte sich etwas vor. „Verraten Sie mit um wen es sich handelt, dass sie es nicht für nötig halten den Rat zu informieren und trotzdem nicht stillstehen können?"
Medusa holte tief Luft. „Es geht um Jen.", meinte sie mit leicht bebender Stimme, „Sie ist das Opfer."
„Und Sie halten es nicht für nötig uns zu informieren? Das Verschwinden einer Zentrumsleitung katapultiert die Wichtigkeit dieses Falles um ein ganzes Stück nach oben. Sie können dem Rat eine solche Information doch nicht vorenthalten."
Medusa schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Tut mir leid, dass ich erst daran denke wie ich meine Freundin befreie, bevor ich auch nur einen kurzen Gedanken daran verschwende, dass ich Sie informieren sollte.", fauchte sie.
„Medusa, passen Sie auf, was Sie sagen. Sie unterstehen dem Rat und es ist unsere Aufgabe zu gewährleisten, dass die Mitglieder der Zentren sicher sind."
„Das kriegen Sie ja richtig gut hin.", erwiderte Medusa mit einem aufgesetzten Lächeln, „Ich würde Ihnen jetzt so gerne so viele Dinge sagen, aber ich glaube, dass das eher kontraproduktiv wäre, also lasse ich es lieber."
Mr. Harley seufzte. „Das ist auch besser so. Und jetzt erzählen Sie mir bitte, wie es zu der Entführung gekommen ist."
„Diese Entführung war des Resultat einer Rettungsmission einer jungen Fuchswandlerin, die von denselben Tätern gefangen genommen wurde, wie Jen jetzt auch. Cassandra und Jen haben es geschafft sie zu befreien und Cassandra hat sie aus dem Lagerhaus gebracht. Dann ist die Lagerhalle explodiert. Jen war noch drin. Wir dachten, sie wäre tot, aber die Überwachungskameras des Geländes haben gezeigt, dass sie weggebracht wurde. Bis jetzt wissen wir nicht wohin. Das war vor zwei Tagen. Verstehen Sie jetzt, warum ich etwas allergisch auf dieses Gespräch hier reagiere? Uns läuft die Zeit davon."
Mr. Harley faltete seine Hände auf dem Tisch. „Ich nehme mal an, die Halle stand auf einem Privatgelände?"
Medusa zuckte mit den Schultern. „Ist das wichtig?"
„Sie haben sich also in private Kameras gehackt? Medusa, das ist illegal." Er seufzte. „Haben Sie Spuren hinterlassen?"
„Nein Sir."
„Na schön. Wenn es nicht um Jen gehen würde, hätten Sie jetzt ein gewaltiges Problem, aber auch ich möchte sie ebenfalls wieder sicher wissen, also tun Sie, was Sie tun müssen, aber tun Sie es vorsichtig. Und, wenn sich etwas Neues ergibt, melden Sie sich sofort."
Medusa nickte ihm zu. Sie war froh, dass Mr. Harley ihr so viel durchgehen ließ. Und sie kannte ihn lange genug, um zu wissen, dass er ebenfalls alles tun würde, um Jen zu finden. „Ich danke Ihnen.", sagte sie und schloss den Anruf. Sie atmete tief durch. Zwei Tage waren vergangen, seit sie gedacht hatte, dass Jen tot war. Zwei Tage seitdem sie wusste, dass sie lebte und, dass sie Hilfe brauchte. Zwei Tage ohne Erfolg bei ihrer Suche. Medusa atmete einmal tief durch und verließ den Konferenzraum.
Schnellen Schrittes machte sie sich auf den Weg zum Missionsraum. Dort schaute sie sich um, doch Fynn konnte sie nirgends entdecken. Sie machte auf dem Absatz kehrt und machte sich auf die Suche nach ihm.

****

Cassandra drückte langsam die Klinke zu Fynns Zimmer herunter und schob die Tür auf. Fynn saß auf seinem Bett und tippte auf seinem Tablet herum. Cassandra schlenkerte mit den Armen und kam langsam auf ihn zu. „Fynn? Können wir reden?"
Er hob langsam den Kopf und sah zu ihr. „Worüber denn?"
Cassandra setzte sich neben ihn, jedoch nicht so nah, wie sie unter normalen Umständen getan hätte. „Es tut mir leid.", sagte sie leise. Fynn widmete sich wieder seinem Tablet. „Was tut dir leid?"
Cassandra knetete ihre Hände. „Einfach alles. Es ist alles total schiefgelaufen. Was ich neulich gesagt habe, als wir dachten, dass Jen tot sei, stimmt zwar, aber ich hätte es dort nicht zur Sprache bringen sollen. Es war nicht der richtige Zeitpunkt und ich habe es nicht richtig ausgedrückt und das tut mir leid."
„Du hast alles gesagt.", erwiderte Fynn kalt. Cassandra spürte wie sich das eisige Gefühl bis zu ihrem Herzen hinauffraß. „Fynn, ich möchte dich nicht verlieren. Ich mache mir Vorwürfe-"
Fynn unterbrach sie und schaute sie mit einem ausdruckslosen Blick an. „Du machst dir Vorwürfe? Du kannst nichts für alles hier. Ich bin daran schuld. Ich habe es dir gesagt. Ich hätte meine Klappe halten müssen."
„Aber irgendwann wäre es rausgekommen.", sagte Cassandra leise.
„Vielleicht wäre es das nicht. Vielleicht hätte ich es dir weiter verschwiegen und alles wäre jetzt wie vorher."
„Das kann es doch wieder sein."
Fynn ließ das Tablet sinken. „Ich habe es ruiniert. Es ist meine Schuld."
Cassandra griff in ihren Ausschnitt und zog die Kette mit dem kleinen Anhänger hervor. „Ich habe dir ein Versprechen gegeben, dass du für immer mein bester Freund sein wirst, egal was passiert."
Sie griff nach seiner rechten Hand und deutete auf die feine Linie, die sich darum schlang. „Wir sind verbunden. Wir schaffen es, dass es wieder wie vorher wird. Du bist mein bester Freund Fynn und ich will dich nicht verlieren."
Fynn sah auf. Jetzt sah er sie nach Tagen wieder direkt an und sein Blick versetzte Cassandra einen Stich ins Herz. Er schmerzte aber nicht so sehr, wie das, was er nun sagte. „Wir können das nicht einfach vergessen. Ich- ich kann es nicht einfach vergessen. Es wird nie wieder so sein wie vorher und das weißt du."

Medusa 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt