Kapitel 17

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„Das war nicht alles."
Jen zuckte zusammen. Sie saß auf ihrem Bett und starrte auf ihre Hände. Sie trug noch immer Medusas Mantel.
Sie hatte gar nicht bemerkt, wie Fynn ihr Zimmer betreten hatte. Sie fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht. „Ich habe alles erzählt, was ich weiß.", sagte sie leise.
Fynn setzte sich neben sie und beobachtete sie nachdenklich aus dem Augenwinkel. Jen schaute weiterhin ausdruckslos auf ihre Hände, Fynn legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Du hast nicht alles erzählt. Dieser Mann hat etwas mit dir gemacht. Ich habe es gespürt. Rede mit mir Jen, bitte."
„Ich habe mir die Daumen gebrochen.", murmelte sie.
Fynn sah sie verwirrt an. „Was?"
Jen sah auf. „Ich habe mir die Daumen gebrochen Fynn.", wiederholte sie nun etwas lauter, „So bin ich aus meinen Fesseln entkommen."
Fynn schaute auf Jens Hände und dann wieder zu Jen. „Jen, deine Finger sind nicht gebrochen."
Jen zog ihr Messer aus ihren Stiefeln und drehte es in den Händen. „Ich war in Eisenketten gefangen. Ich habe mir die Finger gebrochen, um daraus zu entkommen.", sagte sie. Fynn blickte beunruhigt auf das Messer in ihren Händen. „Leg das weg Jen.", bat er. Doch Jen hörte ihn nicht. Mit einer flüssigen Bewegung legte sie die Schneide an ihre Pulsader und schnitt in ihr Handgelenk. Fynn zuckte vor Schreck zusammen und wollte seine Hand auf die Wunde legen, aus der sofort Blut schoss, doch Jen hielt sie fest. Mit weit aufgerissenen Augen beobachtete Fynn wie sich die Wunde wieder zu schließen begann.
„Wie...?", murmelte er und schaute auf, „Wie ist sowas möglich?"
„Der Mann wollte die Wesen für eine Versuchsreihe", sagte Jen leise, „Und mich wollte er als Testperson."
„Als Testperson für was?"
„Für sein neues Medikament."
„Ein Medikament für was?"
„Für Krebs."
Fynn fühlte sich, als hätte ihm jemand mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen. „Wie meinst du das? Warum dich?", fragte er, obwohl er die Antwort bereits ahnte.
Jens Augen füllten sich mit Tränen. „Ich habe oder hatte Bauchspeicheldrüsenkrebs.", entgegnete sie.
„Oh Jen..."
Jen lachte gequält auf. „Ist schon gut. Das Medikament hat mich gerettet.", meinte sie bitter, „Meine Zellen erneuern sich nun schneller als je zuvor." Sie fuhr über ihr Handgelenk. „Das hast du ja gerade gesehen. Nichts kann mir etwas anhaben."
Sie holte rasselnd Luft. „Er hat in mich hineingeschnitten, er hat mich verbrannt, er hat mich ausgepeitscht und jedes Mal verschwanden die Wunden wieder."
Fynn streckte einen seiner Flügel aus und legte ihn sanft um Jen. selbst, wenn sie dies nicht sehen konnte, spürte Jen die wohlige Wärme, die von Fynn ausging. „Es tut mir so leid Jen."
Jen schluchzte auf. „Jetzt bin ich das, was ich nie sein wollte.", sagte sie leise, „Unsterblich."
„Das weißt du doch gar nicht.", versuchte Fynn auf sie einzureden.
Jen fuhr erneut mit dem Messer über ihr Handgelenk und sah dabei zu, wie sich die Wunde wieder verschloss. „Ach ja? Meine Zellen erneuern sich rasend schnell und sehen genau so aus wie vorher. Weißt du, was passiert, wenn man altert? Die Zellen sterben ab. Es ist ähnlich wie bei einer Wunde. Es sterben Zellen ab und es bilden sich neue. Ich werde nicht altern Fynn."
Fynn fuhr sich durch die Haare, dann hellte sich sein Gesicht auf. „Derjenige, der dir das angetan hat, kann es vielleicht auch rückgängig machen.", sagte er.
„Aber wir wissen nicht, wer es war.", warf Jen traurig ein.
Fynn schüttelte den Kopf. „Das stimmt nicht. Ich habe einen Verdacht. Wir haben uns bei der Suche nach dir näher mit dieser GmbH beschäftigt und haben dabei herausgefunden, dass diese ein Zulieferer für Picket Medicine ist. Die GmbH fängt Wesen und leitet einige Körperteile an Picket Medicine weiter, wo sie zu Medikamenten verarbeitet werden. Und jetzt wissen wir auch wofür. Für ein Krebsmedikament. Jen, wir wissen, was die wollen. Das müssen wir den anderen erzählen!"
Er wollte aufspringen, doch Jen hielt ihn am Arm fest. „Bitte.", flehte sie, „Erzähle es nicht Medusa. Sie darf nichts von dem hier erfahren. Sie würde es nicht verstehen."
„Sie macht sich Sorgen um dich. Sie versteht dich besser als sonst irgendjemand. Du solltest nichts vor ihr verheimlichen.", meinte Fynn.
„Ja, sie kennt mich besser als sonst jemand und trotzdem wird die mein Problem nicht verstehen. Bitte Fynn, versprich es mir einfach, in Ordnung? Wenn es soweit ist, werde ich es ihr selbst sagen."

Medusa 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt