KAPITULL GJASHTE

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Leonita Gashi

„Vergiss es".

Die Worte sind so ernüchternd, wie als hätte mir Rineah eiskaltes Wasser über den Kopf gekippt. Es ähnelt beinah einer harten, erbarmungslosen Ohrfeige diese Worte ausgerechnet von meiner besten Freundin zuhören. Das schlimmste in diesem Moment, sind jedoch wohl die Blicke mit dem mich meine Freunde betrachten. Mitleid. Ich kann nichts anderes als Mitleid in ihren Augen entdecken. Das so zu sehen, zu sehen wie sie mich sehen, gleicht einer weiteren, harten Ohrfeige, die ein gewaltiges Ziehen hinterlässt.

Ich fühle wie mir ganz warm wird, als hätte der Schlag eine brennende Hitze auf mir hinterlassen, die ruckartig unter meine Haut kriecht und in mein Inneres schleicht.

„Ihr wollt dahin oder? Ihr wollt da ohne mich hin, stimmts?"

Bei der Leere in meiner Stimme, wäre ich fast selbst zusammengezuckt.

„Leonita, wir wissen wie gerne du dort wärst und Adrin getroffen hättest. Deshalb wird keine von uns gehen, keine Sorge. Wir bleiben alle zusammen, den ganzen Abend, versprochen."

Bei Amalias aufmunternden Worten, kann ich nicht anders als den Blick abzuwenden und den Boden anzustarren, so als hätte er gerade mit mir gesprochen. Anders als erhofft, lösen ihre Worte nichts als Dumpfheit und irgendwie übelsten Zorn in mir aus.

„Nein. Vergisst es. Geht ohne mich. Ich bin doch sowieso immer nur der Klotz am Bein, der euch den Spaß verbietet." Die Worte sind hart, harsch und alles andere als fair. Sie sind eigensinnig, sie sind nichts als egoistisch. Aber ich kann nicht anders als sie laut auszusprechen. Ich bin viel zu verletzt von der Tatsache, niemals ein richtiges Teenagerleben gelebt zu haben und als Jemand zu sterben, der sein ganzes Leben lang nie wirklich gelebt hat.

Bevor meine Freunde mich davon abhalten können, verschwinde ich schnell aus dem Trakt und mache mich auf den Weg in mein eigenes Zimmer. Auf dem Flur schlinge ich meine Arme fest um meinen Körper und laufe mit gesenktem Kopf und schnellen Schritten durch die Trakte. In mir bahnt sich etwas feuriges an und die Angst jeden Moment zusammen brechen zu können, spornt mich an immer schneller zu laufen, bis ich fast renne.

Ich kann einfach nicht glauben, dass sie immer noch darauf beharren mich beschützen zu wollen. Vor der Welt, vor dem Schmerz, vor mir selbst. Es ist nicht so, als wenn ich sie nicht verstanden hätte. Sie sind meine Familie, sie wollen nicht, dass ich verletzt werde oder gar sterben werde. Aber dass ich sterben werde, dass mein Tod unausweichlich ist, scheine bisher nur ich begriffen zu haben und es kotzt mich total an, dass ich den letzten Rest meines Lebens, nicht einmal so verbringen kann wie ich will. Überall hocken Babysitter rum, wie Onkel Jeton, Direktor Gaxha, meine Freundinnen oder eben meine eigenen Eltern, die mich ständig versuchen zu überwachen.

Jeder denkt das größte Problem in meinem Leben, wäre ich selbst. Dass ich mir selbst weh tun könnte, ist die größte Angst. Und dabei versteht Niemand, dass meine größte Angst mein Körper ist. Ich habe Angst davor, dass mein Herz einfach nicht mehr mitmachen will, dass es plötzlich stehen bleibt und mir ein Adieu erzwungen wird.

Ernsthaft wer will schon mit neunzehn sterben und dann auch noch tausende von Mitleidbekundungen am Strab erhalten, weil meine ach so schlimme Krankheit, mich letztendlich bewältigt hat?

Ich will nicht so sterben, will mich nicht aufgeben und vor mich hin verotten, so als gäbe es keine andere Wahl, als mich wie eine Prinzessin in ein Schloss zu sperren.

Laut stöhne ich auf und schlage die Tür hinter mir zu. Ich lehne meinen Körper gegen die dicke Holztür und schließe meine Augen. Meine Hände fassen wie betäubt in mein Haar, vergraben sich daran und ziehen fest an den Strähnen. Zitternd rutsche ich das Holz hinunter und als ich auf den Boden aufkomme, fließen mir schon unzählige Tränen über die Wange, während ich den Kopf auf die Knie ablege und spüre wie der Damm in mir ausbricht.

The bad guy and his rich JulietWo Geschichten leben. Entdecke jetzt