KAPITULL KATER

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Leonita Gashi

„Onkel Jeton, ich muss wirklich nicht ins Krankenhaus. Mir gehts gut."

„Gut? Dich hat ein fremder Mann gerade bewusstlos ins Krankenzimmer getragen. Was hattest du bei ihm zu suchen? Wenn dein Vater-"

Oh nein. Nicht diese Leier schon wieder. Während mein Onkel bereits beginnt mir einen Vortrag darüber vor zu leiern, dass mein Vater wohl ausrasten würde, wenn er davon erfährt was passiert ist, kann ich nicht anders als ihn einfach zu ignorieren. Die Worte wehen an mir vorbei, ohne dass ich sie richtig wahrnehme. Zwischendurch entnehme ich nur ein paar Wortfetzen, wobei oft das Wort Mann und Katastrophe fällt.

„Kann ich jetzt gehen?"

Jetons Blick wechselt von fast wütend zu total aufgebracht und er fährt sich beinah schon aggressiv durch das dunkle Haar. Dann kneift er die Augen zu kleinen Schlitzen zusammen und presst die Luft angestrengt durch seine Lippen.

„Das ist kein Spiel, Nita. Ich verstehe, dass du Angst hast vor dem was möglicherweise passieren wird. Aber-".

Ich falle meinem Onkel ins Wort und unterbreche ihn harsch, auch wenn es respektlos wirkt. Ich kann es einfach nicht abhaben, dass er versucht so ruhig auf mich einzureden, dass er versucht zu verstehen wie ich mich fühle.

Und dabei hat er keinen blassen Schimmer, Niemand hat das und Niemand kann verstehen was ich momentan durchmachen muss.

„Ich werde sterben. Was kannst du schon daran verstehen?"

Bei meinen bissigen, von Kälte durchzogenen Worten, zuckt Onkel Jeton sofort zusammen. Fassungslos starrt er mich mit offenem Mund an, scheint jedes Wort verloren zu haben, als würde sein Kopf gar nicht mehr richtig arbeiten können.

„Ich werde sterben", wispere ich nun ruhiger und muss den Kopf abwenden, weil die Art wie er mich ansieht, unangenehm und schon beinah irgendwie lächerlich ist. Er sieht mich an, als hätte er zum ersten Mal davon erfahren, dass ich krank bin. Als wäre er keiner meiner Ärzte, die schon seit Jahren versuchen mich zu retten, mich vor dem zu bewahren, was mir bevorsteht.

„Also ja geh zu meinem Vater und erzähl ihm sonst was, ist mir echt egal. Ob mich ein fremder Mann durch die Gänge schleift oder ob ich mich von einem Dach stürze. Es läuft so oder so aufs selbe hinaus."

Bitterkeit schnürrt mir die Kehle zu und ich muss fest den Kiefer aufeinander beißen und heftig blinzeln, um nicht aufzuschluchzen und in einer Tragödie zu verfallen, die sowieso unaufhaltsam ist.

„Wir werden einen Spender finden, Leonita. Du wirst nicht sterben, das lassen wir nicht zu, keiner von uns."

Jeglicher Ärger ist von Jeton abgefallen, stattdessen höre ich nichts als Entschlossenheit und beinah so etwas zerbrechliches wie Schmerz, der in seiner Stimme mitschwingt und die kühle Atmosphäre die ich geschaffen habe, in etwas anders verwandelt. Etwas, das sich tief in meine Brust drückt und mir schmerzlich wieder einmal bewusst macht, dass ich nicht weglaufen kann.

Ich weiß, dass es nicht stimmt. Ich weiß, dass wir kein Herz finden werden. Das haben wir in den letzten zwei Jahren schon nicht und die Zeit, die ich noch habe, wird immer knapper. Sie rennt mir davon, ohne dass ich sie aufhalten kann. Während die Welt sich weiter dreht, bleibt meine stehen, obwohl mir die Zeit wie Sand in den Händen zerfließt.

Ich schwinge die Beine aus dem Bett und klammere meine Hände in das warme Bettlacken, in das ich bis vor wenigen Minuten noch tief eingekuschelt war.

„Es ist schon okay. Ich bin kein Kind mehr auf das ihr Rücksicht nehmen müsst". Mit diesen Worten rappel ich mich vom Bett auf und für einen Moment wird mir kurz schwarz vor Augen. Immer noch presse ich meine Hände fest in den weichen Stoff und blinzel heftig gegen die Dunkelheit an. Die Welt bereitet mir unangenehme Bauchschmerzen und das Gefühl mich übergeben zu müssen, lässt mich hart schlucken.

The bad guy and his rich JulietWo Geschichten leben. Entdecke jetzt