KAPITULL DY

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Leonita Gashi

Ich glaube, nein ich befürchte, dass es keinen so inkompetenten Menschen auf dieser elendigen Welt gibt, der so dämlich ist wie ich. Ich will mich ja nicht selbst bemitleiden, zumindest nicht noch mehr, als ich es eh schon tue, aber um ehrlich zu sein, ist das schon ziemlich unfair.

Da probiert man sich eins, zwei, vielleicht auch sieben mal umzubringen und dann klappt es einfach kein Mal. Manchmal finden mich andere, bevor es für mich entgültig Adieu heißt und manchmal, hach ja manchmal an Tagen wie diesen, bereitet mir ein Selbstmordversuch hundeelendige Bauchschmerzen.

Wirklich, ich fühle mich als wäre es schwieriger einen Schritt nach vorne zu gehen, vielleicht auch drei, um in den Abgrund zu stürzen, als mich von dieser beschissenen Krankheit zerstören zu lassen. Und dabei weiß ich es besser. Viel besser.

Ich seufze kurz auf. Hasst mein Schicksal mich denn wirklich so sehr?

Es fühlt sich an als hätte mich ein Traktor aus dem Dorf überfahren, schön langsam und mit dem Tonnenschwerem Gewicht, das auf meiner Brust lastet. Es fühlt sich an, als hätte ich kaum noch Luft zum Atmen. Als würde die eisige Luft auf dem Dach mir mit jeder Brise den Sauerstoff rauben.

Während ich das riesige Treiben unter mir ausblende und versuche die Schreie, das brüllende Stimmgewirr auszublenden, schiele ich mit einem großen Kloß im Hals über die Kante des Daches und spüre sofort wie mir mulmig zu mute wird, wie mein Magen sich zu einem dicken Klumpen zusammen zieht.

Ich glaub, ich kotz gleich.

Mit schweißnassen Händen umklammere ich den dicken Stoff meiner Strickjacke, ziehe ihn über meine klammen Finger und presse meine Augenlider ganz fest aufeinander, so als könnte mich die Schwärze dahinter tatsächlich beschützen. Dieser Gedanke lässt mich bitter seufzen.

Es gibt keine Hoffnung mehr. Nicht für mich. Nichts und Niemand wird mich beschützen können. Selbst Gott scheint sich meiner armseligen Seele satt zu sein.

Ich balle meine Hände in dem Stoff zu Fäusten und grabe meine Nägel tief in meine Haut. Der leichte Schmerz treibt mich aus den düsteren Gedanken und ich drücke gleich fester zu, um der Finsternis komplett zu entkommen, die mich versucht einzulullen, wie eine hypnotisierende Stimme, die begehrt davon ist mich zerstören zu wollen.

Ich fixiere mich auf meine Umgebung, auf alles, das mir Ruhe und Konzentration bringen kann. Ich nehme wahr wie der Wind mir laut um die Ohren pfeift und wie mein Zopf mir gegen die Haut schlägt. Das Gefühl der kühlen, glatten Strähnen gleicht beinah einer lieblosen Berührung und ich öffne mit tiefen, ruhigen Atemzügen wieder meine Augen.

„Spring doch einfach."

Einen Atemzug lang, bleibt mein Herz einfach stehen. Nur um dann doppelt so schnell zu schlagen und ja ich hätte wetten können, dass er das Schlagen meines Herzens hätte hören können, wäre er mir nah genug gewesen.

Die Stimme hinter mir lässt mich augenblicklich zusammenzucken, ich schrecke total auf, weil ich mit allem anderen gerechnet hätte, aber nicht damit, dass sich tatsächlich Jemand auf das Dach schleichen würde, um mit mir zu reden.

Aber noch weniger hätte ich mit einer Aufforderung für den Tod gerechnet. Beinah hätte ich laut aufgelacht, im Glauben daran hinter würde der Teufel lauern, um mich in den Tod zu stürzen. Aber dann erinnere ich mich daran, dass der Teufel in meinem Kopf herrscht und er keine wahrhaftige Stimme besitzt.

Nein, ich weiß, dass es ein Student ist. Dieser eine Student.

Ich muss mich nicht umdrehen, um zu wissen wer vor mir steht. Ich würde seine tiefe, ruhige und von Herablassung triefende Stimme auch aus einem Meer aus Melodien wahrnehmen. Ich würde ihn überall und immer erkennen.

The bad guy and his rich JulietWo Geschichten leben. Entdecke jetzt