Lyn schnaubte, verkniff sich doch jeden Kommentar. Stattdessen machte sie alles für den Start bereit, und die Trust bebte leicht beim Abstoß vom rauen Boden.
"Wer war der Kerl?", fragte sie schließlich, als einige Minuten lang unangenehme Stille herrschte."Piratenabschaum", zischte die Söldnerin hasserfüllt. Lyn zuckte etwas zusammen - sie hatte diesen Tonfall schon oft gehört. Wenn ein Wesen so sprach, war es etwas Persönliches. Und persönliche Streitigkeiten waren es, die Missionen ruinieren konnten, wenn man nicht aufpasste.
Langsam nickte sie. "Hast du ihn ... ausgeschaltet?", druckste sie herum. Umgebracht?, hatte sie eigentlich fragen wollen, doch schien ihr dieser Begriff zu unprofessionell.Cyris sagte nichts, schüttelte allerdings leicht den Kopf. Bei jemand anderem hätte die Geste vielleicht enttäuscht ausgesehen, doch schien der Söldnerin eine solche Wut innezuwohnen, dass die Bewegung eher frustriert wirkte.
Mittlerweile glaubte Lyn, zu verstehen, was sie an dem Auftreten der jungen Frau so seltsam fand. Mirialaner trugen stets eine Kopfbedeckung - es gehörte zu ihrer Kultur wie das Beskar zu den Mandalorianern. Diese hier dagegen trug die schwarzen, langen Haare offen. Und nicht nur das: Lyn kannte einige Mirialaner, und sie war schon oft genug auf Mirial gewesen, dem Heimatplaneten des Volkes mit der grüngelblichen Hautfarbe.
Nur hatte sie noch nie eine Mirialanerin mit roter Haut gesehen. Natürlich hieß das nicht allzu viel, schließlich kannte Lyn längst nicht jeden Winkel dieser Galaxis, doch wenn die Söldnerin nicht wie eine typische Frau ihres Volkes großgezogen wurde, erklärte das auch, warum sie ihre Haare nicht bedeckte.
Ein Krachen ertönte, und der Boden des Schiffs erbebte, während sie die Atmosphäre verließen.
"Keine Sorge, das passiert manchmal", murmelte Lyn zähneknirschend, während R3 ein hämisches Tuten von sich gab. Sie schnaubte empört. "Mein Schiff ist doch kein Schrotthaufen!"Ein erneutes Krachen ertönte, auf ihrem Schaltpult blinkten einige Lämpchen rot auf. "Wir wurden von irgendetwas getroffen. Kümmer dich drum!", rief sie dem Droiden zu. Hektisch suchte sie die Umgebungsscans ab. Nichts.
"War bestimmt nur ein kleiner Asteroid, den das Vibrationsschild durchgelassen hat", sagte sie, immer noch mehr zu sich selbst.Ein Ruck ging durch das Schiff, der sie beinahe aus ihrem Sitz heben und R3 über den Boden schlittern ließ. Cyris neben ihr blieb sitzen, jedoch auch sie spannte sich deutlich an und reckte leicht den Hals, um etwas von dem zu erkennen, was dort passierte. Ein roter Laser schoss an ihnen vorbei.
"Skrog!", fluchte Lyn leise und deaktivierte mit einigen schnellen Bewegungen den Autopiloten, um selbst das Steuer in die Hand zu nehmen. "Die Umgebungssensoren müssen defekt sein - ich habe hier nichts auf dem Radar ... R3, reparier das!" Sie achtete nicht weiter darauf, ob der Droide wirklich das tat, was sie ihm befohlen hatte, stattdessen riss sie das Steuer herum und legte eine 90 Grad-Wendung ein, um einen Blick auf ihren Verfolger zu werfen.
Ein typisches Piratenschiff, länglich und eher für schnelle Überfälle geeignet als richtige Kämpfe, hatte sich mit großem Abstand an die Trust geheftet und holte rasant auf. Schnell riss sie das Steuer erneut herum, erneut um 90 Grad, um weniger Angriffsfläche zu bieten. Sie fuhren nun genau auf den Piraten zu. Rote Laser prallten an den Protektoren des Schiffs ab wie Tropfen an einer Fensterscheibe. Ein erneutes Beben, Funken sprühten.
R3 piepte aufgebracht, während Lyn suchend umherblickte. Dann verstand sie.
"Der verfluchte Pirat schneidet uns den Weg ab!", rief sie. Er platzierte sein Schiff so, dass sie nicht mehr in die schmale Passage durch das Asteroidenfeld kamen, ohne so nah an ihm vorbeizufliegen, dass er sie problemlos entern konnte.
Die Söldnerin neben ihr atmete zischend aus, ehe sie sich von ihrem Sitz erhob, die Hand auf ihrem Blaster."Dann ist es wohl Zeit für eine Revanche", sagte sie, die Stimme mechanisch verzerrt. Lyn jedoch bedeutete ihr, innezuhalten. Als Cyris nicht auf sie hörte und weiterhin das Cockpit verlassen wollte - vermutlich, um zu dem Sternenjäger auf der Rückseite des Schiffs zu gelangen - fuhr R3 quietschend in ihren Weg. Sie hob den Blaster. "Geh mir aus dem Weg, Droide."
Lyn stand auf, die Hand an ihrem Blaster, bereit, zuzupacken. "Pack die Pistole weg, Cyris", meinte sie beschwichtigend, aus Angst, der Blaster würde als nächstes auf sie selbst zeigen.
Cyris schnaubte abwertend. "Du hast keinen besseren Plan, Mädchen, also hör' auf, mich bei meinem zu behindern. Ansonsten kann ich das Verhindern von Kollateralschäden nicht garantieren." Damit kickte sie den wütend piepsenden R3 beiseite und bahnte sich den Weg aus dem Cockpit. Lyn war sich durchaus der Tatsache bewusst, dass sie die kampferprobte Söldnerin nicht im Zweikampf besiegen könnte - stattdessen beeilte sie sich, wieder hinter dem Steuerpult zu sitzen und riss das Lenkrad ruckartig herum, sodass Cyris der Boden unter den Füßen weggerissen wurde und sie kurz das Gleichgewicht verlor.
"Du unterschätzt mich - ich habe nämlich einen Plan", rief die Pilotin ihr zu, ehe sie das Schiff weg von der sicheren Passage und dem Piratenschiff manövrierte. Sie hörte einen unterdrückten, wütenden Aufschrei, ehe Cyris wieder neben ihr stand und Lyn etwas Kühles an ihrer Schläfe spürte.
"Du wirst das verdammte Schiff jetzt umdrehen, hast du verstanden? Es ist mir egal, ob du draufgehst, aber ich werde nicht zulassen, dass du meinen Auftrag vermasselst", zischte die mechanische Stimme neben ihrem Ohr.
Lyn biss die Zähne aufeinander und schüttelte den Kopf - sie wusste nicht, woher ihr plötzlicher Mut kam, doch sich dem Piratenschiff zu stellen wäre purer Wahnsinn. Also erwiderte sie leise: "Du wirst mich nicht töten. Du brauchst mich, um aus dieser höllischen Atmosphäre wieder rauszukommen, denn wenn du versuchst, mit der Trust gegen den Piraten anzukommen, bringst du dich um."
"Und du bevorzugst also den Tod eines Feiglings? Das langsame Ersticken in diesem Schiff, weil die Asteroiden im Feld dort drüben die Lebenserhaltung zerstören werden?", fragte die Mirialanerin höhnisch.
"Nein", entgegnete Lyn mit einer Selbstsicherheit, die sie sich selbst nicht zugetraut hätte, "weil ich uns lebend durch dieses Asteroidenfeld bringen werde." Hoffte sie zumindest, denn wenn sie ihre Fähigkeiten überschätzte, würde sie sich und die Söldnerin neben ihr in ein grausames Grab befördern.
Sie spürte, wie die Kälte an ihrer Schläfe wieder verschwand und sah zur Seite. Cyris hatte den Blaster weggesteckt.
Erleichtert atmete sie aus, ihr Herzschlag klang in ihren Ohren nach. Warum hatte Cyris so schnell nachgegeben?
Sie richtete ihren Blick wieder auf das Asteroidenfeld, das vor ihr immer größer wurde, und begriff dasselbe, was auch Cyris gerade klar geworden war: Sie konnten nicht mehr gefahrlos umdrehen. Egal, was sie jetzt taten, es lag allein unter Lyns Kontrolle.Sie atmete tief ein und aus, ehe sie erneut das Steuer mit beiden Händen packte.
"R3, hast du die Umgebungssensoren funktionstüchtig bekommen?", rief sie dem Droiden zu, der sich gerade wieder mit dem Boardcomputer verband, nachdem Cyris ihn so unsanft weggestoßen hatte. Ein bedrücktes Piepen ertönte und ein leichtes Beben ging durch das Schiff, als sie in das Asteroidenfeld eintraten.
"Dann eben ohne", murmelte Lyn.Wie in Trance steuerte sie das Schiff geradeaus, während sie immer wieder plötzlich von der Seite auftauchenden Trümmerteilen und Gesteinsbrocken auswich. Immer häufiger wurde das Schiff von Beben erschüttert, wenn kleinere Asteroiden an ihnen vorbeischrammten, doch obwohl Lyn nicht sah, wenn sich einer der großen Bruchstücke mit rasender Geschwindigkeit der Trust näherte - sie fühlte es. Und es war ein berauschendes Gefühl, wenn das Adrenalin durch ihre Adern schoss und sie das Steuer innerhalb von Sekundenbruchteilen herumriss, während sie das Asteroidenfeld nach und nach durchquerte.
Die Zeit hielt für sie an, und erst, als sie auch den letzten Kilometer des Feldes hinter sich gelassen hatte und R3 anwies, die Hyperraumroute nach Ord Mantell zu berechnen, liefen die Sekunden wieder weiter. Panik überkam sie - sie war töricht gewesen. Sie hätten Cyris' Plan umsetzen müssen.
Der Preis, den sie für diese waghalsige Flucht bezahlt hatte, war hoch, vielleicht zu hoch. Doch wäre der Tod die bessere Alternative gewesen?Noch während die zwei Seiten in ihr um die Oberhand kämpften und sie den Hyperantrieb startete, bemerkte sie, dass Cyris sie von der Seite musterte, als würde sie Lyn zum ersten Mal wirklich bemerken.
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Star Wars || Shadows
Fanfiction"Sage Myrellian ist auf diesem Piratenschiff gestorben. Zurückgeblieben bist du, meine junge Schülerin. Cyris." || Enthält voraussichtlich Staffel 1 & 2. Spin off zu Star Wars: The Clone Wars || ᴅᴀʀᴛʜ ᴍᴀᴜʟ ɪsᴛ ғᴏʀᴛ, ɢᴇᴛöᴛᴇᴛ ᴠᴏɴ ᴏʙɪ-ᴡᴀɴ ᴋᴇɴᴏʙɪ. Ode...