Wunder Punkt

122 7 3
                                    

SAMU: Für mich war der Auftritt die reinste Katastrophe. Ich hatte keinen Spaß, konnte den Fans nicht geben, was sie wollten und wofür sie bezahlt hatten, und enttäuschte damit vor allem mich selbst. Schnell zog ich mich danach um und wollte nach draußen verschwinden, doch Riku hielt mich fest. „Hapa, warte", sah er mich bittend an. Seufzend blieb ich stehen und wartete bis er fertig war, nur um dann immer noch eilig den Raum zu verlassen. Riku kam mir hinterher. Seine Hand legte sich um meine und verschränkte unsere Finger. „Ich verlass dich nicht wegen so einem Idioten, das weißt du, oder?", meinte er. Ich nickte traurig und drückte seine Hand. „Weiß ich. Aber in Momenten wie gestern lässt meine Angst mich anders denken", murmelte ich und schielte zu ihm. Ich wollte einfach nur bei ihm sein und ihn nie wieder loslassen. „Keiner der Jungs fand es gut, was Mikko gesagt hat, sie stehen alle hinter dir, hinter uns", sagte Riku. Wieder brachte ich nur ein Nicken zustande. Riku zog mich in den Tourbus, die Treppe rauf zu den Kojen. „Willst du mir sagen, was dich so sehr beschäftigt?", fragte er, während wir uns setzten. „Als ob es dich nicht beschäftigt", schnaubte ich. „Doch, sehr sogar, aber", setzte Riku an. Seine blaugrauen Augen sahen in meine. „Aber du hattest vorher schonmal, du weißt schon, ... mit einem Mann. Ich nicht und halt auch noch nie so richtig", meinte er stammelnd. Ich seufzte. „Versteh das bitte nicht falsch, ich liebe dich wirklich und ich würde mir nichts mehr wünschen, als dass wir mal richtig ... zusammen schlafen. Und verdammt, natürlich ist das Sex und widerlich schon gar nicht. Eher das genaue Gegenteil", fügte er leiser werdend hinzu, seine Augen lagen weiterhin warm auf mir. Ich presste die Lippen aufeinander. „Ich hatte noch nie was mit einer Frau", murmelte ich, den Blick gesenkt. „Scheiße", knurrte Riku. „Ich könnte Mikko umbringen!" Seine Hände griffen nach meinen. Tränen schillerten in meinen Augen, als ich wieder aufschaute. „Ich liebe dich", flüsterte Riku und beugte sich zu mir vor, um seine Lippen auf meine zu legen. Sanft küsste er mich. Die Tränen in meinen Augen kullerten langsam über meine Wangen. Riku löste sich und strich sie liebevoll weg, um dann durch meine Haare zu streichen. „Ich dich auch", hauchte ich. Ein Poltern von unten ließ uns auseinander schrecken. „Ach, hier seid ihr", kam Raul herein. „Habt ihr Lust die Stunde bevor es weiter geht, mit mir durch die Stadt zu gehen?", fragte er. Wir sahen uns an, zuckten mit den Schultern, nickten dann aber. SAMI: Raul verließ mit Samu und Riku den Bus. Ich wartete etwas, atmete tief durch und ging zu Mikko, der in der Sitzecke saß. „Hör mal, meinst du nicht, dass du Menschen mit solchen Aussagen ziemlich verletzen kannst?", fragte ich und setzte mich ihm gegenüber hin. Mikko schaute mit hochgezogenen Augenbrauen auf. „Lässt du deine Freunde wegen so einem Schieß im Stich?", hakte ich weiter nach. „Samu ist abgehauen, nicht ich", schnaubte Mikko. Ich seufzte. „Mikko, wo ist mein Freund, der Manager, mit dem man über alles reden kann, hin?", sah ich ihn verzweifelt an. Mikko senkte den Blick und schwieg. „Wie würdest du dich fühlen, wenn ich sage, dass du und deine Frau nicht wirklich verheiratet sein könnt, dass eure Kinder doch gar nicht eure sein können", sagte ich. „Scheiße, das war doch gar nicht gegen Samu gerichtet", schniefte Mikko auf. Es war das erste Mal, dass ich ihn seine Gefühle so offen zeigen sah. „Gegen wen dann?", fragte ich schnaubend. Klar, es war nicht direkt an Samu gerichtet, wie auch wenn er nichts davon wusste, dass er wohlmöglich eher auf Männer stand, aber es war klar gegen Schwule gerichtet. „Mein damals bester Freund meinte, er sei schwul, nur um mir klammheimlich meine Verlobte auszuspannen. Ja, ich bin mittlerweile glücklich verheiratet, aber ich kann es einfach nicht vergessen. Der Film hat einen wunden Punkt getroffen, der bei mir die Sicherungen durchknallen lassen hat", erklärte Mikko mit zusammengebissenen Zähnen. Ich schluckte. Das klang hart, dennoch ging sein Verhalten gar nicht. „Du hättest dich trotzdem entschuldigen können, Samu ist dein Freund, ein richtiger Freund", meinte ich leise. „Ja", seufzte Mikko. RIKU: Als wir wiederkamen, saßen Sami und Mikko am Tisch und unterhielten sich. Mikko hob den Kopf. „Könnt ihr euch setzen?", bat er uns. Vor allem Samu zögerte, ließ sich aber schließlich neben mich fallen. „Wo ist Jukka?", fragte Raul. „Hier", tauchte der Blondschopf von oben auf. „Also", setzte Mikko an. „Ich möchte mich bei euch für mein Verhalten gestern entschuldigen. Es war mehr als respektlos und absolut nicht in Ordnung." Sein Blick war vor allem auf Samu gerichtet, als er erzählte, weshalb er so reagiert hatte. Danach sagte keiner ein Wort. „Es tut mir leid, ich habe nichts dagegen, wenn irgendwer auf Männer steht", wiederholte Mikko. In seinen Augen glänzten Tränen, während er aufstand und nach draußen ging. Weil sich immer noch keiner rührte, stand ich auf und folgte ihm.

If You Love Somebody Like MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt