Streitigkeiten

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Das Haus hatte sich verändert. Der Saal mit dem Tor war verschwunden, über der Treppe gab es keine Türen mehr. Ich war wieder in dem großen Saal und stand vor dem Gemälde. Ich musste etwas übersehen haben. Aber was? John war ein kleines, unheimliches Kind im Hintergrund. Doch dann wuchs er langsam auf dem Bild, bis ein blasser Mann mit glasigen Augen und dunklen Augenringen erschien. Er sah mich bedrohlich an und flüsterte: "Wenn du noch einmal in die Versuchung kommst Ally etwas anzutun, wird es deinen Freunden schlecht ergehen." Dann verschwand das Bild, die Wand, die Farbe vor meinen Augen. Alles war in ein leeres Schwarz getaucht, tief darin konnte ich eine Stimme hören. "Wie wirst du entscheiden? Freunde oder Freiheit? Wähle gut, das Schicksal lässt dich nur einmal wählen." Irgendwo tauchte Ally's Gesicht in der Leere auf, die diese Worte immer wieder sagte. Sie brannten sich in meinen Kopf, genau wie die Schwärze.
Ich wurde wach, da jemand an meiner Schulter rüttelte. Vor mir tauchte Ardy's Gesicht auf. "Wir haben Wasser gefunden. Du musst was trinken, dann geht es dir besser." Ich nickte nur, da ich immer noch erschöpft war. Er gab mir eine Flasche, die ich erstmal skeptisch betrachtete. Wo hatten sie die Flasche gefunden? Naja, mir sollte es egal sein. Langsam öffnete ich sie und trank sie komplett leer. Ich spürte wie sich mein Bauch füllte und die Müdigkeit langsam verschwand. Ich fühlte mich gleich besser. "Und? Hat's geholfen?", wollte Meli wissen, die sich gerade neben mich hockte. Ich nickte wieder. "Danke." "Kein Problem.", sagten sie gleichzeitig und lächelten. Langsam versuchte ich aufzustehen, was mir auch gelang. Trotzdem stützte ich mich lieber noch an der Wand ab. "Ich hatte...wieder einen Traum.", erzählte ich. "Was ist passiert?", fragte Ardy. Ich schilderte ihnen meinen Traum und erwartete Verwirrtheit, die ich auch bekam. "Sie haben das wiederholt, was sie schonmal zu mir gesagt haben. Als würden sie mir drohen oder so. Das heißt, das wir hier erstmal nicht so schnell rauskommen werden.", sagte ich so leise wie möglich. Die beiden hatten es trotzdem gehört. "Und was...sollen wir jetzt machen?", fragte Meli. Gute Frage. "Das kann ich dir nicht sagen. Wir können nur hoffen, das wir hier überhaupt noch rauskommen.", seufzte ich. "Also langsam wirst du ziemlich pessimistisch!", sagte Ardy genervt. Ich zuckte mit den Schultern. "Wieso sollte ich in einer solchen Situation auch optimistisch sein? Wir wären fast gestorben!" Langsam verdunkelte sich sein Gesicht. Hatte ich was falsches gesagt? Es war doch nur die Wahrheit! "Genau deswegen sollten wir lieber der Meinung bleiben, das alles wieder gut wird! Also hör auf rumzujammern und sieh es positiv." Hatte er das gerade wirklich gesagt? "Ist das grad dein Ernst? Ich glaube ich bin hier die letzte, die rumjammert! Ich habe mich wenigstens gegen das Schicksal gewehrt! Aber hier gibt es nunmal nichts, das man positiv sehen könnte!" Ich wurde immer lauter, da ich echt sauer war. Wie konnte er nur behaupten das ausgerechnet ich rumheulte? "Ich hab's verstanden! Dann find ich halt allein einen Weg hier raus!", schrie er und schmiss den Stuhl, der unter der Türklinke stand, in die Ecke und verließ den Raum. "Ardy!", schrie ich noch, doch er antwortete nicht. Geschockt sah ich zu Melanie. "Hinterher!", rief sie nur, dann gingen wir ebenfalls in den Flur. Doch es war schon zu spät.

Asylum (YouTube ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt