Sofort drehte ich mich zu der Stelle, an der ich eine Präsens gespürt hatte. Doch da war nichts. Nur ein Kleiderschrank an der Wand. "Was ist, Lisa? Komm schon raus da!", rief Meli und fuchtelte nervös mit den Händen in der Luft herum. Na klasse, jetzt hatte ich auch noch Halluzinationen. Schnell kletterte ich wieder durch das Loch in der Wand und klapperte glücklich mit dem Schlüssel in meiner Hand. "Er hat die passende Größe. Jetzt kommen wir hier raus!", rief ich und hüpfte durch den Gang. Ich spürte wie mir eine tonnenschwere Last vom Körper fiel. Ich spürte bereits frische Kleidung an meinem Leib, sauberes Wasser und warmes Essen in meiner Kehle, und mein warmes Bett zu Hause. "Freut euch nicht zu früh. Vielleicht passt der Schlüssel gar nicht in das Schloss.", murmelte Ardy und starrte auf meine Hand. Sofort spürte ich einen Kloß in meinem Hals. "Was redest du da? Sei doch einfach optimistisch! Ich bin mir ziemlich sicher, das es der Schlüssel für das Tor ist. Also los!" Schnell gab ich ihm einen Kuss auf die Wange, doch er reagierte nicht. Ein bisschen enttäuscht zog ich ihn und Meli hinter mir her, zurück zum Eingangssaal. Endlich kamen wir am großen Tor an und sahen uns gespannt an. Mit zitternden Fingern steckte ich den goldenen Schlüssel in das Loch, und drehte. Doch es rührte sich nichts. Panisch sah ich zu Melanie. "Dreh weiter!", sagte sie zitternd. Ich rüttelte an dem Schlüssel und drehte so gut es ging, doch die Tür wollte nicht aufgehen. Wieder stiegen die Tränen in meine Augen, doch ich schluckte sie herunter. Das konnte doch nicht wahr sein! Verzweifelt trat ich gegen de Stahltür und schrie aggressiv auf, doch mein Schrei erstickte durch meinen trockenen Hals. Ardy strich mir liebevoll über den Rücken. "Deshalb solltet ihr euch nicht zu früh freuen.", sagte er so leise, das ich es fast nicht verstanden hätte. Enttäuscht drückte ich mich an seinen Oberkörper und krallte meine Hände in seine Schultern. Er legte erst die Arme um mich, machte dann aber noch Platz für Melanie. Wir standen sicher zehn Minuten so da, bis wir ein hysterisches Lachen an der Treppe hörten. Für einen Moment setzte mein Herz aus, doch ich erkannte dieses kranke Lachen sofort. Geschockt fielen unsere Blicke hoch zur Treppe, wo sie sich grinsend an Geländer ab. Ally hatte zerzaustes Haar, einen Blick eines Killers und den Mund eines Psychopaten. Komischerweise trug sie nun ein langes, blütenweißes Kleid, das komplett bis zum Boden ging und mit rotschwarzen Blutflecken bedeckt waren. In der einen Hand hielt sie ihren mit Blut befleckten Dolch, im Gesicht hatte sie einen großen Kratzer. "Dachtet ihr wirklich, das ihr den Schlüssel findet? Das ist ziemlich amüsant!" Und wieder folgte dieses Gelächter, während sie die Treppe herunterkam. Mein Magen drehte sich um, ich spürte ihr gegenüber nur noch völligen Hass. Sie wusste es. Sie wusste, wo der Schlüssel war und wie wir hier rauskamen, doch sie tat so als ob sie ihn selbst seit Jahren suchte. In meinen Augen war sie nur noch eine kranke Frau, die das alles hier geplant hatte. Vielleicht war sie Kannibalin und ließ uns nach und nach verrecken. So wie Taddl. Wer weiß, vielleicht hatte sie seinen Körper auch schon in der Heut wo sie verschwunden war genommen und gegessen. Darum hatte sie letztens auch keinen Hunger. Darum sollten wir seinen Körper ganz allein im Garten liegen lassen. Auf einmal wurde mir alles klar, auch wenn dann immer noch Fragen offen standen. Sie war schon längst bei uns unten angekommen, wir starrten uns hasserfüllt in die verblassten Augen. Sie wusste das ich sie durchschaut hatte. Zum Glück hatte ich das eine Messer von ihr heimlich behalten. Denn jetzt würde ich es zum ersten Mal klug einsetzen.
DU LIEST GERADE
Asylum (YouTube ff)
Hayran KurguArdy, Taddl, Lisa und Melanie sind beste Freunde. Sie interessierten sich schon immer für Horror, egal ob Film oder Geschichte. Doch eines Tages betraten sie ein Haus...der größte Fehler ihres Lebens.