Finale

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"Grace hat deine Freunde aber nicht getötet!", schrie er mich verweifelt an. "Natürlich hat sie das! Sie hat es doch gerade zugegeben! Sie ist ein Psycho!", rief ich mit erstickter Stimme. Daraufhin antwortete John aber nicht, sondern stand einfach seufzend auf. Plötzlich sagte er: "Ich denke, wir sollten aufhören, Peter." Verwirrt sah ich ihn an. Auf einmal gingen im Raum die Lichter an, merkwürdige Geräusche ertönten. Grace stand ebenfalls auf und klopfte ihr Kleid zurecht. "Also ehrlich. Ich bekomme viel zu wenig Geld für diesen Job. Ich bin immerhin fast gestorben!" Was lief hier bitte falsch? War ich im falschen Film? "Was ist hier los? Was redet ihr für einen Mist?", zischte ich aufgebracht. Plötzlich klatschte hinter mir jemand in die Hände und rief: "Also gut Leute, wir machen Pause." Es war ein älterer Mann mit Glatze und Brille. Er hatte einen neutralen Blick auf seinem Gesicht, als die beiden den Raum verließen und er auf mich zukam. Geschockt stand ich auf und ging ein paar Schritte zurück, als zwei weitere Männer den Raum betraten. Doch diese beachteten uns nicht, sondern hantierten an den Wänden herum. "Hallo, Lisa. Mein Name ist Peter Cheffert, Regisseur und Produzent von 'Horror Productions'. Es wird wohl langsam Zeit, dich einzuweihen." Dabei streckte er seine große Hand aus, die ich aber nicht annahm. "Was wird hier gespielt?", fragte ich kalt und starrte den gruseligen Mann vor mir an. Seine Miene veränderte sich nicht. "Das erkläre ich dir am Besten unten.", schlug er vor und gab mir ein Zeichen, das wir den Raum verlassen sollten. Widerwillig folgte ich dem Typen durch den Flur, bis zur Treppe und in den großen Saal. Was mir aufgefallen war, überall waren nun Lichter an und auch der verwesene Geruch war verflogen. An jeder Ecke standen entweder Männer oder Frauen, die Kameras abbauten und Linsen aus den Wänden nahmen. Als wir die Treppe herunter gingen, standen drei Personen an der Treppe. Meine Freunde. Geschockt die drei zu sehen, aber auch froh das es ihnen gut ging, rannte ich zu ihnen und umarmte sie. Ein paar Tränen flossen meine Wangen herunter, als ich rief: "Ich bin so froh, das es euch gut geht!" Verwundert schoben sie mich weg von ihnen, was mich schockiert zusammenzucken ließ. "Was ist los, Lisa? Du wusstest doch, das wir nicht wirklich tot sind. Warum weinst du?" Meine Augen weiteten sich, mein Körper zitterte. "Ich...ich wusste gar nichts! Was meinst du?", schrie ich unter Tränen. Andy nahm mich verwirrt in den Arm, als er diesen Peter fragte: "Was meint Lisa damit? Sagten Sie nicht, das alle eingeweiht wurden?" Worum ging es hier? Meine Nerven lagen blank, ich kam nicht mehr mit. "Tut mir leid das sagen zu müssen, aber Lisa war die Einzige, die nichts davon wusste." "Wie bitte?", rief Melanie wütend. "Ist das Ihr beschissener Ernst? Sie dachte die ganze Zeit, dass das hier echt war?", keifte Taddl ihn an. "Könntet ihr mir bitte sagen, was hier läuft? Ich will das alles nicht mehr!", schluchzte ich laut, woraufhin mir Ardy über den Kopf strich. "Natürlich.", sagte Peter und räusperte sich. "Alles, was hier vorgefallen ist, war nur Show für unseren Film. Alle hier sind ausgebildete Schauspieler, die wirklich gute Arbeit geleistet haben. Mit den besten Spezialeffekten war es uns möglich, ein waschechtes Horrorhaus aus dieser Exklinik zu machen. Alle waren eingeweiht, bis auf dich. Doch das hatte seinen Grund. Da du die Hauptdarstellerin sein solltest, dachte ich das es sicher viel echter wirken würde, wenn du denken würdest, das alles hier würde tatsächlich passieren. Und wie sich herausstellte hat sich diese Idee ziemlich gut verkauft. Glückwunsch." In diesem Moment stellte sich ein Schalter in meinem Kopf um. Sollte das etwa bedeuten, das die letzten Tage eine Lüge waren? Das ich als einzige leiden musste, nur weil die anderen dachten, ich wüsste Bescheid? Und das schlimmste daran: Das alles, diese schrecklichen Gefühle, mein Hunger, mein Durst, mein fehlender Schlaf, alles nur für einen Film? Einen beschissenen Film, mit mir als Hauptrolle? In diesem Moment hatte ich wirklich den Glauben an die Welt verloren. Ich wollte einfach nur sterben. Aber dann kam ein noch stärkeres Gefühl auf, vor dem ich riesige Angst hatte. Ich wollte den Kerl töten. Ich wollte ihm ein Messer in den Hals rammen und dabei zusehen, wie er qualvoll verblutete. Und ich würde Freude daran haben. Ja, ich würde mich sicher lachend in seinem Blut wälzen und rufen: "Das hat er davon!" Doch dann wurde mir klar, dass das nur daran lag, das ich eine Störung hatte. Mein Unterbewusstsein konnte einfach nicht verarbeiten, dass ich nicht in Gefahr und das alles vorbei war. Ich hatte noch immer den Drang, jemanden umzubringen. Egal wen. "Bedeutet das, dass Lisa diese ganzen fünf Tage lang wirklich gehungert hat, fast verdurstet wäre und wirklich Grace umbringen wollte? Wie krank sind Sie, Peter? Hätten wir das früher gewusst, hätten wir nie bei Ihrem Angebot zugesagt!", zischte Ardy und ließ mich los. Die vier hatten gar nicht bemerkt, das ich gar nicht mehr schluchzte. Immerhin war ich ja auch nicht mehr traurig, ich war einfach wütend auf diesen Mistkerl und enttäuscht von der Welt. Alles, was sich in den letzten Tagen ereignet hatte, wurde gerade in ein völlig neues Licht gerückt. Und dieses Licht war noch viel dunkler und furchterregender, als das Licht zuvor. Auf einmal kamen John, Ally und Grace die Treppe herunter, wenn sie denn wirklich so hießen. Ally und Grace waren wirklich Zwillinge, auch wenn es ein paar wesentliche Unterschiede gab. "Wir haben alles mitbekommen und die Polizei verständigt. Sowas zu tun ist illegal und einfach nur grausam.", sprach John wütend. Ich bildete mir sogar ein, in der Ferne bereits Sirenen zu hören. Alle waren wütend auf Peter Cheffert, alle waren enttäuscht von ihm und wünschten ihn sicher die Pest an den Hals. Die Polizei würde ihn sicher gleich festnehmen und hinter Gitter stecken. Doch reichte das aus? Er hatte mich glauben lassen, dass ich in Lebensgefahr steckte, er hatte mich die größte Angst meines Lebens spüren lassen, er hatte mich verhungern und verdursten lassen. Und das alles mit Absicht. Ich war die einzige, die im Moment im Stande war, ihm etwas anzutun. Denn in meiner Hosentasche steckte noch immer das Messer...

Asylum (YouTube ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt