Kapitel 21

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Liv P.o.v.

Die Gerichtsverhandlung lief wie erwartet. Die Staatsanwaltschaft brachte die Beweise gegen mich vor, ließ meine Mutter gegen mich aussagen und ich verweigerte eine Aussage, also wurde ich schnell für schuldig erklärt und ich wurde wieder zurück in meine Einzelzelle gesteckt, da ich als gefährlich galt und nicht mit anderen inhaftierten Frauen in einer Zelle wohnen durfte. Das war mir auch ganz recht so, wenn ich alleine war. Dann konnte mich niemand nerven. Ich hatte mich weder gegen meine Inhaftierung noch gegen die Schuldzuweisung vor Gericht gewehrt, da mir klar war, dass die Situation für mich aussichtslos war, denn mein Anwalt hatte mir vorher schon alle Beweise erklärt, die gegen mich vorlagen. Das beunruhigendste war jedoch, dass ich nicht mehr genau wusste, ob ich es war, denn ich hatte keinerlei Erinnerung mehr an diese Zeit.
Nun brachten mich die Polizisten wieder in meine Zelle zurück und ich war froh, dass ich nicht nach draußen auf den Hof musste, denn schon an meinem ersten Tag war ich dort draußen verprügelt worden. Meine Mutter, an die ich mich nicht mehr erinnern konnte, hatte noch nicht mal erschrocken geschaut, als sie die Blutergüsse in meinem Gesicht gesehen hatte. Schnell verwarf ich den Gedanken an sie und war froh, dass ich mich nicht mehr an sie erinnern konnte, denn ansonsten hätte es mir wohl mehr ausgemacht, von meiner Mutter so behandelt zu werden. Müde legte ich mich auf die dünne und unbequeme Matratze meines Bettes und starrte an die Decke bis  ich irgendwann in einen traumlosen Schlaf fiel.
Von einem lauten klirrenden Geräusch, als würde Metall auf Metall schlagen, wurde ich mitten in der Nacht unsanft wach. Ich schreckte in meinem Bett hoch und sah einen Mann, der im Halbdunkel meine Zelle betrat. "Lassen sie sich so viel Zeit, wie sie wollen!", hörte ich den Gefängniswärter sagen, den ich schon kannte. Ich kniff die Augen zusammen, als das Licht in meiner Zelle angeschaltet wurde. Blinzelnd versuchte ich zu erkennen, zu wem das fiese Lachen gehörte, doch er trug eine Maske und seine Stimme kam mir nicht bekannt vor. Die Tür fiel hinter ihm mit einem lauten Knall zu, als er zu reden begann: "Du erinnerst dich nicht an mich ich weiß, aber ich denke meinen Namen haben sie dir verraten und dass ich der Grund bin, warum du dich an nichts erinnerst!" "Black Death", erwiderte ich tonlos und ein eiskalter Schauer lief mir über den Rücken. Auch wenn ich mich nicht erinnern konnte, wusste ich dennoch sofort, dass dieser Mann gefährlich war.
Aus heiterem Himmel stürzte er sich plötzlich auf mich, begrub mich unter seinem Körpergewicht und ich bemerkte die Spritze in seiner Hand erst, als die Nadel in meinem Arm stach. Die Substanz in der Spritze wirkte schnell. Nach kurzer Zeit wusste ich nicht mehr, wo oben und unten war. Alles drehte sich um mich herum und mir war schrecklich heiß. Meine Sicht verschwomm, nur zwischendurch nahm ich ein aufblitzendes Messer wahr und dann waren da nur noch diese grauenvollen Schmerzen, die nicht aufhören wollten. Irgendwann wusste ich nicht mehr, ob er meinen Arm oder mein Bein verletzte, denn es tat überall höllisch weh bis alles schwarz wurde.

Die nächsten Tage verbrachte ich in einer Art leichtem Schlaf. Ich war zu schwach, um richtig wach zu sein, doch konnte auch nicht richtig schlafen vor Schmerzen. Ich hatte keine Ahnung, wo ich war, wusste nur, dass mir furchtbar heiß war und ich die Schmerzen nicht ertragen konnte. Ich konnte mich kaum bewegen und hatte immer wieder seltsame Fieberträume.
Immer wieder versuchte ich die Augen richtig zu öffnen, um meine Umgebung wahrnehmen zu können und um diesen seltsamen Träumen zu entkommen, doch ich schaffte es nicht.

Bilder tauchten vor meinem inneren Auge auf. Ich sah mehrere Mädchen mit ihren Rucksäcken und Ordnern vor einem Schulgebäude stehen. Alle sahen mich direkt an und lachten. Irgendwie wirkte die Situation vertraut, doch ich konnte nicht sagen, wer diese Mädchen waren.
Dann plötzlich meine sogenannte Mutter, die mich anschreit, ich solle doch mehr lernen und mir mehr Mühe geben, damit ich einen perfekten Schnitt fürs Medizinstudium vorweisen konnte.
Danach sah ich einen Mann Mitte 40 bis 50 in einem Arztkittel, der mich fragte, welches Medikament der Patient bekommen sollte. Der Patient war ganz in orange gekleidet, grinste dreckig und sah mich anzüglich an, sodass mir schlecht wurde und ich am liebsten den Raum verlassen hätte.

Plötzlich spürte ich eine Hand an meiner Wange, die sanft an meinem Kopf rüttelte und eine leise Frauenstimme versuchte zu mir durchzudringen: "Hey, hey Liv, ich bins, Xana! Wir holen dich hier raus, ok? Alles wird gut!" Dann versank ich wieder in meinem Träumen.

Auf einmal befand ich mich vor einem Gebäude, auf dem stand 'Estrellas Bar'. Dann trat ich ein und wurde direkt von einer Kellnerin begrüßt, auf deren Namensschild Estrella stand. "Hi Estrella!", hörte ich mich sagen und wie von selbst hinter die Bar, wo schon ein Mädchen stand, das der Frau von eben unheimlich ähnlich war. Sie lächelte mich an und ich blickte auf ihr Namensschild: Xana. "Naa Süße? Wie war dein Tag?", meinte sie und ich erwiderte: "Nicht so gut!", da ich mich irgendwie schlecht fühlte. Daraufhin umarmte sie mich und plötzlich war mir klar, dass sie meine beste Freundin war.

Dann saß ich plötzlich in einem Auto, das mir irgendwie vertraut erschien und die Fahrerin neben mir kam mir auch irgendwie bekannt vor, obwohl mir kein Name einfiel. Ich begann zu lachen, da ihr Fahrstil ähnlich rasant wie meiner war. Sie sah mich an und meinte: "Ich bin Letty, freut mich dich kennenzulernen, Liv! Ich bringe dich zu den anderen, dann kannst du sie auch endlich alle kennenlernen und wir dich!"
Ihr Gesicht tauchte plötzlich in vielen verschiedenen Bildern und Szenen wieder auf, ähnlich wie das von Xana und dann kamen noch andere Gesichter dazu und plötzlich konnte ich mich an meinen ganzen Freundeskreis wieder erinnern, doch irgendwie hatte ich das Gefühl, dass da noch eine Person fehlte, aber hatte keine Ahnung, wer das sein sollte.

Die letzte Erinnerung zeigte ein Haus, mein altes zu Hause mit dem wunderschönen Pool. Eine Frau trat vor mir durch die Eingangstür und drehte sich kurz zu mir um, um sicher zu gehen, dass ich ihr auch wirklich folgte. Sofort fiel mir ein Name ein: Angel. Plötzlich tauchten meine Eltern auf und Angel schrie mich an, ich solle mich an ihnen rächen und sie beide töten. Ich weigerte mich, auch wenn ich sie nicht sonderlich mochte, waren sie dennoch meine Eltern. Mein Vater wollte die Polizei rufen, doch da griff Angel ihn an und beendete es.

"Liv?", hörte ich plötzlich eine Stimme, "Liv, bist du wach? Komm schon!" Langsam öffnete ich die Augen und sah in drei erleichterte Gesichter: Xana, Letty und Solea. "Hey Leute!", krächzte ich und alle sahen mich mit großen Augen an. "Du kannst dich auch wieder erinnern?", fragte Letty strahlend. Und ich nickte leicht. Dann stemmte ich mich mich mit Mühe und ein wenig Hilfe von den anderen im Bett hoch und setzte mich an die Kante. Als ich meinen Körper betrachtete, sah ich überall Verbände und Pflaster, die die Schnittwunden von Black Death verdeckten. "Wie lang war ich...also hab ich geschlafen?", wollte ich wissen. "Über eine Woche. Wir haben uns echt Sorgen gemacht, aber wir haben dich täglich ärztlich versorgen lassen und der Arzt hat uns gesagt, dass du auf einem guten Weg bist. Oh man, ich bin so froh, dass du wieder wach bist!", antwortete Xana und umarmte mich vorsichtig, um mir nicht wehzutun. "Ich bin auch froh, dass ich wieder richtig da bin und mich an vieles wieder erinnern kann, wenn auch noch nicht an alles! Aber was macht ihr beiden eigentlich hier und was ist mit Black Death?", entgegenete ich. "Also die lange Geschichte können wir dir ja wann anders erzählen, aber die Kurzfassung ist: Wir, also Solea, Tayra und ich, haben uns dazu entschieden, zu euch zu kommen und wir haben geholfen, dich aus dem Gefängnis zu befreien. Und bevor du etwas sagst: Ja wir wissen, dass es jetzt kein Zurück mehr gibt und wir auch von der Polizei gesucht werden, aber wir haben uns entschieden! Und was das Arschloch betrifft: Das FBI also dieser Luke Hobbs konnte die Atomwaffe sicherstellen und dann ist Black Death verschwunden und niemand hat mehr was von ihm gehört. Ich schätze, er hat sich irgendwo in einem Loch verkrochen und ist beleidigt, dass sein Plan nicht funktioniert hat!" Ich nickte und nahm mir vor, später nach der ausführlichen Geschichte zu fragen.
Als Letty vorschlug nach unten zu den anderen zu gehen, willigte ich ein, doch als sie erwähnte, dass Fynn mich ja schließlich auch sehen will, hielt ich inne: "Fynn?", fragend blickte ich sie an und mir wurde bewusst, dass er anscheinend diese Person war, an die ich mich als einzige noch nicht erinner konnte, "Ich...ähm...hab keine Ahnung, wer das ist...ich kann mich nicht erinnern..." Bestürzt sahen die drei mich an. "Du kannst dich an gar nichts mehr erinnern, was ihm zu tun hat? Noch nicht mal, dass du ihn irgendwann kennengelernt und mal mit ihm geredet hast?", wollte sie wissen. "Nein, ich weiß irgendwie gar nichts mehr von ihm..."

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