Kapitel 5

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"Was war gestern Abend los mit dir? Du bist auf dein Zimmer gerannt und hast abgesperrt, dann bist du nicht mehr rausgekommen. Was sollte das??", beginnt meine Mutter mit ihrer Standpauke.
Oh nein! Bitte nicht noch das!
"Ich hab abgesperrt? Tut mir leid, Mum, aber mir gings einfach nicht gut, ok? Ich brauchte einfach nur....", antworte ich und werde dabei auch gleich von ihr unterbrochen, "Du hättest doch arbeiten sollen, bist du einfach so abgehauen?? Du bist wirklich unverantwortlich! Was soll nur aus dir werden?? Du willst doch in die Fußstapfen deines Vaters treten, du kannst dir sowas dabei einfach nicht erlauben!! Ist unsere Erziehung denn ganz gescheitert?? Wie oft willst du uns eigentlich noch enttäuschen?? Wann fängst du endlich an hart zu arbeiten für deinen Traum??"
Euer Traum!
"Mum, siehst du überhaupt das, was ich schon alles erreicht habe?!? Siehst du denn nur meine Fehler?? Was habe ich dir getan, dass du mich immer für jeden Scheiß anmotzt?!? Sag es mir! Was?!? Bin ich etwa nicht die Tochter, die du dir erwünscht hättest? Ach, das tut mir aber leid, dass ich eine eigene Persönlichkeit habe und nicht nur das machen will, was ihr oder eher gesagt mein Vater macht!! Ich bin keine Marionette, die ihr alles machen lassen könnt, was ihr wollt!!", schreie ich sie an, da mir nun endgültig der Kragen platzt.
Erschrocken sieht meine Mutter mich an, da ich sonst immer bei ihren Stanpauken ganz still gewesen bin und alles über mich ergehen gelassen habe. Doch das ist jetzt vorbei! Ich habe keine Lust mehr nach ihren Regeln zu leben!

"Wie kannst du es wagen?? Das heißt, du willst das alles nicht?? Du willst keine Ärztin werden und uns stolz machen??", fassungslos und mit einer gespielten Verletztheit sieht sie mich an.
"Zu dem ersten: Ja! Endlich hast du es kapiert! Und zum zweiten: Nein! Ich wollte euch immer stolz machen! Ich wollte euch nie enttäuschen, deshalb hab ich auch immer das gemacht, was ihr wolltet!! Ich hab bisher mein ganzes Leben geopfert, um euren Träumen zu folgen und euch alles recht zu machen, dabei bin ich selbst mit meinen Interessen hinten angestellt worden, aber jetzt ist Schluss! Jetzt bin ich dran! Jetzt entscheide ich, wo es lang geht! Und das erste, was ich sage ist: Ich werde keine Ärztin!!", erneut schreie ich sie an und werde mit jedem Satz lauter.

Mit offenem Mund starrt sie mich an und dann funkeln ihre Augen nur so vor Zorn, "Du undankbares Kind! Du wirst heute nirgendwo hingehen, du hast Hausarrest!! Dein Vater wird heute ohne dich losfahren und somit wirst du einen Tag weniger lernen können, um später eine erfolgreiche Ärztin zu werden! Und Essen werde ich heute auch nicht für dich kochen!!"
Wütend stöhne ich auf, drehe mich auf dem Absatz um und renne hoch.
Oben sperre ich mich in mein Zimmer ein, drehe die Musik an meiner Stereoanlage voll auf (siehe oben☝️) und werfe mich frustriert aufs Bett.
Was für ein Start in den Tag!
***

Ein paar Stunden später sitze ich vor meinem Fenster, schaue hinaus und telefoniere mit Xana. "Hey Süße! Gehts dir besser? Kannst du jetzt drüber reden? Wir machen uns echt Sorgen!", ich kann die Besorgnis in ihrer Stimme förmlich greifen.
"Tut mir leid, aber mir kommts grad einfach so vor, als wenn mein Leben komplett auf den Kopf gestellt wird! Vorgestern hab ich im Knast diesen Typen gesehen, der mir nicht mehr aus dem Kopf geht! Gestern ist der Typ auf einmal bei der medizinischen Untersuchung aufgetaucht und hat mir einen Zettel in die Hand gedrückt, in dem steht, dass er auf mich steht, mich näher kennenlernen will und ich mich irgendwie entscheiden soll! Und heute Morgen hab ich mich so aufgeregt, dass ich meiner Mum die Meinung gegeigt und sie richtig angeschrien hab, und deswegen hab ich jetzt Hausarrest und darf auch nicht mit meinem Vater mitgehen, was aber eigentlich gar nicht so schlimm ist....", platzt es aus mir heraus.

Nach einer kurzen Stille, in der Xana all diese Informationen wohl verarbeitet, meint sie: "Omg ähm ich weiß nicht, was ich sagen soll....nochmal zurück zu dem Zettel..da steht was drauf??? Dass er dich liebt und du dich entscheiden sollst?? Von welcher Entscheidung reden wir hier?? Will er, dass du auch kriminell wirst oder was?? Sollst du auch in den Knast kommen?? Liv, das macht mir echt Angst! Du weißt doch gar nicht, was der getan hat, um in den Knast zu kommen! Vielleicht ist der einfach nur ein heißer Vergewaltiger und nutzt sein gutes Aussehen aus! Ich meine, im Knast kann er dir zwar nichts tun, aber wenn er bald rauskommt, dann will er sich bestimmt ein neues Opfer besorgen..."
"Stopp, stopp, Xana! Halt mal die Luft an! Also ich lese dir den 'Brief' am besten mal vor und er ist kein Vergewaltiger, er ist Autodieb! Das steht alles in seiner Akte!", unterbreche ich sie.
"Warte, du hast Zugriff zu seiner Akte??", will meine Freundin ziemlich erstaunt wissen.
"Jia...auch wenn das eigentlich streng genommen nicht erlaubt ist, darf ich trotzdem in die Akten schauen. Ich musste meinem Vater versprechen, nur das wichtigste -also die Medikamente und so- zu lesen, sonst nichts und halt dass ich niemandem etwas davon sage, was darin steht, aber du wirst ja niemandem sagen, dass er Autodieb ist oder?", beichte ich.
"Nein, nein werd ich nicht! Oha das ist verdammt cool, Zugriff auf alle Akten dieser Leute....", erwidert Xana.
"Xana, da steht nicht alles drin in diesen Akten, einfach nur ein grober Überblick über den Patienten, dass man weiß, wie man ihn einzuschätzen hat, und halt die medizinischen Daten! Können wir jetzt bitte wieder zum Thema zurückkommen??", erkläre ich augenverdrehend.
"Achso ja sorry, dann lies mir mal den Brief vor!", kommt sie endlich wieder zum eigentlichen Thema zurück.
Also lese ich ihr vor, was Fynn mir geschrieben hat, und Xana hört aufmerksam zu. "Wow...das ist echt...oha....ich weiß nicht, was ich sagen soll...es ist echt...berührend....weißt du, was mir mein Gefühl sagt?", versucht Xana sich eine treffende Antwort zu überlegen.

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