Kapitel 2

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Das Wochenende geht zu meinem Bedauern ziemlich schnell vorbei.
Freitagnachmittag habe ich noch ein paar Aufgaben für nach dem Praktikum gemacht und samstags bin ich den ganzen Tag zu Hause gewesen, habe meiner Mutter ein wenig im Haushalt geholfen, mein Lieblingsbuch 'Smaragdgrün-Liebe geht durch alle Zeiten' fertig gelesen und mal wieder ein Bild gezeichnet.

Es stellt ein Mädchen dar, das auf dem Boden kniet und die Flügel ausgebreitet hat. Sie ist eigentlich nackt versteckt dies aber mit ihren Armen, auf die sie sich stützt, und mit ihren Haaren, die auch mehr als die Hälfte ihres Gesichts bedecken.
Es sieht so aus, als sei das Mädchen unglücklich. Die Traurigkeit scheint förmlich aus der Zeichnung zu springen.
Ich finde, das Bild beschreibt mich ganz genau. Ich habe zwar Flügel zum Wegfliegen, aber ich kann nicht fliegen, da meine Eltern mich daran hindern und so bin ich unglücklich und verzweifelt, weil ich von ihnen in eine Richtung gedrängt werde, in die ich eigentlich nicht gehen will, denn ich bin zu gutmütig, um ihnen meine ehrliche Meinung zu sagen...

 Ich habe zwar Flügel zum Wegfliegen, aber ich kann nicht fliegen, da meine Eltern mich daran hindern und so bin ich unglücklich und verzweifelt, weil ich von ihnen in eine Richtung gedrängt werde, in die ich eigentlich nicht gehen will, denn ich ...

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Sonntagmorgen sind Xana und Solea relativ früh zu mir gekommen, damit wir uns für unsere Shoppingtour zusammen fertig machen können. Wir haben fast den ganzen Tag in den Geschäften verbracht und uns auch einiges gekauft. Ich bin wirklich froh, dass ich noch ein bisschen Spaß haben kann, bevor das Praktikum anfängt und ich wahrscheinlich fast die ganzen Tage lang hinter Gittern verbringen werde.

Jetzt im Moment sind meine Freundinnen und ich unterwegs zur Bar von Xanas Mutter. Dort wollen wir uns mit Tayra treffen und noch den ein oder anderen trinken.
Tayra sitzt schon auf einem Barhocker, als wir die Bar betreten. Freudig winkt sie uns zu und wir lassen uns dann auch auf den Barhockern nieder. Xanas Mutter Estrella oder auch kurz Ella stellt schon vor jeden von uns ein Glas Hugo rosé, unser Standardgetränk in ihrer Bar.
Wir reden über dies und das und Ella steigt auch in das Gespräch mit ein, da sie gerade keine Kunden zu bedienen hat.

Irgendwann landen wir wieder bei dem Thema Praktikum und schon ist meine Stimmung wieder im Keller. Für ein paar Stunden musste ich mal nicht daran denken und jetzt werde ich wieder daran erinnert!
Ich seufze und stürze den Rest des Hugos herunter. Wieso müssen sie jetzt auf dieses Thema kommen? Gibt es denn sonst nichts mehr, worüber man sich unterhalten kann?
"Liv?", reißt Tayra mich aus meinen Gedanken. "Äh sry war in Gedanken...was ist?", antworte ich und kaue auf meiner Unterlippe herum. "Naja, wir haben eben ausversehen mit dem Thema Praktikum angefangen und da bist du so still geworden!", meint Tayra. "Tut uns leid, dass wir immer wieder darauf zu sprechen kommen. Wir wissen ja, wie unzufrieden du deswegen bist...wir werden versuchen, heute Abend nicht mehr über das Thema zu reden, okay?", fügt Solea hinzu und Xana legt eine Hand auf meinen Unterarm zur Verdeutlichung der Worte. Ella sieht mich mitleidig an und trocknet währenddessen ein Glas ab.
"Nein schon okay! Ich weiß ja, wie sehr ihr euch darauf freut! Ich glaube, ich werde jetzt auch gehen. Ich bin ziemlich müde also...man sieht sich! Ähm Ella, morgen wäre ja mein Urlaub vorbei, kann ich dann trotz Praktikum hier arbeiten? Ich werde dann wie sonst auch um 19 Uhr anfangen, geht das klar?", antworte ich einfach nur. "Ja natürlich! Dann sehen wir uns morgen! Schlaf gut, Liv!", verabschiedet sie sich von mir. "Bye! Ihr auch!", verabschiede ich mich ebenso und gehe. "Livi ist wirklich alles in Ordnung?", ruft Xana mir noch besorgt hinterher, worauf ich nur mit einem kurzen Ja antworte und dann durch die Tür nach draußen verschwinde.
Angenehm warme Luft fährt durch meine Haare und lässt sie aufwirbeln. Kurz schließe ich die Augen und genieße die frische Luft, dann mache ich mich auf den Weg nach Hause.
                                    ***

Mein Wecker klingelt und reißt mich aus dem Schlaf. Nach kurzer Orientierung fällt mir auch schon ein, warum ich heute aufstehe. Stöhnend lasse ich meinen Kopf wieder aufs Kissen sinken und starre die Decke an. Ich will nicht dorthin! Ich will nicht dorthin! Ich will nicht dorthin!
Diese Worte wiederhole ich wie ein Mantra, aber es bringt nichts, ich muss aufstehen.
Bevor meine Mutter noch reinkommt, stehe ich auf, öffne Rolladen und Fenster und beginne mit meiner Morgenroutine.
Mein Vater hat mir ausdrücklich verboten eine kurze Hose  anzuziehen -was ich auch verstehen kann-, weshalb ich mir nun eine dunkelblaue Jeans anziehe, dazu noch ein schlichtes schwarzes Top und natürlich noch meine Converse.
Beim Frühstücken schaue ich noch kurz nach meinen Whats App Nachrichten. Alle sind von meinen Freundinnen, die mir viel  Glück für den Tag wünschen und mir nochmals anbieten heute Abend zu schreiben oder zu telefonieren. Ich bedanke mich bei ihnen und schlage vor, dass wir uns alle heute Abend wieder in Ellas Bar treffen können, da ich dort sowieso arbeiten werde. Alle drei sind einverstanden.
Nachdem ich ihnen viel Spaß gewünscht habe, gehe ich offline und steige zu meinem Vater in unser neues Auto ein, einen Ford Mustang.

Nachdem ich ihnen viel Spaß gewünscht habe, gehe ich offline und steige zu meinem Vater in unser neues Auto ein, einen Ford Mustang

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"Na meine Süße, bist du bereit?", fragt mein Vater mit einem Lächeln. "Hm, so bereit wie man eben ist, wenn man ins Gefängnis fährt...", antworte ich mit wenig Begeisterung. "Ach komm schon, du wirst dich schon dran gewöhnen. Außerdem haben wir ja immer Begleitschutz dabei, dir kann also nichts passieren! Niemand wird dir zu nahe kommen, das verspreche ich!", versucht er mich aufzumuntern. Ich brumme nur zur Zustimmung und schon fahren wir los.

Die Fahrt zieht sich wie Kaugummi. Es kommt mir vor, als bräuchten wir Jahre bis wir dort ankommen, obwohl ich nichts dagegen hätte, wenn wir nie dort ankommen würden.
Niemand sagt ein Wort, man hört nur das Radio und die Fahrtgeräusche des Autos.
So kann ich gut meinen Gedanken nachhängen und mich mental auf das, was mir bevorsteht, vorbereiten.
Nervosität lässt meinen Magen unruhig werden und mein Herz schneller schlagen. Ich weiß nicht, was mich dort erwartet, aber ich bin mir sicher, dass es alles andere als ein schöner Aufenthalt wird.
Ich male mir sämtliche schrecklichen Szenarien aus, in denen ich entweder verletzt, vergewaltigt oder gar getötet werde.
Ich stelle mir vor, dass die Häftlinge sich auf mich stürzen und mich zerfleischen würden... Egal, welche Szene sich in meinem Kopf abspielt, es gibt nie ein gutes Ende für mich.
Verdammt Liv, reiß dich zusammen! Es wird nichts dergleichen passieren, okay? Also cool down!
In diesem Moment erklärt der Nachrichtensprecher, dass es in einem Gefängnis hier im Umfeld von Jacksonville -Gott sei Dank nicht dort, wo wir hinfahren- eine Massenschlägerei gegeben hat und ein Häftling entfliehen konnte.

Genau diese Info habe ich wirklich gebraucht! Das beruhigt mich wirklich total! Nichts könnte mich jetzt mehr aufbauen!!
Angespannt knete ich meine Hände, da wir gerade die Einfahrt des Gefängnisses passieren.
Das massive Tor besteht aus silbernen Gitterstäben und am oberen Rand sind lange spitze Zacken angebracht, vermutlich damit niemand darüber klettert. Überall sieht man Zäune um die Außenbereiche und das Gebäude selbst.
Ich muss schlucken.

Mein Vater hält gerade bei einem Polizisten an, zeigt ihm seinen Ausweis und fährt dann durch das geöffnete Tor. Das Quietschen hinter uns verrät mir, dass wir nun eingesperrt sind. Ein Schauer läuft mir über den Rücken. Keine Panik, Liv! Alles ist gut!
Wir parken unser Auto und mein Vater kramt noch gerade eine Weile in seiner Tasche herum, während ich mir nervös durch die Haare fahre und nicht aussteigen will.
Dann schließt mein Vater die Tasche und sieht mich an,"Bereit?" Zögerlich nicke ich und schon steigt er aus. Mit zitternder Hand öffne ich die Tür und trete langsam hinaus.
Es kommt mir so vor, als würden alle Häftlinge, die gerade draußen auf dem Basketballplatz oder dem anderen Außenbereich sind, mich anstarren. Mein Puls schießt in die Höhe. Schnell schließe ich die Tür und folge meinem Vater ins Gebäude. 

Prison-Limitless Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt