10. Ein Blick in die Vergangenheit

1K 50 22
                                    

"A man is always afraid of a woman that loves him too much." - John Gay

„Es ist offiziell, ich hasse dich."

„Nein, sonst würdest du das nicht machen", erwiderte Elin frech grinsend.

„Und du wärst eine gute Freundin, wenn du mich nicht hierzu zwingen würdest."

„Ich zwinge dich nicht, ich meinte nur, dass es schlau wäre, wenn sich jemand die Sache mal ansieht, der genug Geduld hat es richtig zu entschlüsseln und nicht wahllos Seiten aufschlägt", konterte Elin und ich seufzte schwer, konnte nicht fassen, das hier zu tun, erneut in Malias Zimmer einzubrechen, ihr Tagebuch zu entwenden. Elin hatte nur leider ja recht. Im Gegensatz zu mir würde sie sich die Mühe machen, es richtig zu lesen, zu verstehen und nicht einfach wie ich irgendwelche Seiten aufzuschlagen und wie eine Idiotin Fragen zu stellen, weil sie nichts kapiert.

„Wenn jemand merkt, dass es weg ist..."

„Wer sollte es merken? Letztes Mal hat es ja auch keiner bemerkt, bis du dich verplappert hast."

„Und was ist, wenn Cameron nun vorsichtshalber immer nachsieht?", fragte ich, würde meinem Cousin alles zutrauen. Er traute mir eindeutig genauso wenig wie ich ihm, ich sah es ihm an, sah es anhand der Art, wie er mich musterte, auf mein Gesprochenes reagierte und vermutlich auch, weil ich mit Reed verbunden war.

„Bei dir wird er es ja nicht finden, ich nehme es mit nach Hause, dann kann es sonst wie verschwunden sein", sagte Elin, die wirklich gar keine Sorgen hierbei hatte. „Ganz ruhig, Ally, es ist nur ein Tagebuch und keine Kiste voll Gold. Er meinte doch selbst, sie wäre eine Lügnerin, kann ihm dann doch egal sein, was mit dem Buch ist, wenn er ihr kein Wort je glaubte."

„Oh man, ich meine klar, es ist nur ein Buch, aber ich finde es immer noch unangenehm, so in ihren Sachen herumzuwühlen."

„Und in Graces Sachen herumgewühlt zu haben ist besser?", fragte Elin neckend und ich verdrehte schmunzelnd die Augen. „Nein, aber das ist doch was anderes. Ihr Tagebuch lag auf dem Dachboden und ist uralt, das hier ist immer noch wie ein Grab oder Gedenkstätte oder was weiß ich was, mitten im Haus von einer Person, die jetzt noch leben und hier sein könnte, wenn nicht..."

„Ja, es ist etwas anders, aber wir wollen ja wissen, was wirklich geschehen ist und dafür brauchen wir Antworten von einer Quelle, die hautnahe dabei war", sagte Elin nun sanfter und ergeben öffnete ich die Schublade des Nachttischs, holte das Tagebuch aus diesem heraus und reichte es Elin, die es fasziniert musterte, gleich aufschlug.

„Puh, das wird schon um einiges leichter zu lesen sein."

„Hast du dann alles? Ich weiß wirklich nicht, wie lange der Rest meiner Familie fort sein wird und ich will auf gar keinen Fall hier drinnen erwischt werden", drängte ich sie zu gehen und sie nickte, war dabei mir zu folgen, blieb jedoch stehen, als sie die Bilder auf dem Regal bemerkte, diese mit geweiteten Augen anstarrte, ein leises 'Wow' ihr entwich.

„Schöne Ähnlichkeit, nicht?", fragte ich, sah das Familienbild an, auf dem Malia neben einem jungen Cameron und ihren Eltern zu sehen war, mir wie ein Spiegelbild glich.

„Also, wenn ihr nicht zu unterschiedlichen Zeiten geboren wärt, würde ich mir sicher sein, dass ihr Zwillinge sein müsst!"

„Es ist einfach nur schräg", sagte ich, hasste es, dass wir uns so ähneln mussten, doch ich hatte es akzeptiert. Ich musste es mittlerweile wohl einfach akzeptieren.

„Und sie war ja ein echter Fan von Mythologien. All diese Bücher, scheint als ob Loki ihr es besonders angetan hätte", merkte Elin an, die sich weiter umsah.

Avenoir| Band 2 [18+] ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt