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Jisung PoV

"Und? War es wirklich so schlimm?", fragte mich Donghyun sofort, als er mich abholte.

"Musste das vorhin echt sein? Hättest du mich nicht noch zumindest mit reinbringen können?", fragte ich genervt.  Ja, es war nicht zu schlimm gewesen und ich hatte mich mit den anderen wirklich gut verstanden, aber es hätte auch ganz anders kommen können.

"Jisung, das war deine einmalige Chance, eine neue Erfahrung zu machen, indem du dich selbst dort vorstellst. Ich kann doch auch nicht mit, wenn du dir später einen richtigen Job suchst.", erklärte er und seufzte. "Bist du denn wenigstens mit ihnen klar gekommen?"

"Hm. Ich hab auch nur 5 Mal darüber nachgedacht, ein Messer aus der Schublade zu nehmen und alle zu erstechen und 2 Mal naja... Explizitere Sachen. Macht richtig Spaß ein Psychopath zu sein."

Mein letzter Satz tropfte regelrecht vor Sarkasmus, was Donghyun natürlich sofort bemerkte.

"Wir haben das doch schon tausend Mal durchgekaut, Kurzer. Du bist kein Psychopath. Dein Selbstbewusstsein ist schon viel zu lange so niedrig, dass-"

"Dass ich konstant nach einem Grund suche, um mich selbst für jemand bösartigen zu halten. Ich weiß. Hat mir Frau Lee ja auch erst hundert Mal gesagt. Genauso wie, dass das besser werden kann, wenn mir jemand anderes meinen Wert zeigt, weil ich es alleine anscheinend nicht mehr auf die Reihe bekomme. Was essen wir zum Abendessen?"

"Wechsel nicht einfach das Thema und Pasta."

"Schon wieder? Ich glaube inzwischen, dass du derjenige bist, der 'ne Freundin braucht. Dann hast du wenigstens Mal einen Ansporn, um kochen zu lernen.", scherzte ich.

"Du denkst, ich hab neben einem Haufen Teenies auch noch Zeit und Nerven für eine Freundin?"

"Wäre gut für dich. Du bist bestimmt schon voll untervögelt, du alter Mann."

"Han Jisung!", rief er empört, weshalb ich lachen musste. Er konnte es sich aber auch nicht verkneifen, mit zu lachen.

"Achso, darf ich am Wochenende zu einem aus dem Restaurant? Er hat mich eingeladen, was mit ihm und ein paar der anderen Jungs zu machen und wir haben uns auf einen Filmeabend mit Übernachtung geeignet..."

"Klar, darfst du. Verrätst du mir auch, wie der Junge heißt, der dich eingeladen hat?"

"Lee Minho. Mit ihm komme ich bis jetzt am besten klar, glaube ich."

"Dann sag diesem Minho mal Danke von mir, dafür dass er dich aus dem Haus lockt.", lächelte Donghyun. "Kann er gerne öfter machen."

"Ich schreibe ihm gleich erstmal, dass es klar geht. Danke, Donghyun."

"Kein Ding. Ich freue mich einfach, dass du endlich irgendwo Anschluss findest. Das macht mich ein wenig stolz, um ehrlich zu sein. Jap, ich bin stolz auf meinen kleinen Schützling. Mein Jisung wird endlich erwachsen."

Er wuschelte mir einmal durch die Haare und brachte mich zu einem breiten Lächeln. Es tat einfach gut, zu hören, dass jemand wirklich stolz auf mich und meine Fortschritte war, selbst wenn sie noch so klein waren. Das war immerhin auch ein Zeichen dafür, dass ich ihm irgendwie wichtig war.

"Bald werde ich dich betrunken von der Straße aufsammeln. Dann wirst du mir noch zum Rebellen.", scherzte er.

"Dann schmeiße ich bei uns die wildesten Partys. Siehst du schon noch.", grinste ich. "Achso, könnten die Jungs auch Mal zu uns kommen? Aber ganz entspannter Abend, keine Sorge."

"Natürlich. Wie viele seit ihr denn?"

"Minho, Felix, Hyunjin, Seungmin und Jeongin. Vielleicht auch Chan und Bin. Die aus dem Restaurant verstehen sich bestimmt gut mit 3racha. Also mit mir... Sechs bis acht Leute."

"Das ist ja noch überschaubar. Hey, wenn ihr mögt, könnt ihr die alten Brettspiele auspacken und euch damit beschäftigen. Wir haben auch noch einen Pokerkoffer irgendwo rumliegen. Vielleicht habt ihr damit ja euren Spaß. Und es ist Mal was anderes als diese ständigen Elektronikabende."

"Klingt nach einer lustigen Idee. Uhm... Also... Es gibt da noch was..."

"Immer raus damit."

"Naja... Hyunjin und Felix sind ein Paar... Also sie sind schwul...", tastete ich mich vorsichtig an das Thema ran. Immerhin hatte ich ihm selbst noch nicht gesagt, dass ich auf Männer stand und hatte keine Ahnung, wie er reagieren würde.

"Und?"

"Ist das okay für dich?", fragte ich immer noch nervös.

"Das ist nicht nur okay für mich, das ist mir egal. Es sind deine Freunde und da ist es mir komplett egal, auf wen sie stehen, ob sie Trans sind, wo sie herkommen oder was weiß ich. Ich werde sie bei uns willkommen heißen und mit Respekt behandeln und mein bestes geben, damit sie sich wohlfühlen."

"Du bist echt der beste, weißt du das?", freute ich mich. Es war alles so viel einfacher geworden, seitdem ich zu Hause raus war und zu ihm gezogen war. Meiner Mutter hatte mein Outing gereicht, um mich raus zu schmeißen. Meine Freude verschwand wieder, als ich mich an all die schrecklichen Dinge erinnerte, die sie zu mir gesagt hatte, und mein Herz wurde schwer. Das war vermutlich eine Wunde, die nie ganz verheilen würde.

"Alles gut, Kumpel? Du siehst traurig aus. Willst du doch nicht, dass deine Freunde vorbei kommen?"

"Doch, doch. Ich bin nur... erschöpft... Mein Kopf muss das alles erstmal verarbeiten."

"Verstehe ich. Dann iss gleich erstmal was und leg dich hin. Nimm dir ein bisschen Zeit für dich."

"Mache ich. Aber erst schreibe ich noch Minho."

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His truest colours || MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt