Kapitel 2.0

64 27 0
                                    




Wasser.

Das Einzige was ich schmeckte, war kaltes salziges Wasser. Fast schon widerlich, wie es sich in meinem Körper ausbreitete und durch meinen Hals, in Rachen und Mund, seinen Weg bahnte...

Ich schreckte hoch und spuckte gefühlt einen Liter Wasser aus. Wenn man es genauer betrachten würde, erbrach ich mich.

Meine Lungen holten tief Luft. Es fühlte sich so an, als hätte ich seit Jahren keinen Luftzug mehr getätigt. Alles tat weh. Von der stechenden Lunge, bis hin zu den hämmernden Schmerzen, an sämtlichen Extremitäten. Sowie mein Schädel, der verschwommene und langsame Aufnahmen, meines Blickfeldes registrierte.

Ich schaute an mir herunter. Hatte ich mir irgendetwas gebrochen?

Erleichtert stellte ich fest, das Arme und Beine noch an mir dran waren, es schien auch nirgends etwas stark zu bluten. Schon einmal, ein gutes Zeichen.

Moment mal, was hatte ich da an?

Seit wann trug ich weiße Nachthemden?
Ich verstand nicht, was ich sah. Spielten meine Augen ein Spiel mit mir?

Meine Hände hatten sich fest im Kieselsand vergraben.

Mir war kalt!

Ich war durchnässt und die dicken, grauen Wolken, an der Himmelsdecke, verweigerten mir, das Sonnenstrahlen mir zu Hilfe eilten und mich wärmten.

Wo war ich hier nur bloß?

Ich schaute mich um. Umringt von grauen, ungleich geformten Felsen, erkannte ich, dass ich an eine kleine Bucht gespült wurden bin. Der Strand, mit kleinen Kieselsteinen, endete ein paar Meter vor mir und mündete in einem dichten, grünen Birkenwald. Wenigstens etwas, kannte ich und gab mir ein vertrauteres Gefühl.

Ich versuchte mich aufzurappeln, damit meine Füße nicht erfroren, die immer wieder vom eiskalten Wasser umspült wurden. Doch bei dem kläglichen Versuch aufzustehen, scheiterte ich mehrmals und rutschte immer wieder auf dem nassen Sand aus.

Das Gefühl, für meinen Körper hatte ich verloren. Doch mit letzter Kraft, stand ich nach dem dritten Versuch auf den tauben Füßen. Wackelig, suchte ich Halt.

Ich griff mir an meine Schläfe. Warum dröhnte mein Kopf nur so?

Zaghaft wagte ich die ersten Schritte und versuchte so breitbeinig zu laufen, wie es mir in diesem Zustand nur möglich war, um mein Gleichgewicht besser halten zu können. Wie ein Kleinkind tapste ich mühsam, jeden einzelnen Schritt nach vorne, bis zum Übergang des Sandes, der zu brauner Erde wurde. Ich drehte mich noch einmal um. Da war nichts und niemand. Nur ich, in einem Hemd. Weder Schuhe, Jacke und Hose, waren an Land gespült worden. Nur ich.

Was war mit mir geschehen?

Ich versuchte mich daran zu erinnern, was der letzte Moment war, bevor alles schwarz in meinem Kopf wurde. Doch meine Gedanken, waren einzelne Schnipsel, die ich nicht zu einem Ganzen flicken konnte.

‚Komm schon Ana, streng dich an.'
Meine Neurotransmitter liefen auf Hochtouren und versuchten mein Gehirn mit Reizsignalen, alles was ich bis dato wusste, abzurufen.

Meine Kindheit sah ich klar vor mir, sowohl Unterstufe als auch Oberstufe waren noch vollständig abrufbar. Sehr gut. Das hieß schon einmal, dass ich zumindest keine Identitätsprobleme hatte und mein Kopf damit hoffentlich nicht so stark verletzt wurde.

Optimistisch dachte ich weiter nach. Was war in der letzten Zeit passiert?

Mein Umzug nach Malin Head, die Ausbildung und der neue Schritt, sich selbst etwas aufzubauen.

Geister der SeeleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt