Ein kleiner Teich, dessen Ende sich im Schleier des Nebels verlor, offenbarte sich vor uns. Schwäne schwammen ruhig auf ihm, ließen ein Bild der Ruhe aufkommen. Ihr weißes Gefieder spiegelte sich in der glatten Oberfläche des Wassers wider. Wie ein Schatten folgte er ihnen überall hin und heftete sich ohne Wenn und Aber an sie, als würde es um Leben oder Tod gehen. Blondschopf hatte sich mit mir am Rand des Ufers niedergelassen. Stille umwarb uns. Einzig und allein der Gesang von Fröschen, die aus ihrem Tümpel empor gekrochen waren, quakten vor sich hin und gaben somit ihr Leid oder Freud kund. Unter mir spürte ich das feuchte Gras, welches nun an Farbe gewann und mit aller Kraft versuchte, der Erde zu trotzen und zu wachsen.
Sein Lachen wirkte fast schon eins mit diesem Bild. Es war kein Fremdes Geräusch, welches die Harmonie dieser Idylle vernichtete. Nein, es war als würde die Sonne durch ihn ein wenig mehr durch die dicken Vorhänge aus Wolken scheinen. Dieser Ton beinhaltete mittlerweile schon eine Vertrautheit und doch hörte ich die leichte Ernsthaftigkeit, die er immer mit sich trug heraus. Als hätte der Film spontan eine Kehrtwende gemacht, wich das Leichte zwischen uns, der Ernsthaftigkeit. Zaghaft tastete er sich an die immer noch offenen Wunden heran, die sonst schon jeder vergessen hatte. Ich konnte regelrecht fühlen, wie er versuchte die richtigen Worte zu finden um mich keineswegs zu verunsichern. Doch mir war bewusst, dass unweigerlich jede Frage, die die Realität verlangte, meine Illusion aus ‚es wird alles wieder gut werden' bröckeln ließ.
„Wie fühlt es sich an, wenn man sich an nichts erinnern kann?" sanft, als könnte er mich sonst verjagen, durchbohrte mich sein sorgenvoller Blick. Über die Frage nachdenkend, rutschte ich ungeduldig hin und her. Als ob eine andere Position dieses Gespräch leichter machen könnte. Doch ich verstand seine Neugier. Vermutlich wäre es mir in seiner Situation auch nicht anders ergangen und ich hätte meine Fragen gar nicht so lange im Zaun halten können. Mir kreisten die Gedanken. Ich wusste nicht, wie ich ihm die Wahrheit vermitteln sollte. Konnte ich das überhaupt?
Oder würde jetzt erst das Konstrukt aus Lügen beginnen?
Ein Konstrukt, welches auf Zeit spielte und von Anfang an zum Einsturz verurteilt wurden war.
„Ich umklammere meine Erinnerungen, die mir noch geblieben sind. Vielleicht aus Angst, sonst zu ertrinken... Denn um ehrlich zu sein, ist es ein schreckliches Gefühl welches mich seitdem verfolgt. Es ist als hätte ich das Schwimmen verlernt und würde immer tiefer hinabsinken. Vielleicht gibt es einen Grund, vielleicht auch nicht. Kannst du verstehen was ich meine?"
Cian wand den Blick Richtung See und kehrte in sich.
„Erinnerungen sind wertvoll. Vor allem wenn sie das Gute beinhalten." Tiefe durchfuhr seine Worte und mit ihnen schwang ein Schmerz mit.
„Was ist deine schönste Erinnerung?" vielleicht versuchte ich von mir abzulenken und von dem brennen meiner Augen, die bei dem bloßen Gedanken an meine Eltern zu weinen beginnen wollten. Aber vielleicht war es auch dieser stechende Schmerz in meiner Brust, als ich die tiefen Furchen auf seiner Stirn erkannte, für die nur die Traurigkeit verantwortlich war. Ich wollte wieder dieses Lächeln sehen, welches ohne Anstrengungen mit der Glut der Sonne mithalten konnte.
„Da gibt es so manche. Doch das ist Etwas worüber ich nicht reden sollte." Da war sie wieder. Die unsichtbare Mauer, die im Bruchteil einer Sekunde bis zum Himmel zwischen uns hinaufgezogen wurde. Eine Distanz, die er mit aller Kraft versuchte aufrecht zu erhalten. Ich versuchte mir einzureden, dass Schwäche hier sehr schnell gefährlich werden konnte. Ich hoffte so sehr, dass es nicht an mir lag, sondern es einfach der Tatsache geschuldet war, dass er sich selbst keine Emotionen oder Fehler erlauben wollte, die er nicht unter Kontrolle hatte. „Wie ist es hier? Hast du schon Bekanntschaften geschlossen?" ich würde auf sein Ablenkungsmanöver eingehen, doch irgendwann könnte auch er nicht ewig mir solch Fragen ausweichen.
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Geister der Seele
RomanceErwachsenwerden verlangt einiges ab. Der Aufbruch in das Neue und Unbekannte beginnt. Doch wie ist es, wenn das Schicksal ohne Vorwarnung zuschlägt und dich in eine Zeit zurückversetzt in der Tod, Liebe und Rache, dein engster Begleiter sind!? Wirs...