Geister der Seele

Kapitel 3.1

Heißer Dampf stieg aus dem wärmenden Wasser empor. Die scharfe Kräutermischung hatte sich mittlerweile im gesamten Zimmer ausgebreitet und windete sich durch jede noch so kleine Ritze des Raumes. Wie eine Chemikalie ätzte sie jegliche Verschleimungen, die sich auf meiner Lunge niedergelassen hatten weg. Wie Balsam, beruhigte sie Sinne und Verstand. Krusten und das trockne, verschmierte Blut, welches sich immer noch hartnäckig auf meiner Haut befand, kapitulierten gegen das eindringliche schrubben der Bürste. Die harten Borsten, hatten die untere Hautschicht aufgedeckt und röte stieg an vereinzelten Stellen auf. Auch der Bauch schmerzte, als die immer noch offene Wunde, die Wasseroberfläche berührte. Die Zähne fest zusammengebissen, hielt ich die Luft an um den Schmerz, der pulsierend immer stärker wurde, auszuhalten. Kräuter aus Garten und Wald brannten sich tief in meine Haut, reinigten das entzündete Fleisch. Ich presste meine Augenlider fest zusammen, nur noch ein paar Augenblicke und dann würde er sich lindern. Stück für Stück begannen sich die Muskeln zu entspannen und mit ihnen auch das krampfen meiner Magengegend. Entspannung machte sich breit und aus dem zusammengekniffenen Augenpaar löste sich die Anspannung, welches nun die vergangenen Stunden vor dem geistigen Auge noch einmal Revue passieren ließ.

Philosophierend darüber, ob dieses Schicksal schon jemand vor mir ereilt hatte, lag ich nun hier. Nackt. Einzig und allein der schützende Mantel von warmem Wasser um mich gelegt. Irgendwie konnte man mich jetzt schon unter ein weiteres Weltwunder einstufen oder!?

Ich schmunzelte. Es war ironisch, auch wenn mein bisheriges Leben dem reinsten durchschnitt entsprach, war ich jetzt vielleicht das wohl außergewöhnlichste Wesen der Menschheit. Der erste Mensch, der durch die Zeit reiste. Ein Mensch, der in einem fremden Körper aufwachte und nun in einem anderen Zeitalter zurechtkommen musste. Das Wort ‚Wunder' fiel deshalb nicht unter meiner persönlichen Definition, um dieses Geschehen zu erläutern. Wie gerne wäre ich nach diesem heißen Bad, auf meine Couch gesprungen, in der einen Hand die dampfenden Nachos, dessen Käse überall hinunterlief und in der anderen mit einem herzhaften Film, der mir Tränen aus Freude und des Mitleidens bescherte. Abschalten zu können. Dem Alltag entfliehen und in einer neuen Welt einzutauchen.

Nun war ich in eine eingetaucht. Doch in der begann ich zu ertrinken, da ich hier das schwimmen verlernt hatte.

Erschöpft und kraftlos, tapste ich zu dem einladenden Bett, welches mich nun mit offenen Armen empfing. Ohne mich dagegen zu wehren fiel ich hinein, dessen Federn mir Wärme schenkten und mich so in einen tiefen Schlaf der Träume zog. Träume in denen alles noch beim Alten war. Eine Zeit von Früher, die ich mit Herz und Seele liebte.

Wie auf einem Zeitstrahl zogen Bilder an mir vorbei, bis es bei einem stehen blieb. Dort hinten war mein magisches Baumhaus, welches hoch oben auf den Kronen unserer alten Esche saß. Jeden Tag erklomm ich diese Festung aus zusammennagelten Holz mit Freude und Stolz. Eine Festung, die mir Schutz und Einlass gewährte, wenn die Welt mal wieder zu viel war. Nur ich allein durfte bestimmen, wer das Privileg besaß, die Innenräume meines Reiches zu begutachten. Denn nur wer das Armband, mit gesammelten Flusssteinen trug, durfte ohne Angst vor Verbannung eintreten. Wie aus der Sicht eines kleinen Vogels, sah ich mich den schmalen Pfad am Fluss entlang watscheln, immer auf der Suche nach den perfekten Steinen.

Die eine Pforte, der Liebe, Glück und Geborgenheit öffnete. Ceallagh war die Erste gewesen, die nach meinem Superhelden Papa, die Heldenhöhle betreten durfte. Der erste Ritterschlag und Beginn unserer wunderbaren Freundschaft. Zwei Nachbarskinder dessen Band sie nun ihr ganzes Leben begleiten würde. Ein Mädchen mit wilden blonden Locken und dessen blasse Freundin, die ihre gemeinsame Welt aus ihren Rehbraunen Augen und dem rundlichen Gesicht entdeckte.

Eines Tages brachte die kleine Ceallagh Schnecke Buan mit, der darauf zum Wappenzeichen unserer Burg wurde. Mit bunten Umhängen, schafften wir Welten bestehend aus Rittern, Hexen, Superhelden und Meisterdieben. Jeder Tag, bescherte uns eine neue Identität, eine neue Geschichte, ein anderes Leben.