Kapitel 27

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Da mir langweilig ist und Rafe sich hingelegt hat, um etwas zu schlafen, schnüffle ich ein wenig auf dem Computer meines Vaters. Damals hat er es schon gehasst, wenn ich in diesem Zimmer bin, nun ist er aber nicht da. Ich sehe mir alte Bilder an, schaue in jeden Ordner hinein, vielleicht finde ich seine alten Nachforschungen über diesen Diamanten. Plötzlich stoße ich auf einen Ordner mit Bildern von vor über 18 Jahren. Er wirkte glücklich und oft steht neben ihm eine junge Frau. Ist das meine Mutter? Sie sehen aus, als wäre sie sehr verliebt, was mich fragen lässt, warum sie uns verlassen hat. Vor allem, wenn mein Vater keine so schlechte Person war, wie ich früher Mal dachte. Meine Mom hat lange, blonde Haare mit ein paar Wellen drin. Wunderschöne blaue Augen und eine Figur, die einen schwärmen lässt. Sie war wirklich hübsch, etwas anders kann ich nicht sagen, ich wünsche mir nur, dass ich sie gekannt hätte oder irgendwann kennenlernen kann. Das wird wahrscheinlich nur niemals passieren. Mit diesem Gedanken habe ich mich schon angefreundet, ich meine, ich kam schon immer ohne Mutter klar, also werde ich das jetzt auch noch schaffen. Rein aus Interesse schaue ich mir noch die letzten Bestellungen an, die mein Vater getätigt hat. Gerade möchte ich den Google öffnen und den Suchverlauf durchsuchen, da wird mir eine Website angezeigt. Es geht um Bücher und ich kann nicht wirklich glauben, welches er heruntergeladen hat. Vor Freude schreie ich kurz auf und wecke damit Rafe aus seinem Schlaf auf. Dieser kommt völlig übermüdet zu mir ins Zimmer und stellt sich hinter mich. Seine Hände massieren meine Schultern, er beugt sich zu meinem Ohr hinunter und flüstert mir etwas zu.

Rafe_ Was hast du gefunden?

Seine Stimme ist noch sehr verschlafen, was nicht ganz kalt an mir vorbei geht. Ganz im Gegenteil ich muss mich gerade echt zusammenreißen, dass ich nicht über ihn herfalle. Es gibt wichtigeres zu tun, denke ich mir und wiederhole den Gedanken immer und immer wieder.

Ich_ Erinnerst du dich an das Buch, worüber wir geredet haben?

Rafe_ Du meinst, der Regenbogenfisch?

Ich_ Ganz genau, mein Vater hat es online heruntergeladen und noch immer geöffnet. Vielleicht ist hier irgendetwas reingeschrieben, was uns helfen kann.

Rafe_ Willst du suchen oder ich? Du solltest auch Mal eine Pause machen.

Ich_ Ich mache eine Pause, wenn wir die Karte haben!

Rafe_ Na schön, kann ich dir irgendwie helfen?

Ich_ Im Moment nicht.

Er geht in die Küche und besorgt mir noch etwas zu trinken und zu essen. Danach legt er sich wieder hin. Ich wiederum bleibe wach und lese das gesamte Buch durch. Ab und zu sind irgendwelche Buchstaben unterstrichen, welche ich mir sorgfältig raus schreibe. Vielleicht hat mein Vater deswegen das originale Buch entsorgt, weil er genau wusste, dass nur ich das Passwort zu dem PC weiß. Hat er dass alles so geplant? Nach einigen Stunden harter Arbeit bin ich endlich fertig und habe alle markierten Wörter auf ein Blatt geschrieben. Natürlich ist es keine Adresse, dass wäre auch viel zu einfach gewesen. "Ort der verfestigten Liebe", kann ich aus den Buchstaben herauslesen. Nun gut, dass war nicht schwer, da sie in genau der Reihenfolge unterstrichen wurden. Zwar weiß ich nicht, was damit gemeint ist, aber das werden wir wohl auch noch schaffen. Morgen ist aber auch noch ein Tag, an dem wir einiges schaffen können. Mit mehr Kraft und neuer Energie. Müde lege ich mich neben Rafe hin und schlafe auch schon schnell ein.
Am nächsten Morgen werde ich durch plötzliche Laute Musik geweckt. Was ist denn hier los? Ich knurre vor mich hin und als die Vorhänge aufgerissen werden, ist dass zu viel für mich. Schnell drehe ich mich um und halte mir das Kissen vor meine müden Augen. Rafe muss noch lernen einen sanft zu wecken, aber er lässt nicht locker. Er reißt mir die Decke vom Bett und schüttelt mich kräftig durch.

Rafe_ Zoe, aufstehen! Die Polizei war eben hier!

Ich_ Was? Wann war das? Wieso hast du mich nicht geweckt?

Rafe_ Das war vor ungefähr 30 Minuten und ich habe versucht dich zu wecken. 

Ich_ Ist auch nicht wichtig. Was wollten sie hier?

Rafe_ Mein Vater wurde verhaftet. Sie haben wohl die Waffe gefunden, mit der mein Vater den Mann am Hafen erschossen hat. Sie lag im Meer und war auf seinen Namen registriert. Er wurde heute Morgen festgenommen und hat am Freitag seine Gerichtsverhandlung.

Ich_ Moment Mal, Freitag ist schon morgen. 

Rafe_ Ganz genau! Er wird uns nicht mehr bedrohen können, also bleibt nur noch Finn übrig, aber den bekommen wir auch noch in den Knast.

Ich_ Rafe, du sprichst über deinen Vater. Bist du denn kein bisschen traurig?

Rafe_ Er hat mich angeschossen, also kann er sich die Trauer sonst wohin stecken. Ich bin einfach nur froh, dass bald der Spuk ein ende hat. Hast du gestern noch etwas herausgefunden?

Ich_ Weißt du was "Ort der verfestigten Liebe" bedeutet? 

Rafe_ Das klingt ein bisschen wie der Ort, an dem man sein erstes Mal hatte oder geheiratet hat. 

Ich_ Also du meinst Orte, an denen man mit der Liebe seines Lebens etwas besonderes durchlebt.

Rafe_ Ganz genau.

Ich_ Dann sollten wir nochmal die Bilder durchsuchen und nach irgendwelchen Adressen oder  besonderen Orten suchen.

Rafe_ Kann ich dir bitte dieses Mal helfen?

Ich nicke mit dem Kopf und gehe wieder ins Arbeitszimmer. Dabei werde ich den Gedanken nicht los, dass Ward jetzt im Gefängnis sitzt. Das Rafe kein bisschen Mitgefühl hat, kann ich einerseits verstehen, aber es ist sein Vater, verdammt. Ich habe geheult, als ich dachte er wäre tot, obwohl er es scheinbar nicht ist oder doch? Diese ganze Sache verwirrt mich wirklich sehr. Ich möchte doch einfach nur etwas Klarheit bekommen und damit abschließen.
Stunden über Stunden suchen wir nach irgendeinem besonderen Ort oder einer Adresse, aber nichts. Nirgendwo steht etwas dabei. Nun gut, wir haben auch noch lange nicht jedes Bild uns angeschaut, aber vor dem Jahr 2003 ist nichts dabei. Der Ort der gefestigten Liebe, betrifft scheinbar nicht meine Mutter. Wen könnte er aber denn sonst meinen. Ich kenne niemanden, den dieser Mann jemals wirklich geliebt hat, außer Mom. 

Rafe_ Was ist, wenn er den Ort deiner Geburt gemeint hat?

Ich_ Mein Vater hat mich aber nie geliebt.

Rafe_ Also erstens, dass glaube ich nicht und zweitens, die Liebe zwischen zwei Menschen wird doch oft durch das fortführen der Familie gezeigt. Also wenn ein Kind erwartet wird, in dem Falle wärst du dieses Kind.

Ich_ Denkst du das wirklich?

Rafe_ Dein Vater hat dich geliebt, da bin ich mir sicher. Und außerdem wie könnte man einen so tollen Menschen wie dich nicht lieb haben.

Ich_ Hör auf so zu schleimen. Also gut, dann suchen wir Bilder oder etwas anderes was uns zeigt, wo meine Geburt war.

Rafe_ Du weißt nicht, wo du geboren wurdest?

Ich_ Nein, mein Vater wurde zu der Zeit von den Bullen verfolgt, also konnte ich in keinem Krankenhaus geboren werden. Es war wohl irgendwo draußen, weiß aber nicht wo.

Rafe durchsucht weiter die Bilder auf dem Computer, während ich sämtliche Ordner in dem Regal mir genauer anschaue. Ein paar Fotoalben stehen auch daneben, welche ich mir auch alle einzeln anschaue. Aus irgendeinem dieser Alben fällt ein Blatt Papier heraus. Dieses hebe ich skeptisch auf und sehe es mir etwas genauer an. Das sieht so aus wie eine Geburtsurkunde, welche jedoch mit der Hand geschrieben wurde.

Zoe Davis
Gewicht: Ungefähr 2,5 kg
Größe: Mini, nicht größer als 50 cm
Geburtsort: Wasserfall der Outer Banks

Ich muss leicht schmunzeln als ich mir das durchlese. Es ist süß, dass sie versucht haben meine Geburtsurkunde nachzumachen, aber das sie mich nicht Mal wiegen oder messen konnte, ist echt irgendwie traurig. Das macht es aber auch echter. Mein Dad ist chaotisch und legt nicht viel wert auf Gefühle, zumindest kenne ich ihn so. Ich reiße mich selbst aus den Gedanken an ihn heraus und konzentriere mich auf das hier und jetzt.

Ich_ So wie es aussieht müssen wir wieder zu dem Wasserfall zurück, an dem wir schon einmal waren.

Rafe_ Meinst du den, den wir runtergefallen sind?

Ich_ Ja, genau den.

Rafe_ Meinst du, dass das Baumhaus von deinen Eltern war?

Ich_ Das kann sein. Wir sollten einfach dort hingehen und alles absuchen. Vielleicht finden wir etwas.

The Secret // Rafe CameronWo Geschichten leben. Entdecke jetzt