Kapitel 9

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Ich frage mit Sicherheit 100 Passanten, nach dem Weg zu der Cameron Villa. Die meisten schauen verlegen weg und drehen sich um. Andere wiederum antworten mir freundlich. Nun stehe ich ein paar Meter vor dem Tor der Villa und traue mich nicht, dort hindurch zu gehen. Bin ich bereit Rafe vor die Augen zu treten, nachdem er mich im Stich gelassen hat? Kann ich es ihm so schnell verzeihen? Fragen über Fragen und ich werde nur eine Antwort bekommen, wenn ich ihn sehe. Dann kann er auch erkläre, warum er nicht einmal gewartet hat. Wir beide sind zusammen auf der Flucht, also sollten wir doch auch gemeinsam unterwegs sein oder etwa nicht? Er hat es mir versprochen und ohne weiteres im Stich gelassen. 
Ich klettere über die Mauer und hoffe, dass mich niemand von innen sieht. Dieses Grundstück gehört noch immer Ward und alle angestellten werden ihm ohne weiteres sagen, dass wir hier sind, wenn sie uns erwischen. Als ich endlich über dieser Mauer drüber bin, fange ich direkt an, nach ihm zu suchen. Nach diesem Idioten! Schnell renne ich in das Haus hinein. Ein Fenster im Erdgeschoss ist geöffnet, wodurch ich klettern kann. Zum Glück ist gerade niemand dort, der mich hätte sehen können. Ich schleiche dort durch die Räume, jedoch kann ich ihn bis jetzt nicht finden. Hoffentlich war dieser Einbruch nicht umsonst. Gerade möchte ich wieder raus aus dem Haus gehen, als ich einen lauten Schlag höre. Meine Füße bleiben wie angewurzelt stehen, anstatt wegzulaufen. Die Neugierde ist zu groß, was in diesem Raum vor sich geht. Was ist, wenn es Rafe ist und ich ihn gefunden habe? Ich kann jetzt nicht von hier weglaufen! Also entscheide ich mich zu sehen, was dort vor sich geht. Der Lärm kommt aus einem großen Raum, der einem Esszimmer ähneln sollte, jedoch fehlt der Tisch und die Stühle stehen kreuz und quer. In der Mitte sitzt ein Mann auf einem Stuhl gefesselt und einem Sack über dem Kopf. Was um Himmelswillen geht hier vor sich? Ich knie hinter ein paar Kisten, damit man mich nicht sehen kann. Ich habe verdammt viel Angst, was jetzt passieren wird. Was geschieht mit diesem Mann? Dann sehe ich ihn, Ward Cameron. Er ist hier, mit diesem Mann. Was wird jetzt passieren? Leise versuche ich etwas näher zu kommen, damit ich alle Worte besser verstehen kann.

Ward_ Morgan, deine verdammte Tochter ruiniert meinen Sohn!

Morgan_ Lass mein Kind aus der Sache heraus! Das Geschäftliche betrifft nur dich und mich!

Ward_ Mittlerweile geht es nicht mehr nur darum. Die Opfer hast du nicht gut beseitigt!

Morgan_ Dann hör auf mit diesem Scheiß!

Was zur Hölle geht dort vor sich? Was macht mein Dad dort und um was für Geschäfte geht es? Über welche Opfer reden sie? Ich bin verwirrt und möchte mehr darüber erfahren. Ich dachte immer, dass mein Vater keine Arbeit hat, jedenfalls habe ich ihn nie arbeiten sehen. Er war nur ständig betrunken und hat sich ein Scheiß aus mir gemacht. Jetzt aber verteidigt er mich. Scheinbar bedeute ich ihm doch etwas, was mich natürlich freut, aber doch etwas unerwartet kommt. Wenn die Sache sich wieder gelegt hat, können wir vielleicht über alles reden und von vorne anfangen. Vielleicht bekomme ich dann einen Vater, der sich um mich kümmern möchte. 

Ward_ Dieser Scheiß verschafft dir genügend Geld, damit du dir auch in hundert Jahren noch dein Bier kaufen kannst.

Morgan_ Das ist es mir nicht mehr wert. Ich möchte mich besser und mehr für die Familie da sein.

Ward_ Weißt du denn Mittlerweile, wo deine Frau ist. Laut meinem Informanten vögelt sie einen anderen Mann und hat eine andere Familie. 

Morgan_ Ich meine damit meine Tochter! Ich war ihr nie ein guter Vater

Ward_ Und dazu hast du auch keine Chance mehr. Ich habe keine Verwendung mehr für dich.

Ward richtet nun eine Waffe auf meinen Vater. Das Bedürfnis etwas zu machen, ist so groß, aber aus Angst bin ich wie versteinert. Ich bekomme keinen Ton heraus und zeige keinerlei Regung. Dann höre ich nur noch eine Schuss. Ein lauter, angsteinflößender Schuss, der ein Leben ohne weiteres zerstören kann. Tränen fließen ohne Ende meine Wangen hinunter, jedoch gebe ich noch immer keine Mucks von mir. 

???_ Ward, wir benötigen hier deine Hilfe.

Er verlässt fluchend den Raum und schließt die Tür hinter sich. Ich sehe nun meinen Vater regungslos auf dem Stuhl sitzen und eine riesige Blutlache um ihm herum. Es fühlt sich so an, als würde sich eine Schnur um meinen Hals legen und sich immer weiter zuziehen. Die Luft wird immer knapper und ich verliere jegliches Gefühl für mein Gleichgewicht. Ich versuche mich an irgendetwas festzuhalten, aber es ist rings um mich nichts. Ich falle dementsprechend gegen die Wand, knapp neben ein Fenster. Ein Karton fällt krachend zu Boden und ich erwache aus meiner Art Trance. Ich habe Angst, dass es jemand anderes gehört haben könnte und klettere schnell aus dem Fenster heraus. Von dort aus renne ich wieder von dem Grundstück hinunter und komme erst zum halten, als ich aus Versehen gegen jemanden laufe. Ich kann nicht richtig sehen, wer es ist, aber als er anfängt mich in den Arm zu nehmen, weiß ich sofort um wen es sich handelt. Es ist Rafe! Er merkt, dass ich völlig aufgelöst bin und fragt erstmal nicht nach, sondern streichelt meinen Rücken, damit ich mich langsam beruhige. 

Rafe_  Wo warst du, ich habe dich irgendwann verloren und habe dich gesucht?

Ich_ Mir hat eine Frau wegen meinem Fuß geholfen, da er noch immer weh tat. Ich dachte du wärst zur Villa gegangen, damit du das über deinen Vater herausfinden kannst.

Rafe_ Das hatte ich auch vor, aber nachdem du weg warst und ich nicht wusste, wo du bist und ob es dir gut geht. Ich habe dich überall gesucht und dann kam auch noch die Polizei, die nach einem Mädchen sucht, die genauso aussieht wie du. Natürlich ist mir klar, das sie dich suchen und da kam in mir die Panik hoch, Ich hatte Angst, dass du in Gefahr bist oder die Polizei dich gefunden hat. Also du warst in der Villa. Hast du denn etwas gesehen oder herausgefunden?

Ich_ Rafe, dein Vater ist hier, mit meinem. Sie haben irgendetwas über ein Geschäft gesagt, womit sie verdammt viel Geld machen. Scheiße, als mein Dad nicht mehr dabei sein wollte, hat deiner ihn erschossen.

Der Schock ist Rafe ins Gesicht geschrieben. Das sein Dad schon wieder jemanden umgebracht hat ist zu viel für ihn und vor allem, dass es meinen Vater getroffen hat, ist nochmal schlimmer. Seine Augen sind glasig und er fühlt sich schuldig. Obwohl er das nicht braucht. Es ist noch immer nicht seine Schuld und er soll damit aufhören daran zu denken. 

Ich_ Ich dacht schon, dass dir Rache wichtiger ist, als wir, als unsere Beziehung. 

Rafe_ Ich will ehrlich sein, ich habe kurz daran gedacht, ohne dich hier hin zu kommen.

Ich_ Was?

Rafe_ Aber bin ich doch nicht

Ich_ Du wolltest ohne mich hier hin gehen. Du wolltest mich im Stich lassen?

Rafe_ Ich wollte dich nicht in Gefahr bringen!

Ich_ Das habe ich selbst zu entscheiden, wenn etwas zu gefährlich für mich ist!

Rafe_ Aber guck dich doch an, du bist völlig aufgelöst!

Ich_ Mein Vater wurde gerade vor meinen Augen erschossen!

Rafe_ Du darfst auch trauern, aber wir können es uns nicht erlauben uns erwischen zu lassen. Wir müssen schnell handeln und-

Ich_ Und ich halte dich nur auf? Weißt du was, ich habe echt genug davon. Du hast dein versprechen gebrochen. Deine Rachegedanken sind stärker als die Gefühle für mich. Ich denken das hat irgendwie keinen Sinn mehr. Ich möchte dich nicht weiter aufhalten.

Rafe_ Machst du gerade Schluss?

Ich_ Nein, aber ich sage, dass wir erst wieder eine normale Beziehung führen können, wenn wir das selbe Zeil haben.

Rafe_ Nein Zoe, tu mir das bitte nicht an. Ich brauche dich!

Ich_ Deine Rache ist dir wichtiger als unsere Rettung. Ich will doch nur einen Weg finde, dass wir wieder normal leben können. Wenn du mir bei diesem Weg helfen möchtest, freue ich mich. Aber wenn du lieber deinen Vater übers Ohr hauen möchtest, dann tu dass, nur ohne mich. Du hast die Wahl.

Rafe_ Wenn ich meinen Vater vergesse, bleibst du dann bei mir?

Ich_ Ich hatte nie vor, dich zu verlassen. Ich möchte doch nur wieder ein normales Leben, ohne der Flucht und all diesen toten Menschen um uns herum.

Rafe_ Das will ich doch auch!

Ich_ Dann machen wir es ab jetzt auf meine Weise!

The Secret // Rafe CameronWo Geschichten leben. Entdecke jetzt