4. Kapitel- Sonne

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„Du solltest es ihnen sagen, um weitere solcher Tode zu verhindern." Felix setzte sich neben mich auf eine der beige-farbigen Sessel im Kellergewölbe.

Vorerst wurden gestern die Leichen hierher gebracht, um sie zu untersuchen. Ich wusste nicht, was Dr. Qualston untersuchen wollte, doch ich hatte großes Vertrauen in ihm und ließ ihn machen.

Meine Vermutung war, dass er so den Kampfstil der schwarzen Wölfe analysieren konnte, um gegen diesen sinnvoll entgegen zu wirken, doch dass war weit hergeholt.

Außerdem wussten wir noch nicht wer und vor allem wie viele schwarze Krieger meine Leute angegriffen und schließlich getötet hatten. Wurden auch schwarze Krieger getötet oder zumindest verletzt? Wobei ersteres zu unwahrscheinlich war, um dies in Betracht zu ziehen. Trotzdem tat ich es.

All solche Informationen konnten uns weiterhelfen, ob sie nun verletzt waren und wenn ja, ob Spuren, wie zum Beispiel Blut hinterlassen worden waren oder ob sie ganz unverletzt davon kamen. Zweitens wäre der Zeit nach nicht gut, denn dass könnte heißen, dass ihr Kampfstil und Heilungsprozess verbessert und ausgearbeitet wurde.

Gegen Coleen und ihrer Armee aus schwarzen Wölfen waren sogar die kleinsten und unbedeutendsten Überlegungen erwähnenswert und konnten uns ungemein hilfreich sein, denn nicht umsonst hatte sie so starke Kämpfer. Wozu sie so starke Krieger brauchte, wusste ich bis heute nicht.

Und auch wenn Carry und John keinerlei Kampferfahrung hatten, musste ihr Überlebensinstinkt doch die Oberhand gewonnen haben und sie kämpfen lassen müssen? Oder hatte sie die Angst so zugeschnürt, dass sie kampfunfähig waren?

„Eric?...Eric?!" Felix wedelte mit einer seiner Hände vor meinem Gesicht herum, sodass ich aus meinen Gedanken heraus gerissen wurde und meine Aufmerksamkeit nun voll und ganz auf ihn richten musste.

„Huh? Ja?", fragte ich, noch nicht ganz im Hier und Jetzt und kassierte einen prüfenden Blick von ihm.

„Hast du mir überhaupt zugehört?" Er lehnte sich wieder in den Sessel zurück und musterte mich.

„Ja, aber klar", stammelte ich verwirrt hervor, da ich nicht wusste, was er gesagt hatte. Natürlich hatte ich ihm nicht zugehört.

„Anscheinend wohl nicht", seufzte Felix. Da war meine Lüge wohl aufgeflogen.
Erneut seufzte er und strich sich durch seine kurzen Locken.

„Ich weiß, dass du es genauso wenig einfach hast, wie ich. Ich meine, du bist der Alpha." Er lachte kurz auf. Es war kein glückliches Lachen, sondern eines, um die Stimmung zu lockern, doch dieses Mal klappte es nicht. Außerdem musste ich ihm recht geben. Wir alle hatten es nicht leicht.

„Mein Vorschlag war", setzte er wieder an und mit einem Blick meinerseits versicherte ich ihm, dass ich ihm nun vollkommen zuhörte, „dass du sozusagen eine Ausgangssperre verhängst, dass alle weißen Wölfe vor Sonnenuntergang wieder hier und vor allem sicher sind. Du weisst, dass Coleen nicht bis zum Hauptgebäude vordringt." Ich lobte ihn im Geiste, dass er gut mitzudenken scheint und bei ihm als erstes die Sicherheit aller stand, doch sein Vorschlag klang eher wie eine Frage. Er scheint sich nicht sicher zu sein.

„Da muss ich dir recht geben, aber so bekommen sie Angst und Angst lässt einen unüberlegt handeln." Nun war ich selber ganz dabei und versuchte die Lücken, die Felix's Plan beinhaltete, zu füllen.

Felix nickte verstehend und wog dennoch seinen Kopf hin und her. Ich wusste genau, dass er so überlegte.

Auch gestern waren wir uns unsicher gewesen. Sollten wir es allen anderen sagen, dass fünf weiße Wölfe umgebracht worden waren, oder nicht? Am Ende hatte ich das Fest abgesagt. Mit der Begründung, dass Carry und John doch erst einige Tage später kommen würden. Doch sie würden niemals ankommen. Zumindest nicht für die anderen und keineswegs lebend, denn ihre Leichen hatten wir hier vor uns liegen. Wir sollten sie bald auf dem Friedhof begraben.

Die Zwillingswerwölfe- Sonne und FinsternisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt