8. Kapitel- Nacht

139 22 42
                                    

Warum hatte ich ihn Liebster genannt?
Liebster?!

Und dann bin ich auch noch an ihm vorbeigeschlichen und habe ihm meine Rute unter die Schnauze gehalten?!

Ich hatte bis jetzt nur ein einzigstes Mal gesehen, warum Werwölfe dies tun. Sie wollen sich dadurch gegenseitig imponieren und auf sich aufmerksam machen. So wurde es zumindest in den Chroniken beschrieben.

Ich selbst würde das bei Eric nicht wollen, also warum war es trotzdem passiert? Hatte eine fremde Macht mich gesteuert? Und wenn ja, warum tat es diese Macht? War es die Mondgöttin vielleicht selbst?

Eigentlich schickte uns die Mondgöttin nur Zeichen, wenn man seinen Seelenverwandten gefunden hatte. Doch Eric konnte und durfte nicht mein Mate sein. Das wäre eine Schande für mein Rudel und das schwarze Blut. Außerdem hasse ich Eric und sein Rudel!

Ich bemerkte eine fröhliche Präsenz die von hinten zu mir aufholte. Ella gesellte sich zu mir an die Spitze.

>>Die Idee war fabelhaft!<< Freudig hing ihre Zunge ein Stück aus ihrem Maul.

>>Ich hatte doch gesagt, dass es funktioniert<<, entgegnete ich ihr gelassen, denn es war mir klar gewesen, dass wir den kleinen Kampf gewinnen würden.

>>Und ich hatte nicht eine Sekunde an eurem Plan gezweifelt.<<

>>Dass möchte ich auch hoffen.<< Das Gespräch war für mich somit beendet und keiner sagte noch ein Wort. Zumindest solange, bis wir wieder bei unserer Wolfshöhle ankamen.

Dort erwarteten uns all meine Krieger und wir wurden mit einem Gesang aus Heulen und Jaulen begrüßt. Man sah viele stolze Gesichter die sich in den Triumph sonnten, doch ich bekam sowieso die meiste Aufmerksamkeit.

>>Macht euch wieder an die Arbeit! Wir haben noch lange nicht gewonnen!<<, setzte ich dem ganzen Geheule ein Ende. Noch lange hatten wir nicht so viel geschafft, als das sie feiern duften!

Sofort löste sich das Gewimmel auf und jeder ging seiner Arbeit wieder nach. Entrüstet schüttelte ich den Kopf. Es konnte doch nicht sein, dass sie sich einfach so auf diesen kleinen Erfolg ausruhten.

Während Ella und Janosch das Training der neueren Werwölfe wieder aufnahmen, war der Heilungsprozess bei den Verletzen schon fast vollendet.

Bald schon war alles wie immer und ich konnte zurück zu meinem Haus gehen. Eric hatte mit seinem Kampf und seinem eindringen in mein Gebiet für eine Unterbrechung in meinen Recherchen gesorgt. Doch dieses Mal musste ich noch weiter zurückblicken und weitere Fragen beantworten.

Zurück in meinem Haus warf ich mir neue Kleidung (natürlich schwarze) über, die neben meiner Eingangstür lag. Ich verriegelte die Haustür und über Mind- Link gab ich Ella Bescheid, dass mich keiner stören sollte.

Auf direktem Weg tappte ich barfuß in den Keller und durchquerte dann den geheimen Gang. Ich war froh, dass ich weder fror, noch Gänsehaut bei der kühlen Luft hier unten bekam. Denn Werwölfe konnten im Gegenzug ihre Wärme speichern und froren so nicht bei kalten Wetter.

Die Kerzen flackerten, als ich die Chroniken aufschlug. Komisch, die Kerzen sind noch nie ganz erloschen. Sie waren magisch und mussten nicht getauscht werden.

Ich schüttelte den Kopf und blätterte die ersten beiden Seiten zum Inhaltsverzeichnis vor. Mit meinem rechten Zeigefinger fuhr ich über die einzelnen Kapitel, die hier aufgeschrieben waren und stoppte bei dem Titel: ^Die Geschichte der Zwillingswerwölfe^.

„Wer sagt es denn", murmelte ich vor mich hin und schlug das Buch auf der richtigen Seite auf.

Den Anfang der Seite zierte eine kleine Abbildung.

Die Zwillingswerwölfe- Sonne und FinsternisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt