7. Kapitel- Sonne

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Coleen war weg und ich fühlte nicht mehr diesen Stein in meiner Magengegend. Es war so, als hätte ich nie ein mulmiges Gefühl bei der ganzen Sache gehabt. Doch es war bereits zu spät, denn das Gefühl hatte sich bestätigt.

Meine Gedanken schweiften wie automatisch immer wieder zu Coleen. Ihr ganzes Auftreten hatte uns schon ein wenig gezeigt, wie skrupellos sie war. Und sie war schlau, sonst hätte sie nicht einer ihrer Wölfe vorgeschickt.

Doch ich musste mich wieder auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Es waren kaum weiße Krieger unverletzt geblieben. Eigentlich war ich der einzigste, der keine Wunden aufwies. Aber auch nur, weil ich nicht mitgekämpft hatte.

Drei meiner Wölfe waren sogar zu Boden gegangen und zwei waren bewusstlos. Jeremy hatte mit dem vielen Blut zu kämpfen, welches aus seiner klaffenden Wunde am Bauch nur so geflossen kam.

„Schnell! Wir müssen ihn zu Dr. Qualston bringen!" Ein weiterer Wolf hatte sich zurück verwandelt und stürzte auf Jeremy zu. Es war sein Bruder. Stefan hieß er, dass glaubte ich zumindest.

Stefan half seinem Bruder, sich hinzulegen und befahl ihm, dass dieser seine Hände auf den Bauch pressen soll.

>>Zwei müssen die bewusstlosen Wölfe auf den Rücken nehmen. Stefan schaffst du es Jeremy zu tragen? Ich glaube, du als Bruder hast dazu ein besseres Feingefühl.<<

Verbissen nickt Stefan als Antwort und sofort hörte man wieder Knochen knacken. Stefan verwandelte sich zurück und legte sich neben seinem Bruder auf den Boden. Da kein anderer sich verwandelte, um Stefan zu helfen, tat ich es. Mit all meiner Kraft, versuchte ich Jeremy vorsichtig, und ohne ihn große Schmerzen zu bereiten, auf Stefans Rücken zu legen.

„Eric?", bat Jeremy mich um Aufmerksamkeit.

„Ja?"

„Du bist trotzdem ein guter Alpha. Du hast gerade einen sehr kühlen Kopf behalten. Danke dir." Schwach lächelte er mich an und verzog im nächsten Moment schmerzhaft seinen Mund zu einer Grimasse.

Das Blut, welches er mehr und mehr verlor, machte ihm zu schaffen. Mir aber auch, denn wir mussten damit rechnen, dass er es nicht schaffen würde. Er hatte schon zu viel Blut verloren und ein Mensch besaß nur circa sechs bis acht Liter Blut. Doch hier waren wir alle gleich, denn ein Werwolf besaß nicht mehr Blut als ein Mensch.
Wir mussten schnellsten zurück.

Ich verwandelte mich zurück und streckte mich einmal. Ich hatte mich lange nicht mehr so viel verwandelt, wie in den letzten Tagen. Lieber war ich länger in einer Gestalt unterwegs.

>>Stefan lauf so schnell wie es geht mit Jeremy auf deinem Rücken. Ich begleite dich und alle anderen folgen uns.<<

Um nach Hause zu kommen folgten wir einfach wieder Coleen's Markierungen. Ein Glück war ich nicht derjenige der uns zurück führte, denn sobald ihren Duft roch, ließ ich mich ablenken wollte dichter den Wald laufen. Mein Kopf war wie in Watte gepackt und ich musste mich anstrengen auf dem Weg zu bleiben. Ich musste mich regelrecht zwingen konzentriert zu bleiben.

Schnell erreichten wir die Grenze und ich war froh, dass mein Kopf wieder frei war. Stefan war trotz Jeremys Verletzungen sehr schnell voran geschritten und nur an den Schmerzenslauten, die Jeremy von sich gab, wussten wir, dass er noch lebte.



Das Tor quietschte etwas, als ich es aufschwingen ließ. An manchen Stellen fing das Eisen schon an zu rosten. Doch solange es noch funktionstüchtig war, ließen wir es nicht austauschen.

Ein leichter Wind lies das Tor zusätzlich noch einmal quietschen. Ich betrat den kleinen Friedhof und überschaute die Gräber. Jedes der Gräber war unterschiedlich. Manche waren sandfarben, granitfarben oder basaltfarben und vieles mehr. Manche Gräber standen, andere lagen. Und auch die unterschiedlichsten Formen waren vorhanden. Manche rund, manche nur abgerundet oder manche eckig.

Aber ein Grab stach deutlich heraus. Es bestand aus zwei Marmorsäulen, die sich gegenüber standen und eine Tafel in sich einschlossen. Dies war das Grab des ersten Königs der Sonne.

Wie gesteuert ging ich auf das Grab zu und lass mir erneut die Inschrift, die ich sowieso schon auswendig konnte, durch.

Das Grab war für zwei geeignet, doch nur eine Seele ruhte darin. Denn die zweite Seele lebte noch– meine Seele.

Es war grausig mit anzusehen, wie das eigene Grab vor einem lag. Eine Gänsehaut legte sich auf meine Haut. Ich blicke das Grab an und es blickte zurück. Wie als würde es warten... warten, auf mich.

Ich weiß nicht woher plötzlich diese wehmütigen Gedanken kamen, aber durch Coleen's Einfluss war dies wohl verständlich- dass hoffte ich zumindest.

Ich schüttelte den Kopf um diese komischen Gedanken und die Gänsehaut loszuwerden. Gleichzeitig schossen mir neue Sorgen in den Sinn. Als wir wieder zurück waren, wartete schon Dr. Qualston auf uns. Ich hatte ihn schon gerufen gehabt, dass er sich bereithalten sollte.

Diese hatte Jeremy in eine seiner Behandlungsräume mitgenommen, um ihn dort zu verarzten, dass der Heilungsprozess schneller ging. Bis jetzt war Jeremy stabil, doch wir mussten abwarten, hatte Dr. Qualston gesagt.

Alle anderen wurden auch schon versorgt und der Heilungsprozess hatte begonnen. Die zwei Bewusstlosen waren wieder auf den Beinen und auch sie waren wieder vollständig gesund. Der Heilungsprozess war auch bei den beiden sofort angeschlagen. Und ich war hier, um mich abzulenken.

Ohne es mitbekommen zu haben, war ich vor den ausgehoben Gräbern stehen geblieben. Es waren fünf Stück. Felix hatte wohl schon für die Beerdigung für John, Carry und ihren Kindern vorgesorgt.

Ich konnte kein Lächeln zustande bringen. Es war für mich kein Trost mehr, dass sie wenigstens eine Beerdigung bekamen. Wir müssen Coleen ein für alle mal außer Gefecht setzen. Egal wie.

Ein quietschen des Eisentores ließ mich zusammenzucken. Eine Fährte stieg mir in die Nase und anhand der leichten, federnden Schritte wusste ich genau, dass Felix gerade den Friedhof betreten hatte.

Im nächsten Augenblick stand er auch schon direkt neben mir. Ich konnte seinen unregelmäßigen Atem hören, als wäre er hierher und noch weiter gerannt.

Einen kurzen Augenblick blieben wir noch beide still und lauschten dem Rauschen des Windes und dem Gesang der Vögel, ehe ich mich zu Felix umdrehte. Sein Kopf war rot angelaufen, also war er wirklich gerannt.

„Ich habe gehört, was passiert ist." Stumm nickte ich als Antwort. Felix wollte erneut ansetzen, doch ich unterbrach ihn.

„Bitte, kein Smalltalk." Auch Felix nickte jetzt stumm.

„Ich habe etwas für dich", sagte Felix und drückte mir ein leichtes, kleines Buch in die Hand.

„Was ist das?" Ich wendete das Buch mehrere Male, doch auf dem dunkelbraunen Cover konnte ich weder einen Namen noch einen Titel erkennen. Es sah aus wie Notizbuch.

„Mach es auf. Wir haben es in einem Tresor in der Bibliothek gefunden. Der Tresor war gut in der Wand versteckt und wir hätten ihn fast übersehen", erklärt er mir.

Ich klappte das Buch auf und fand eine Überschrift, doch diese war nicht in unserer Sprache geschrieben.

„Weißt du was das bedeutet?", fragte ich an Felix gewandt, ohne den Blick von der Schrift zu entfernen.

„Deshalb habe ich das hier mitgebracht." Felix reichte mir einen Zettel.

„Latein? Die Schrift ist auf Latein?" Überreicht hob ich den Zettel neben das kleine Buch und mit Hilfe des Übersetzungsblatt, konnten wir schnell herausfinden, wie die Überschrift in dem Buch lautete: das Tagebuch des Königs. Und erst jetzt sah ich die kleine Sonne unten in der Mitte der ersten Seite.

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%noch nicht überarbeitet%

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Die Zwillingswerwölfe- Sonne und FinsternisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt